Das UN-Büro für humanitäre Hilfe in Genf (Foto) konnte mit der Rettung von Hilfebedürftigen aus Aleppo noch nicht beginnen. Foto: AP

Während die Uno die Rettung von Verletzten aus Aleppo verschiebt, kann sich der EU-Gipfel in Brüssel nicht auf konkrete Sanktionsandrohungen gegen die syrische Regierung und ihre Verbündeten einigen.

Aleppo - Die Bemühungen der Uno um eine Linderung des Leids im Bürgerkriegsland Syrien haben einen Rückschlag erlitten. Die Uno musste aus Sicherheitsgründen die für Freitag geplante Rettung von Verletzten und Kranken aus der umkämpften Großstadt Aleppo verschieben. In Brüssel gelang es den Staats- und Regierungschefs der EU bei einem Gipfel nicht, sich auf eine konkrete Sanktionsandrohung gegen die syrische Führung und ihre Verbündeten, also auch Russland, zu einigen.

Die Rettung von Hilfebedürftigen habe am Freitagmorgen „leider nicht wie vorgesehen beginnen“ können, da die dafür nötigen Sicherheitsbedingungen nicht erfüllt gewesen seien, erklärte das UN-Büro für humanitäre Hilfe (Ocha) in Genf. In Aleppo gilt seit Donnerstagmorgen eine humanitäre Feuerpause. Sie war unter anderem dazu gedacht, Verletzte und Kranke aus Aleppo zu bringen.

Russlands Außenminister Sergej Lawrow warf den Rebellen, die den Osten Aleppos kontrollieren, vor, die Waffenruhe „verletzt“ und eine Rettung der Bevölkerung „verhindert“ zu haben. Am Freitag sagte er bei einer Pressekonferenz, Russland sei „sehr besorgt“, dass sich die islamistische frühere Al-Nusra-Front weigere, die Stadt zu verlassen. Die Gruppe, die sich mittlerweile Fateh al-Scham nennt, und ihre Verbündeten „untergraben die Bemühungen der Uno“, Hilfslieferungen nach Aleppo zu bringen, sagte Lawrow.

Fluchtkorridore eingerichtet

Der russischen Armee zufolge wurden in der syrischen Metropole acht humanitäre Fluchtkorridore eingerichtet - sechs für Zivilisten, die Aleppo verlassen wollen, und zwei für sich ergebende Rebellen. Allerdings hätten bis Freitagmorgen weder Zivilisten noch Aufständische die Fluchtwege aus Ost-Aleppo genutzt, erklärte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Ein AFP-Reporter berichtete von einem Kontrollpunkt im Westen der Stadt, der von den Regierungstruppen gehalten wird, ebenfalls keine Fluchtbewegungen. Syrische Staatsmedien warfen den Aufständischen vor, die Zivilisten in Aleppo an der Flucht zu hindern.

Seit Anfang Juli wurde Aleppo nicht mehr mit Hilfslieferungen versorgt - die Vorräte reichen der Uno zufolge nur noch bis Monatsende. Die syrische Opposition kritisierte, dass sich die Uno eher darauf konzentriere, Menschen aus Aleppo wegzubringen, statt sie zu versorgen, damit sie bleiben könnten. Damit spielten die Vereinten Nationen der syrischen Führung in die Hände, die „Aleppo leeren“ wolle, erklärten die Freie Syrische Armee und die Syrische Nationale Koalition. Der UN-Menschenrechtsbeauftragte Zeid Ra’ad Al Hussein sprach am Freitag von „historischen Verbrechen“ in Aleppo.

Merkel spricht von menschenverachtender Bombardierung

Seit September versucht die syrische Führung mit Hilfe Russlands die Stadt vollständig zurückzuerobern. Seitdem wurden fast 500 Menschen getötet und mehr als 2000 weitere verletzt. Unklar blieb am Freitag, wie lange die humanitäre Feuerpause gelten solle - die Angaben gingen von Freitagabend bis Samstagabend.

Der EU-Gipfel in Brüssel verurteilte die Angriffe auf Zivilisten durch das „syrische Regime und seine Verbündeten, einschließlich Russland, scharf“. Bei einer Fortsetzung der „Gräueltaten“ ziehe die EU „alle verfügbaren Optionen“ in Betracht, hieß es in der Gipfelerklärung in der Nacht zum Freitag. Im Entwurf war allerdings noch ausdrücklich mit „Sanktionen“ gegen alle Unterstützer der syrischen Regierung gedroht worden.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte mit Blick auf die dramatische Lage in Aleppo, die EU könne die „menschenverachtenden Bombardierungen nicht akzeptieren“. Bei einer Fortsetzung der Luftangriffe werde die EU „alle verfügbaren Maßnahmen ins Auge fassen“.