Die Energiekosten in Deutschland steigen. EU-Kommissar Günther Oettinger warnt die Politiker, die Bürger finanziell noch weiter zu belasten. Er selbst will gerne in Brüssel bleiben.
Stuttgart - EU-Energiekommissar Günther Oettinger hat die Bundesländer und Energiekonzerne aufgefordert, die Energiewende nicht zulasten der Bürger voranzutreiben. „Man muss die Energiekosten in den Griff bekommen“, sagte Oettinger am Freitagmittag beim Besuch unserer Redaktion.
In den vergangenen Monaten sei es versäumt worden, eine gemeinsame Strategie über die Speichermöglichkeiten der erneuerbaren Energien und den notwendigen Netzausbau zu entwerfen. Deshalb sei nun „eine Geschwindigkeitsbegrenzung“ beim Ausbau der regenerativen Energien notwendig, um die Strompreise nicht weiter explodieren zu lassen. In diesem Zusammenhang warnte Oettinger die Politik vor weiteren finanziellen Belastungen der Bürger: „Der Erfindungsreichtum für noch mehr oder höhere Steuern sollte eingeschränkt werden.“
„Ich schließe eine zweite Amtszeit nicht aus“
Oettinger hatte zuvor mit den Ministerpräsidenten der Länder in Weimar über die Probleme bei der Umsetzung der Energiewende beraten. Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) betonte, er wolle „alles daransetzen“, dass die Energiewende für die Bürger bezahlbar bleibe.
Angesichts der zunehmenden Bedeutung des Energiesektors hält es Oettinger für denkbar, länger in Brüssel zu bleiben: „Ich schließe eine zweite Amtszeit nicht aus.“ Das Thema komme für ihn „durchaus infrage“. Der 59-jährige ehemalige Ministerpräsident ist seit Februar 2010 Energiekommissar, seine Amtszeit dauert fünf Jahre.
Mit Blick auf die Äußerungen von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) über eine EU-Vollmitgliedschaft der Türkei sagte Oettinger, aus wirtschaftlichen und strategischen Gründen müsse man ein großes Interesse daran haben, „dass die Türkei nach Europa blickt“. Er plädierte dafür, weitere Kapitel der Beitrittsverhandlungen zu öffnen, etwa die Bereiche Wettbewerb und Energie. In naher Zukunft müssten sich Deutschland und Frankreich entscheiden, ob sie einen Beitritt der Türkei wollten oder nicht. Das Thema dürfe nicht verschleppt werden, so Oettinger, der eine Entscheidung „innerhalb der nächsten vier bis fünf Jahre“ forderte. Im Zweifelsfall sei „ein Ende mit Schrecken besser als gar kein Ende“.