Der Herausgeber der "Eßlinger Zeitung", Otto Wolfgang Bechtle, ist am Mittwoch im Alter von 94 Jahren gestorben. Foto: dpa

Esslinger Verleger galt als einer der profiliertesten Verleger und Verfechter der Pressevielfalt im Land.

Esslingen - Der Herausgeber der „Eßlinger Zeitung“, Otto Wolfgang Bechtle, ist am Mittwoch im Alter von 94 Jahren gestorben. Das teilte die Zeitung am Donnerstag in Esslingen mit. Bechtle galt als einer der profiliertesten Verleger und Verfechter der Pressevielfalt in der Bundesrepublik. In verantwortlichen Positionen der Printmedien kämpfte er gegen Konzentrationsbestrebungen und Einschränkungen der Meinungsvielfalt.

Sohn eines Zeitungsverlegers

Geboren wurde Bechtle als Sohn eines Zeitungsverlegers in Esslingen. Im Jahr 1953 war er einer der Mitbegründer des Verbandes Südwestdeutscher Zeitungsverleger (VSZV) und stand von 1970 bis 1987 an dessen Spitze. Auch im hohen Alter war sein Interesse an Politik, Wirtschaft und Kultur ungebrochen.

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Bechtle zog 1958 in den Aufsichtsrat der Nachrichtenagentur dpa ein, den er von 1974 bis 1991 leitete und dessen Ehrenvorsitzender er bis zuletzt war. Den Vorsitz bezeichnete er als ein Amt, dem er sich „mit vollem Engagement und mit Leidenschaft“ widmete. Auch die südwestdeutschen Zeitungsverleger wählten ihn zum Ehrenvorsitzenden.

Tageszeitungen für ihn „auch weiterhin unentbehrlich“

Leidenschaftlich mischte er sich in medienpolitische Diskussionen ein und unterstrich: „Für mich sind Monopole gefährlich, auch bei den Medien.“ Sein Credo lautete: „Neben den Großverlagen haben die mittleren und kleineren Zeitungen eine unverzichtbare gesellschaftspolitische und föderative Funktion.“ Bechtle war davon überzeugt, dass „das gedruckte Wort für die Aufrechterhaltung der geistigen und politischen Kultur unverzichtbar bleibt“. Trotz des Booms der neuen Medien blieben Tageszeitungen für ihn „auch weiterhin unentbehrlich“.

Der Vorsitzende des dpa-Aufsichtsrates, Karlheinz Röthemeier, würdigte den Einsatz und die Leidenschaft, mit der Bechtle seine Aufgaben wahrnahm: „Er war ein herausragender Verfechter der Pressevielfalt und hat die Agentur maßgeblich in den 70er und 80er Jahren geprägt. Als Ehrenvorsitzender ist er uns auch nach seinem Ausscheiden treu geblieben.“

"Pressegeschichte im Nachkriegsdeutschland geschrieben"

Valdo Lehari, Vorsitzender des Verbandes Südwestdeutscher Zeitungsverleger (VSZV), sagte, man habe mit dem Ehrenvorsitzenden nicht nur „einen höchst geschätzten und liebenswürdigen Kollegen, sondern auch einen weit überdurchschnittlich engagierten Mitkämpfer für die Zeitungsverlage und die Pressefreiheit und einen leidenschaftlichen Verteidiger der Pressevielfalt“ verloren. „Er hat nicht nur große Pressegeschichte im Nachkriegsdeutschland geschrieben, sondern sich auch durch sein Wirken für die Demokratie in unserem Land in hohem Maße verdient gemacht“, so Lehari.

Der Vorsitzende der dpa-Geschäftsführung, Michael Segbers, bezeichnete Bechtle als eine der großen Persönlichkeiten der deutschen Medienlandschaft. In Bechtles aktive Amtszeit als Vorsitzender des Aufsichtsrates seien bedeutsame historische Veränderung der Bundesrepublik Deutschland und damit auch der dpa gefallen: „Er begleitete nach dem Mauerfall den Aufbau der Regionalberichterstattung in den ostdeutschen Ländern. In den 80er Jahren war er maßgeblich beteiligt an den Veränderungen, die sich für die Agentur durch die Einführung des privaten Rundfunks ergaben. Auf europäischer Ebene unterstützte er 1985 die Gründung der European Pressphoto Agency (epa)“, erklärte Segbers.

In dritter Generation an der Spitze der "Eßlinger Zeitung"

Bechtle übernahm 1947 in dritter Generation die von seinem Großvater 1868 gegründete „Eßlinger Zeitung“. Im Jahr 1960 erfuhr das Unternehmen Zuwachs durch die „Cannstatter Zeitung“ und die „Untertürkheimer Zeitung“. Besonderes Augenmerk legte Bechtle auf die Entwicklung von Zeitungs- und Akzidenzdruck. Bechtle Verlag & Druck gehört zu den größten Druckereien in Baden-Württemberg. Bechtle gehörte unter anderem von 1973 bis 1980 noch dem Deutschen Presserat an, von 1978 bis 1980 war er dessen Sprecher.

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