Fast in jedem Jahr wird das sommerliche Zwiebelfest von öffentlichem Donnergrollen begleitet. Foto: Horst Rudel/Archiv

Die Ausbootung der Weinstube Eißele bei der großen Marktplatzhocketse sorgt auch in diesem Jahr noch für Unruhe. Eine Initiative wirft der Stadt vor, durch Untätigkeit den angeblich schleichenden Verfall der Traditionsveranstaltung zu unterstützen.

Esslingen - Es gibt Wichtigeres in Esslingen. Aber es gibt kaum etwas, worüber sich die Menschen in der Stadt so aufregen können wie über das Zwiebelfest. Natürlich drängt sich deshalb der Verdacht auf, dass es sich beim alljährlichen Streit im Vorfeld des Traditionsfestes um eine geschickte Marketingstrategie der Veranstalter handeln könnte. Dass dem nicht so ist, wird deutlich, wenn man sieht, wer auch in diesem Jahr Kritik am Zwiebelfest, an den Organisatoren und am Verhalten der Stadtverwaltung und des Gemeinderats übt.

In einem offenen Brief hat sich eine Initiative für ein traditionelles Zwiebelfest an die Fraktionsvorsitzenden im Gemeinderat und an den Esslinger Oberbürgermeister Jürgen Zieger gewandt und – wie schon im Vorjahr – beklagt, dass der Wirt der Weinstube Eißele, Oliver Brehmer, auch in diesem Jahr vom 4. bis zum 14. August nicht an dem Fest teilnehmen darf. Im Jahr 2014 hatten die Wirte des Zwiebelffests mit Brehmes Vorgänger als Betreiber der Weinstube Eißele einen Vergleich geschlossen, welcher der Weinstube Eißele die Teilnahme ermöglichte. 2015 war Brehmer als Nachfolger auf Druck des Oberbürgermeisters Jürgen Zieger auch noch einmal dabei, im vergangenen Jahr dann nicht mehr.

Wirte entscheiden, wer dabei sein darf – und wer nicht

Die Initiative für ein traditionelles Zwiebelfest rekrutiert sich unter anderem aus der Kundschaft der Weinstube im Esslinger Norden. Sie beklagt nun, dass der Gemeinderat sich entgegen seiner Ankündigung nicht im Herbst 2016 mit dem Zwiebelfest beschäftigt habe. Offensichtlich wolle die Stadt an der derzeitigen Organisationsform festhalten. Es sei, so heißt es in dem Brief, aber nicht einzusehen, dass die private Zwiebelfest-Gesellschaft entscheiden dürfe, „welcher Wirt beim Zwiebelfest teilnehmen darf – und damit unsere Stadt repräsentiert – und wer nicht“.

Die Stadt sei nicht nur untätig, sie habe auch alle Anträge von Oliver Brehmer, der zu verschiedenen Zeiten seinerseits Feste auf öffentlichen Plätzen in der Stadt organisieren wollte, abgelehnt. Unter anderem hatte Brehmer beantragt, während des Zwiebelfestes den Rathausplatz oder den Hafenmarkt für eine Konkurrenzveranstaltung nutzen zu können. Dies lasse sich, so der Bescheid der Stadt, mit den Esslinger Freiluft-Richtlinien nicht vereinbaren. Auch hatte Brehmer versucht, den Platz, den er früher beim Zwiebelfest bewirtet hatte, für die Zeit des Zwiebelfestes direkt von der Stadt zu mieten. Die Auskunft hier: Der Platz werde als Ganzes vergeben, Brehmer müsse sich mit den Wirten einigen.

Weiter beklagt die Initiative, dass immer weniger Esslinger Wirte beim Zwiebelfest dabei seien. Das stimme für dieses Jahr, räumt Frank Jehle, der Geschäftsführer der Zwiebelfest-Gesellschaft und Pächter des Palm’schen Baus, ein. Das Zwiebelfest-Urgestein Fritz Weiß vom Weinkeller Einhorn scheidet aus Altersgründen aus. Sein Sohn Moritz betont, dass man vollkommen freiwillig die Zwiebelfest-Gesellschaft verlassen habe.

Esslinger Wirte scheuen das Risiko

Auf der Suche nach einem Nachfolger habe man mit drei Esslinger Gastronomen verhandelt, erklären Frank Jehle und Gerd Trautwein, die beiden Sprecher der Zwiebelfest-Wirte. Angesichts des hohen finanziellen Risikos und der immensen logistischen Herausforderung, die ein solches elftägiges Fest bedeute, sei es aber schwer, im Stadtgebiet Gastronomen zu finden, die bereit wären, sich in die Zwiebelfest-Gesellschaft einzukaufen.

Am weitesten seien die Verhandlungen mit der Pächterin des Vier Peh gediehen gewesen. Doch letztlich habe sich Uli Kopp den Kraftakt doch nicht zugetraut. Den Platz von Fritz Weiß übernimmt nun das Uhlbacher Wein- und Sektgut von Christel Currle, die ein Wein-Fachmagazin zur Winzerin des Jahres 2017 ernannt hat. Die Currles sind auch auf dem Stuttgarter Weindorf dabei, kennen also die Herausforderung, die eine solche Großveranstaltung mit bis zu 100 000 Gästen bedeutet.

Bedenken, dass mit dem Engagement von Currle der Esslinger Wein, der beim Zwiebelfest eine zentrale Rolle spielen soll, verdrängt werden könnte, zerstreut Frank Jehle: „Das Zwiebelfest ist und bleibt ein Esslinger Weinfest. Die örtlichen Weine stehen oben auf der Karte und machen mindestens zwei Drittel des Angebots aus.“

Unterschiedliche Darstellung der Verhandlungen

Etwas anders gelagert – und von einigen Misstönen begleitet – ist der letztlich gescheiterte Versuch, den neuen Pächter des Brauhauses zum Schwanen, Ulrich Reutter, in das Team der Zwiebelfest-Wirte zu integrieren. Bei den Verhandlungen, die von beiden Seiten höchst unterschiedlich dargestellt werden, ist es jedenfalls zu keiner Einigung gekommen. Deshalb wird in diesem Jahr noch einmal der frühere Schwanen-Wirt Nils Steinbach, der mittlerweile die Alte Dorfschule in Ruit übernommen hat, seine Speisen auf dem Esslinger Zwiebelfest anbieten. Der Esslinger Oberbürgermeister Jürgen Zieger hat angekündigt, dass man im Herbst im Gemeinderat und im Aufsichtsrat der City-Initiative Esslingen über das Thema Zwiebelfest reden werde.