Die britische Premierministerin Theresa May hat einen Aufschub bis Ende Juni beantragt. Foto: AFP Pool

Die Europäer sind gut beraten, sich nur auf die kurze Verschiebung des Brexits einzulassen, kommentiert der Brüssel-Korrespondent Markus Grabitz.

Brüssel - Die Europäer müssen auf der Hut sein, damit sie sich nicht auch noch die englische Seuche einfangen. Die politische Klasse des Vereinigten Königreichs hat das Land in eine schwere Verfassungskrise gestürzt, die mit einer Lähmung des Gesetzgebungsapparats einhergeht. Dieses Horrorszenario droht der EU, wenn man jetzt nicht aufpasst. Sollte Brüssel dem Wunsch aus London entsprechen und den Brexit bis zum 30. Juni verschieben, besteht größte Ansteckungsgefahr. Wenn die Briten es bis dahin nicht hinbekämen, eine Mehrheit für den Ausstiegsvertrag zu organisieren, müsste das Land ungeordnet austreten. Oder: Die inzwischen ohne die Briten abgehaltene Europawahl wäre dann ungültig. Dies hieße, dass das EU-Parlament, einer von zwei Gesetzgebern, nicht handlungsfähig wäre. Die nächste EU-Kommission, die im Herbst ihre Arbeit aufnehmen soll, könnte nicht verpflichtet werden, dringend notwendige Reformen würden nicht angegangen.

Daher muss der Austritt bis zum Europa-Wahltermin über die Bühne sein. Das ist im Übrigen auch im Interesse Mays. Denn so kann sie den Druck auf die Unentschlossenen erhöhen und nächste Woche noch einmal einen Versuch unternehmen, eine Mehrheit für das Austrittsabkommen im Unterhaus zu bekommen und so den geordneten Austritt abzusichern.