Seit mehr als 30 Jahren unterstützt der Esslinger Verein Wildwasser Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die von sexualisierter Gewalt betroffen sind. In der Beratungsstelle suchen im vergangenen Jahr mehr Menschen denn je Hilfe.
Von einem „arbeitsreichen Jahr“ schreibt Monika Wiggert aus dem Vorstand des Esslinger Vereins Wildwasser im Jahresbericht 2023. Seit seiner Gründung im Jahr 1991 hilft der Verein Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, die von sexualisierter Gewalt betroffen sind.
Beratungen auch online möglich
In der Esslinger Beratungsstelle suchten 2023 mehr Menschen als zuvor Hilfe: Insgesamt waren es 315 Personen, darunter 135 Betroffene, 77 Bezugspersonen und 103 Fachkräfte. Dabei handelte es sich um mehr Fälle von betroffenen Kindern und Jugendlichen als je zuvor: 144 Mal habe es sich bei den Hilfesuchenden um Kinder und Jugendliche im Alter bis 21 Jahre gehandelt, im Jahr 2022 waren es 126 Fälle, 2021 wurde 107 Mal im Zusammenhang mit sexualisierter Gewalt gegen Kinder beraten. In 108 Fällen suchten im vergangenen Jahr Erwachsene Unterstützung bei Wildwasser. Insgesamt zählte der Verein 252 Fälle von vermuteter oder stattgefundener sexueller Gewalt, bei denen Betroffene, Bezugspersonen oder Fachkräfte unterstützt wurden. Neben dem persönlichen Gespräch ist eine Onlineberatung per Videoanruf oder E-Mail möglich, diese Angebote würden gut angenommen.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Wildwasser wollen deutlich machen, dass sexualisierte Gewalt ein gesellschaftliches Problem und eine Menschenrechtsverletzung ist, wie aus dem Jahresbericht hervorgeht. Man dürfe Menschen, die in ihrer Kindheit, Jugend oder als Erwachsene nicht vor sexueller Gewalt geschützt werden konnten, nicht alleine lassen – die Folgen zu verarbeiten, sollte nicht das Problem der einzelnen Betroffenen bleiben. Eine solche Gewalterfahrung wirke sich auf Bildung, beruflichen Erfolg sowie die soziale und finanzielle Situation aus.
Konkret litten Betroffene nach einem Übergriff massiv unter Flashbacks, Ängsten, Schlafstörungen, Unsicherheiten aber auch Scham und Schuldgefühlen.
Neben der Beratung sind die Vernetzung und die Sensibilisierung der Öffentlichkeit ein weiteres Anliegen von Wildwasser . „Wir setzen uns dafür ein, die Situation von Menschen nach sexualisierten Gewalterfahrungen zu verbessern“, teilt der Verein mit.
Neue Räume in der Richard-Hirschmann-Straße
Um die Versorgung weiterhin sicherzustellen, bedarf es mittelfristig weiterer Personalkapazität, so Wiggert. In diesem Jahr steht bei Wildwasser zudem ein Umzug an: Nach langer und intensiver Suche zieht der Verein von seinem aktuellen Standort in der Esslinger Merkelstraße in die Richard-Hirschmann-Straße.
Die neuen Räume werden barrierefrei zugänglich sein und die Möglichkeit bieten, Beratungen und Fortbildungen an einem Ort durchzuführen. Der Umzug bedeutet für den Verein laut Wiggert jedoch einen erheblichen finanziellen Aufwand. Im vergangenen Jahr wurden nach Angaben des Vereins für die Arbeit in der Beratungsstelle insgesamt 321 772 Euro benötigt, darunter 129 401 Euro Eigenmittel sowie 32 488 Euro Projektgelder für die Online-Beratung, unterstützt durch die Fernsehlotterie. Die Summe aus öffentlichen Zuschüssen des Landkreises, der Stadt Esslingen, des Sozialministeriums sowie der Gemeinden Aichwald, Filderstadt, Baltmannsweiler und Ostfildern betrug 159 883 Euro.
Damit Wildwasser seinen Aufgaben nachkommen könne, müssten jährlich Eigenmittel in Höhe von mindestens 70 000 Euro aufgebracht werden. Um die Unterstützung durch fachlich qualifizierte hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufrecht erhalten zu können, sei der Verein auf Spenden angewiesen.
Weitere Informationen online unter: www.wildwasser-esslingen.de