Nach 16 Jahren verlässt Markus Raab (CDU) Ende August das Esslinger Rathaus. Ein Nachfolger wird dringend gesucht Foto: Rudel/Archiv

Am 22. Juli soll Esslingen einen Kulturbürgermeister wählen. Die Grünen haben das Vorschlagsrecht – aber noch keinen Kandidaten. Es könnte eine bizarre Abstimmung geben.

Esslingen - Die Sache ist ziemlich knifflig und könnte sich am 22. Juli zu einem wahren Sitzungsmarathon des Esslinger Gemeinderats auswachsen – mit einem letztlich unbefriedigenden Ergebnis für alle Beteiligten. Die Rede ist von der für diesen Tag angesetzten Wahl des „Beigeordneten für das Ordnungs-, Sozial-, Kultur- und Schulwesens“, also einem der drei Bürgermeister, die in Esslingen dem vom Volk gewählten Oberbürgermeister Jürgen Zieger zur Seite stehen.

Bekanntlich hat der noch amtierende Kulturbürgermeister Markus Raab (CDU) angekündigt, nach 16 Jahren in Esslingen nicht erneut kandidieren zu wollen. Das war – aus heutiger Sicht betrachtet – eine richtig weise Entscheidung: Denn gewählt worden wäre er ohnehin nicht mehr, weil sich bei der Kommunalwahl am 26. Mai die Mehrheitsverhältnisse im Gemeinderat dramatisch verschoben haben.

Von Platz vier auf Platz eins

Die Esslinger haben die Grünen vom vierten auf den ersten Platz katapultiert. Die SPD verliert damit die Spitzenposition und rückt auf Platz zwei. Die Freien Wähler sind weiterhin drittstärkste Kraft und die CDU fiel von Platz zwei auf Platz vier.

Das hat Konsequenzen für die Bürgermeisterwahl: Denn in Esslingen haben traditionell die jeweils drei stärksten Fraktionen das Vorschlagsrecht bei der Wahl der Beigeordneten. Die SPD stellt aktuell mit Ingo Rust den Finanzbürgermeister, die Freien Wähler mit Wilfried Wallbrecht den Baubürgermeister. Verständlich also, dass jetzt auch die Grünen als stärkste Fraktion einen Bürgermeisterposten beanspruchen. Da der einzige, der in absehbarer Zeit frei wird, der des Kulturreferenten ist, hat die Grünen-Fraktionschefin Carmen Tittel die Ansprüche ihrer Fraktion geltend gemacht.

Nur eine Bewerberin hat bisher zurückgezogen

Das alles wäre kein Problem, wenn die Stadt die Stelle nicht bereits im Frühjahr, also lange vor den Kommunalwahlen, hätte öffentlich ausschreiben müssen. Nur so konnten die gesetzlich vorgegebenen Fristen eingehalten werden. Gemeldet haben sich insgesamt 13 Bewerberinnen und Bewerber, die die formalen Bewerbungskriterien erfüllen. Hätte es die Kommunalwahl nicht gegeben, wäre wohl die von der Esslinger CDU ausgewählte Gundelsheimer Bürgermeisterin Heike Schokatz neue Esslinger Kulturbürgermeisterin geworden. Mittlerweile hat sie aber ihre Bewerbung zurückgezogen.

Da Schokatz aber die einzige war, die diesen Schritt getan hat, steht die Esslinger Stadtverwaltung nun vor einem Problem: Denn nach wie vor gibt es zwölf Kandidaten, die sich um den Posten bewerben, von denen sich aber keiner auf die Unterstützung der Grünen berufen kann. Die Wahl einfach abzusagen und neu auszuschreiben, ist unmöglich. „Um alle formalen und juristischen Vorgaben einhalten zu können, haben wir alle zwölf verbleibenden Kandidatinnen und Kandidaten eingeladen, sich in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderats am 22. Juli vorzustellen und sich anschließend der Wahl zu stellen“, erläutert Roland Karpentier, der Sprecher der Stadt, das mit dem Stuttgarter Regierungspräsidium (RP) abgestimmte Vorgehen.

Bewerbungen auch kurzfristig möglich

Anders als bei der Wahl von Amtsleitern – auch das habe das RP bestätigt – gebe es bei der Wahl eines Beigeordneten aber durchaus die Möglichkeit, bis zum Tag der Wahl seine Bewerbungsunterlagen einzureichen. Das gilt nicht nur für den denkbaren Wunschkandidaten der Grünen, sondern für jeden Bewerber, der die formalen Voraussetzungen für die ausgeschriebene Verwaltungsposition erfüllt.

Ob es die Grünen bis zum 22. Juli schaffen, einen eigenen Bewerber zu präsentieren, ist momentan vollkommen offen. Die Grünen-Fraktionschefin Carmen Tittel will sich noch nicht festlegen. Gut möglich also, dass sich am 22. Juli eine große Anzahl von Kandidaten vorstellen wird, von denen allerdings niemand die erforderliche Mehrheit erhält.

Zeitnah ein neuer Anlauf

Geschieht das, könnte aus der Mitte des Gemeinderats beantragt werden, das aktuelle Bewerbungsverfahren zu beenden und zeitnah einen neuen Anlauf zu starten. Dann hätten die Grünen mehr Zeit, eine geeignete Frau oder einen geeigneten Mann für Esslingen zu suchen. Gewählt wird dann nach der Sommerpause.