Die deutschen Behörden wollen intensiver gegen Betrug beim Kindergeld durch Ausländer vorgehen. Foto: dpa

Der Streit ums Kindergeld für EU-Ausländer hält an. Brüssel lehnt Anpassung des Kindergeldes an den Wohnort des Kindes weiterhin ab. Doch Unionspolitiker wie Innenminister Thomas Strobl machen Druck, die EU-Regeln zu ändern.

Stuttgart - Die Aufregung über das Kindergeld für EU-Ausländer hält an. „Das kann man niemandem erklären, dass Deutschland in immer mehr Fällen das volle Kindergeld an EU-Bürger zahlt, obwohl die Kinder im Ausland leben“, sagte Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl unserer Zeitung. Er verstehe, dass da viele Menschen denken: Der Staat wird ausgenutzt. „Es riecht sehr nach einer gezielten Einwanderung in unser Sozialsystem – und lädt auch dazu ein“, so der CDU-Politiker.

Strobl hofft, dass das Bundesfinanzministerium zusammen mit Europa schnell eine akzeptable Lösung findet. „Es wäre richtig, ein reduziertes Kindergeld vor allem an der Kaufkraft und am Sozialsystem des Aufenthaltslandes zu orientieren.“ Europaabgeordnete von CDU und CSU wollen diese „Kindergeld-Indexierung“ zur Abänderung des EU-Rechts im Europaparlament vorbringen. Die EU-Kommission bleibt jedoch bei ihrer Ablehnung: Wenn ein Arbeitnehmer in ein nationales Sozialversicherungssystem einzahle, sollte er unabhängig von der Nationalität und vom Wohnort der Kinder die gleichen Leistungen erhalten wie jeder andere. Eine Anpassung an die Lebenshaltungskosten an dessen Wohnort verstoße gegen das Diskriminierungsverbot.

Kommunen mit niedrigen Mieten im Fokus

Grünen-Chefin Annalena Baerbock pflichtete der EU-Kommission und nannte die Debatte „absolut unredlich“. „98 Prozent aller Kinder, für die Kindergeld gezahlt wird, leben in Deutschland.“ Tatsächlich erhalten es vor allem Bauarbeiter, Pflegekräfte, Gastronomie- oder Saisonarbeiter aus Osteuropa, die hierzulande zunehmend Personallücken füllen und auch Steuern zahlen. Auch der Gewerkschaftsbund stellt sich hinter diese Kräfte.

Missbräuchlicher Bezug wird bisher in sehr geringem Ausmaß festgestellt. SPD-Chefin Andrea Nahles spricht von 20 Städten in Deutschland, die das Problem insbesondere betreffe. Darunter sind etliche nordrhein-westfälische Kommunen mit niedrigen Mietspiegeln, wo leicht Wohnungen anzumieten sind. Dort hat sich Behörden zufolge ein Schleppersystem herausgebildet, das Menschen vor allem aus Bulgarien und Rumänien einerseits in sogenannte Schrottimmobilien und andererseits in Scheinarbeitsverhältnisse bringt, um an Sozialleistungen zu gelangen. Mitunter werden von den Migranten noch überhöhte Mieten verlangt und an ihrer Stelle Hartz-IV-Leistungen eingestrichen.

Koordinierte Aktion gegen Betrüger

Die Familienkasse bei der Bundesagentur für Arbeit hat in Wuppertal und Düsseldorf bei der Kontrolle von 100 Verdachtsfällen 40 ungerechtfertigte Anträge auf Kindergeld entdeckt. Dadurch wurden etwa 400 000 Euro zu Unrecht ausgezahlt. Von 2019 an wollen die 14 regionalen Familienkassen in allen Großstädten nach Betrugsfällen fahnden. Mit speziellen Computerprogrammen sowie gemeinsam mit Zoll, Schulämtern, Einwohnermeldeämtern, Steuerbehörden und ausländischen Sozialämtern sollen Familien aufgespürt werden, die etwa mit gefälschten Geburtsurkunden oder Pässen staatliche Leistungen für nicht existente Kinder kassieren, so der „Spiegel“.