Viele Ukrainer wünschen sich einen Beitritt ihres Landes zur EU – auch der ukrainische Präsident Selenskyj. Foto: imago/ZUMA Wire/Tayfun Salci

Der ukrainische Präsident hofft auf einen Beitritt seines Landes zur Europäischen Union. Doch das Verfahren für einen solchen Beitritt ist komplex – und dauert Zeit.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj pocht angesichts des russischen Angriffskriegs auf einen EU-Beitritt seines Landes. An diesem Dienstag will das EU-Parlament über eine Resolution abstimmen, mit der sich die Fraktionen dafür stark machen, der Ukraine den Status als EU-Beitrittskandidat zu verleihen.

„Es ist ein entscheidender Moment, die langjährige Diskussion ein für alle Mal zu beenden und über die Mitgliedschaft der Ukraine in der EU zu entscheiden“, hatte Selenskyj am Samstag auf Twitter geschrieben. Die Ukraine arbeitet schon länger auf einen Beitritt zum Bündnis hin. Dieses Ziel ist seit 2019 auch in der Verfassung verankert. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach sich bereits für einen Beitritt der Ukraine aus, ebenso die Staatsoberhäupter einiger EU-Mitgliedsstaaten.

Der EU-Beitritt ist nichts, was schnell geht

Doch ganz so einfach geht es mit einem EU-Beitritt nicht. Der Vorsitzende des Auswärtiges Ausschusses im Bundestag ist grundsätzlich für einen EU-Beitritt der Ukraine – schnell werde das aber nicht gehen. „Das ist ein schwerer und mühseliger Weg für alle Staaten“, sagte der SPD-Politiker Michael Roth am Montag dem TV-Sender Welt. „Es müssen die politischen Voraussetzungen erbracht werden, eine stabile Demokratie, ein Rechtsstaat, unabhängige Justiz, effektive Korruptionsbekämpfung, ein funktionierender Binnenmarkt – das dauert Jahre.“ Er könne sich nicht vorstellen, dass es ein verkürztes Verfahren geben wird.

Lesen Sie aus unserem Angebot: Die Ukraine strebt in die EU

Auch Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) zeigte sich zurückhaltend im Hinblick auf einen raschen EU-Beitritt der Ukraine. Das sei nichts, was man in einigen Monaten vollzieht, sagte Baerbock.

Die Beitrittsabkommen werden kapitelweise ausgehandelt

Tatsächlich ist das Verfahren zu einem Beitritt zur Europäischen Union komplex. Bewerben kann sich zunächst einmal nur, wer die Voraussetzungen erfüllt – bekannt als „Kopenhagener Kriterien“. Grob gesagt geht es dabei um die schon genannten Punkte: eine funktionsfähige Wirtschaft und freie Marktwirtschaft, um eine stabile Demokratie, Minderheitenschutz, die Wahrung von Menschenrechten und eine rechtsstaatliche Ordnung. Zudem müssen alle Rechtsvorschriften der EU akzeptiert werden.

Will ein Land der EU beitreten, so legt es dem Rat einen Mitgliedsantrag vor. Die Kommission wiederum beurteilt dann, ob das Land die Kopenhagener Kriterien erfüllen kann. Fällt dieses Urteil positiv aus, kann sich der Rat der EU auf ein Verhandlungsmandat einigen. Dann beginnen die Verhandlungen mit dem Beitrittskandidaten: kapitelweise werden die Beitrittsabkommen ausgehandelt. „Wegen der großen Menge an Vorschriften und Regelungen der EU, die jedes Land in sein innerstaatliches Recht umsetzen muss, erfordern die Verhandlungen bis zu ihrem Abschluss längere Zeit“, heißt es dazu auf der Seite der Europäischen Union im Netz.

Am Ende muss das Beitrittsland das Abkommen ratifizieren

Mehrere Länder sind derzeit offiziell „Beitrittskandidaten“ der EU – Serbien, Albanien, Montenegro, Nordmazedonien und die Türkei. Teilweise ziehen sich die Beitrittsverhandlungen hier schon seit Jahren, immer wieder gibt es auch Rückschritte. Bei anderen osteuropäischen Ländern hatte die EU in der Vergangenheit die Beitrittshoffnungen gedämpft. Begründet wurde das meist damit, dass die Wirtschaften dieser Länder nicht stabil genug seien. Mit der Ukraine hat die EU seit 2014 ein Assoziierungsabkommen, mit dem ein Freihandelsabkommen einhergeht. Dieses Abkommen erleichtert den Handel zwischen der Ukraine und der EU – und soll dazu beitragen, dass sich Vorschriften denen der EU annähern.

Lesen Sie aus unserem Angebot: Warum will Russland nicht, dass die Ukraine der Nato beitritt?

Sind die Verhandlungen abgeschlossen, dann muss zuerst das Europäische Parlament den Beitrittsabkommen zustimmen – mit absoluter Mehrheit. Anschließend muss der Rat einstimmig zustimmen, bevor dann die Staats- und Regierungschefs der EU und das Beitrittsland das Abkommen unterzeichnen und das Beitrittsland dies auch ratifiziert.