Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen präsentiert immer wieder neue EU-Projekte. Manche kritisieren allerdings die mangelnde Substanz zentraler Initiativen. Foto: dpa/Virginia Mayo

Die EU will wirtschaftlich und politisch in Konkurrenz mit China treten. Das Projekt Global Gateway kommt allerdings nicht vom Fleck.

Kaum ein Tag vergeht in Brüssel, an dem Ursula von der Leyen nicht vor eine Kamera tritt. Die EU-Kommissionspräsidentin erklärt eloquent in Deutsch, Englisch und Französisch die zahlreichen Projekte, die ihr „Team Europa“ gerade vorantreibt. Sie wisse, sich ins richtige Licht zu rücken, heißt es in den Reihen der Kommission, was allerdings nicht immer als Kompliment gemeint ist. Wesentlich deutlicher werden die Kritiker in den Reihen des EU-Parlaments. Die deutsche Kommissionschefin produziere bei ihrer Arbeit sehr viele schöne Überschriften, der Inhalt lasse dann oft allerdings zu wünschen übrig.

Ein Prestige-Projekt für die Chefin

Zu diesen kritisierten „Prestige-Projekten“ Ursula von der Leyens gehört die Global-Gateway-Initiative. Rund 300 Milliarden Euro will Brüssel in die Hand nehmen, um in Schwellen- und Entwicklungsländern Schienen, Datenkabel und Stromtrassen verlegen zu lassen. Auf diese Weise will Europa nicht nur den Ausbau grüner und damit umweltverträglicher Infrastruktur vorantreiben, sondern auch im Wettbewerb der Systeme endlich mit China gleichziehen. Denn Peking baut seinen politischen und wirtschaftlichen Einfluss seit vielen Jahren mit der Seidenstraße-Initiative konsequent aus.

„Alt Säbelzahntiger gestartet, ist aus dem Projekt Global Gateway bislang nicht mehr als ein Bettvorleger geworden“, lautet die geradezu vernichtende Kritik von Markus Ferber, CSU-Europaabgeordneter und wirtschaftspolitischer Sprecher der konservativen EVP-Fraktion im Parlament. Ihn ärgert, dass „über ein Jahr nach der Ankündigung wenig passiert“ ist. Er moniert, dass die Kommission noch immer auf der „Prioritätensuche“ sei und statt „konkreten Initiativen lediglich eine aufwendige Website präsentieren“ könne. China werde angesichts dieses Hochglanzauftrittes „sicherlich nicht vor Angst erstarren“.

Ein Projekt mit fehlendem Inhalt

Der SPD-Europaabgeordnete Udo Bullman formuliert seine Kritik an der EU-Kommission wesentlich diplomatischer. „Die Global-Gateway-Initiative kann den entscheidenden Anschub für nachhaltige Entwicklung und den Kampf gegen wachsende Ungleichheiten geben“, erklärt der Sozialdemokrat. Doch auch er vermisste die Substanz und erklärt, dass es bei der „der inhaltlichen Ausgestaltung des neuen Instruments“ noch „entscheidenden Nachholbedarf“ gebe.

Im Grunde wird mit der Global-Gateway-Initiative eine grundlegende Neuausrichtung der europäischen Entwicklungspolitik definiert. Denn die Hilfe aus Brüssel war bisher vor allem an der klassischen Entwicklungshilfe orientiert. Der politische Nutzen, der aus den Milliardenzahlungen gezogen werden konnte, stand eher an zweiter oder sogar dritter Stelle.

Alter Wein in neuen Schläuchen

Für Reinhard Bütikofer ist das Projekt alter Wein in neuen Schläuchen. Die Kommission habe lediglich ihrer traditionellen Entwicklungspolitik ein neues Etikett verpasst, lautet die bittere Bilanz des grünen Europaabgeordneten, im Parlament zuständig für die Beziehungen zu China. Das Versagen sieht der deutsche Politiker allerdings nicht nur bei Ursula von der Leyen. Josep Borrell, Repräsentant der EU-Außenpolitik, habe die neue geostrategische EU-Perspektive nicht zu seiner Agenda gemacht.

Auch in der EU-Kommission selbst scheinen die Verantwortlichen mit dem Verlauf eher unzufrieden zu sein. Vor einigen Monaten wurde deshalb in Brüssel ein Treffen mit mehrere Hundert Teilnehmern organisiert. Das Motto lautete „Global Gateway: nachhaltige Partnerschaften für eine vernetzte Welt“. Sichtbares Ergebnis war eine Hochglanzbroschüre, in der im November mehrere Initiativen vorgestellt wurden. So etwa Produktionsanlagen für grünen Wasserstoff in Namibia und Kasachstan oder ein schwimmendes Solarkraftwerk in Albanien. Das Problem: alle Projekte existieren bisher nur auf dem Papier.