Jean-Claude Juncker ist der neue Präsident der EU-Kommission. Foto: dpa

Der EU-Gipfel hat den Luxemburger Jean-Claude Juncker (59) als neuen Präsidenten der EU-Kommission benannt.

Der EU-Gipfel hat den Luxemburger Jean-Claude Juncker (59) als neuen Präsidenten der EU-Kommission benannt. Juncker müsse noch Mitte Juli vom Europaparlament bestätigt werden, berichteten Diplomaten am Freitag in Brüssel.

Brüssel - An Erfahrung mangelt es ihm jedenfalls nicht: Schon als 28-Jähriger wurde Jean Claude Juncker (59) in Luxemburg Staatssekretär im Arbeitsministerium. Seither regierte er im Großherzogtum ununterbrochen mit. Von Januar 1995 bis Dezember 2013 war er Premierminister. Der Mann, der von Helmut Kohl einst „Junior“ genannt wurde, war schließlich dienstältester Regierungschef der Europäischen Union.

In der Debatte um die Frage, ob er der Richtige für das Amt des EU-Kommissionspräsidenten sei, wurde ihm genau das vorgehalten. Der Brite David Cameron meinte, Juncker stehe für eine alte, verkrustete und überregulierte EU. Er könne keinen Neuanfang der EU verkörpern. Andere sahen das anders. Und nach kurzer Politpause spielt Juncker nun auf dem internationalen Parkett wieder in der ersten Liga.

Für Juncker ist Europa ein Herzensanliegen. Als Bürger eines kleinen Staates zwischen zwei großen Nachbarn, der schon zweimal von deutschen Soldaten besetzt war, wuchs er mit der Überzeugung auf, eine Wiederholung solcher Ereignisse sei nur durch die europäische Einigung zu vermeiden. Als luxemburgischer Finanzminister gehörte er zu den Autoren des Maastricht-Vertrages, mit dem die damalige Europäische Gemeinschaft zu einer politischen Union zusammenwuchs und sich Regeln für eine abgestimmte Haushaltspolitik gab.

Junckers politische Sozialisierung fand in der christlichen Arbeiterbewegung statt, in der sein Vater aktiv war. Dieser, von den Deutschen wie etwa 11 000 andere luxemburgische Männer zwangsrekrutiert, hatte seinem Sohn die Devise „Nie wieder Krieg“ mit auf den Weg gegeben. Und im Schatten der Bergwerke und Stahlkocher gelangte Juncker auch zu der Überzeugung, dass das Soziale eine christliche Aufgabe sei. Berührungsängste gegenüber Sozialdemokraten kennt er nicht, Angst vor „Schnittmengen mit den Sozialisten“ auch nicht. In einem belgischen Internat, das allerdings fast auf der Grenze zu Luxemburg lag, machte er sein Abitur. Danach studierte er in Straßburg Jura und wurde auch als Rechtsanwalt zugelassen, übte aber den Beruf praktisch nie aus, weil er sofort politisch aktiv wurde.

Gut vernetzter "Strippenzieher"

Gut drei Jahrzehnte in Regierungsämtern haben ihn zu einem extrem gut vernetzten und erfahrenen „Strippenzieher“ gemacht. Dabei dürfte ihm die Fähigkeit, sich auf Deutsch, Englisch und Französisch gleichermaßen eloquent und oft auch witzig verständigen zu können, zugutegekommen sein.

Höchst allergisch kann Juncker reagieren, wenn er den Eindruck gewinnt, die „großen“ EU-Staaten kungelten in wichtigen Fragen zu Lasten der „kleinen“. Über die Jahrzehnte hinweg hat er das Image kultiviert, als ehrlicher Makler im Interesse des gemeinsamen europäischen Wohls politisch unterwegs zu sein. Gelegentliche Kritik von allen Seiten betrachtet er als Bestätigung dieses Kurses.

Dass er im Dezember 2013 das Amt des luxemburgischen Premiers aufgeben musste, hat ihn geschmerzt. Vorangegangen waren vorzeitige Parlamentswahlen - die Folge einer Geheimdienstaffäre, in deren Verlauf Juncker Mängel bei der Aufsicht der ihm unterstehenden Agenten einräumen musste. Besonders hart traf ihn, dass seine Chistlich-Soziale Volkspartei zwar wieder stärkste Partei geworden war, jedoch Liberale, Sozialdemokraten und Grüne ohne ihn eine Regierung bildeten.

Zweifel an seiner gesundheitlichen Eignung lässt Kettenraucher Juncker nicht gelten. Nach Äußerungen des niederländischen Finanzministers Jeroen Dijsselbloem, Juncker sei „ein verstockter Raucher und Trinker“, erklärte er, er habe kein Alkoholproblem.

Sondergipfel am 16. Juli

Die EU-Staatenlenker wollen sich am 16. Juli zu einem Sondergipfel treffen. Das kündigte der EU-Gipfelchef Herman Van Rompuy am Freitag zum Abschluss des Treffens der Staats- und Regierungschefs in Brüssel an. Der Gipfel sei im Anschluss an die Wahl des konservativen Luxemburgers Jean-Claude Juncker (59) zum EU-Kommissionspräsidenten durch das Europaparlament geplant.