Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble beim Treffen mit den EU-Finanzministern Foto: AP

Ein „vergiftetes Abschiedsgeschenk“? Bundesfinanzminister Schäuble bringt beim letzten Auftritt im Kreis der EU-Kollegen noch einmal kontroverse Positionen ein. Die Debatte dürfte sich zuspitzen.

Luxemburg - Bei seinem letzten Auftritt im Kreis der EU-Finanzminister hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) die Diskussion über die Zukunft der Wirtschafts- und Währungsunion in Europa noch einmal angeheizt. Die EU-Kommission habe mit ihren Ideen zur Rolle des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) gegenüber den Staaten allein gestanden, sagte er am Dienstag in Luxemburg.

Der ESM ist derzeit hauptsächlich dafür zuständig, die Zahlungsfähigkeit überschuldeter Staaten mit Krediten zu sichern. EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker hatte in seiner Grundsatzrede im September gefordert, den ESM zu einem Europäischen Währungsfonds auszubauen, der fest im europäischen Regelwerk und in den Kompetenzen der EU-Institutionen verankert werden solle. Detaillierte Vorschläge hierzu will die Brüsseler Behörde im Dezember vorlegen.

Schäuble hatte laut „Spiegel“ in einem „Non-Paper“, das als Input für das Ministertreffen in Luxemburg bekanntgeworden war, hingegen gefordert, der ESM solle künftig über die Einhaltung des Stabilitätspakts wachen. Derzeit macht dies die EU-Kommission. Die Mitgliedstaaten dürfen demnach eine jährliche Neuverschuldung von maximal drei Prozent sowie einen Gesamtschuldenstand von höchstens 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ausweisen.

Streit um die Struktur der Eurozone

Derzeit wird auch über die generelle Struktur der Eurozone gestritten. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) machte erneut deutlich, dass man sich bei Reformen an zentrale Prinzipien halten müsse. „Ich will, dass auch in Zukunft beim Einsatz europäischer Mittel Kontrolle und Haftung zusammen betrachtet werden“, sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Mittwoch). „Eine Vergemeinschaftung nationaler Schulden wird es mit mir nicht geben.“ Zugleich bremste Merkel die Debatte über einen EU-Finanzminister.

„Zum Abschied hat Schäuble ein giftiges Geschenk für die europäische Demokratie vorgelegt“, meinte der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold. „Die EU-Institutionen werden geschwächt, wenn Kompetenzen in einen zukünftigen Europäischen Währungsfonds verlagert werden, der allein den Regierungen unterstellt ist. Schäubles Plänen fehlt europäischer Mut und Vision.“ Es wird erwartet, dass die Debatte auch beim von EU-Ratschef Donald Tusk angekündigten Euro-Gipfel der EU-Staats- und -Regierungschefs im Dezember eine Rolle spielen wird.

Die EU-Finanzminister tauschten sich bei ihrem Treffen zudem erstmals über die jüngsten Kommissionsvorschläge für eine grundlegende Reform der Mehrwertsteuer aus. Da gebe es im Kreis der Minister noch einige Zweifel, sagte der österreichische Ressortchef Hans Jörg Schelling.

Die Brüsseler Behörde hatte dafür plädiert, dass künftig auch bei grenzüberschreitendem Handel zwischen Unternehmen in unterschiedlichen EU-Staaten Mehrwertsteuer erhoben werden soll. Derzeit sind diese Transaktionen von der Steuer ausgenommen.