Kommissionspräsidentin von der Leyen und Ratspräsident Michel stellen die Ergebnisse vor. Foto: AFP/OLIVIER HOSLET

Die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Länder haben sich auf Maßnahmen im Kampf gegen die Corona-Pandemie verständigt. Die EU-Außengrenzen bleiben zwar geöffnet. Allerdings sollen jegliche Urlaubsreisen sowie Verwandtenbesuche über die Grenzen hinweg möglichst unterbunden werden.

Brüssel - Die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Staaten haben sich bei ihrer Videoschalte darauf verständigt, angesichts der als gefährlich identifizierten Virus-Mutationen keine Grenzschließungen zu empfehlen. Die Versorgungswege und Lieferketten sollen nicht unterbrochen werden, auch Berufspendler sollen weiterhin die Grenzen überqueren dürfen. „Es ist die gemeinsame Überzeugung aller Staats- und Regierungschefs, dass der Binnenmarkt weiter funktionstüchtig bleiben muss“, sagte EU-Ratspräsident Charles Michel. Allerdings sollen jegliche Urlaubs- und Vergnügungsreisen sowie Verwandtenbesuche über die Grenzen hinweg möglichst unterbunden werden. Auch die EU-Außengrenzen sollen prinzipiell geöffnet bleiben. Allerdings müssten Reisende aus Gebieten mit besonders hohen Fallzahlen damit rechnen, dass sie vor der Einreise in die EU demnächst ein negatives Testergebnis vorweisen müssen. Auf diese Linie einigten sich die Chefs am Abend.

Es soll dunkelrote Zonen geben

Innerhalb der EU soll es künftig eine neue Kategorisierung der regionalen Pandemiegebiete geben: Dunkelrote Zonen mit einer besonders hohen Fallzahl sollen neu ausgewiesen werden. In ihnen sollen besonders strenge Regeln gelten. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen machte deutlich: „Das kann bedeuten, dass Bewohner der dunkelroten Zonen künftig ein negatives Testergebnis vorweisen müssen, wenn sie diese Zone verlassen wollen. Auch strengere Quarantänevorschriften könnten hier gelten.“

Die Kommission werde am Montag Vorschläge vorlegen, welche Maßnahmen in den dunkelroten Zonen und welche in den hellroten Zonen gelten sollen. Es sei letztlich aber Sache der Mitgliedstaaten, mit welchen Maßnahmen nicht notwendige Reisetätigkeit unterbunden werden. Von der Leyen machte deutlich, dass die EU medizinisch als ein einheitliches epidemiologisches Gebiet zu verstehen sei. Daher machten kategorische Grenzschließungen keinen Sinn. Die regionalen Behörden müssten in Grenzgebieten aber sehr genau die Wirkung von Maßnahmen auf das Nachbarland einkalkulieren. „Wenn auf der einen Seite ein harter Lockdown greift und auf der anderen Seite die Geschäfte geöffnet bleiben, würde dies automatisch riskante Bewegungen auslösen. Die Gefahr müssen die Behörden erkennen und gegensteuern“, sagte von der Leyen.

Keine Einigung beim Impfpass

Keine Einigung gab es bei der Frage, ob ein Dokument mit einer nachgewiesenen Impfung gegen das Virus künftig wie ein Reisepass funktionieren soll. Von der Leyen erklärte, der Impfpass sei zunächst einmal eine medizinische Notwendigkeit. Dafür habe sich der gelbe Impfpass der WHO bewährt. Es sei dann im zweiten Schritt sehr sorgfältig zu klären, welche Funktion der Impfpass über die medizinische Dokumentation der Impfung hinaus haben könne. Dafür müssten aber erst zwei medizinische Fragen beantwortet werden, die bislang noch offen sind. Zum einen: Verhindert eine Impfung, dass das Virus weitergegeben werden kann? Und zweitens: Wie lange bietet eine Impfung Schutz gegen eine Ansteckung? Erst wenn diese Fragen geklärt seien, so von der Leyen weiter, könne man darüber nachdenken, ob die Impfungen Ausnahmen von den Maßnahmen rechtfertige. Dann gelte es aber immer noch, den Schutz der Patientendaten zu garantieren.

Impfprozess soll beschleunigt werden

Die „Chefs“ wollen zudem alles tun, um den Impfprozess in der EU zu beschleunigen. Sie stellten sich hinter die Ziele, die die Kommission dieser Tage für jedes EU-Land ausgegeben hat. Bis Ende März sollen mindestens 80 Prozent der über 80-Jährigen sowie das medizinische und Pflegepersonal geimpft werden. Und bis zum Ende des Sommers sollen 70 Prozent aller Europäer die Chance auf eine Impfung bekommen.

Das Auftauchen der hochgradig ansteckenden neu entdeckten Varianten des Covid-19-Virus hat die Mitgliedstaaten alarmiert. Um ihre Verbreitung besser dokumentieren zu können, fordert die EU-Kommission die Mitgliedsstaaten auf, bei positiven Testergebnissen häufiger als bisher eine genetische Untersuchung des Virus vorzunehmen. Diese so genannte Sequenzierung zur Entdeckung von Mutationen werde noch viel zu selten angewandt, in den meisten Mitgliedstaaten bei weniger als einem Prozent der Positivtests. Ziel müsse sein, mindestens bei fünf, besser bei zehn Prozent der positiv Getesteten eine Sequenzierung vorzunehmen.