Ralf Weinberger Foto: Ines Rudel

Zweimal im Jahr ist es dasselbe Spiel: Erst wird die Uhr um eine Stunde vor-, ein halbes Jahr wieder zurückgestellt. Viele tun sich schwer mit der Umstellung von Sommer- auf Winterzeit. Der Esslinger Gedächtnistrainer Ralf Weinberger verrät, wie man sich’s merkt.

Dass die Uhr in der Nacht auf Sonntag von Sommer- auf Winterzeit umgestellt wird, ist vielen bewusst. Schwieriger wird es, wenn man entscheiden muss, ob der Zeiger nach vorn oder zurück gedreht wird. Der Esslinger Gedächtnistrainer Ralf Weinberger erklärt, weshalb sich viele mit der Zeitumstellung jedes Mal aufs Neue schwertun und wie man sich für die Zukunft merken kann, wie die Sache funktioniert.

Herr Weinberger, als Gedächtnistrainer müssten Sie ein Super-Erinnerungsvermögen haben. Tun Sie sich auch mal schwer, sich etwas zu merken?

Natürlich. Im Sport führt eine unaufmerksame Bewegung trotz aller Übung zu einem Fehler. Das Gehirn funktioniert wie ein Muskel: Wenn ich nicht aufmerksam bin und mich konzentriere, merke ich mir auch nichts. Erst wenn ich aus Zahlen, Daten und Fakten eine „merk-würdige“ Assoziation gebildet habe, bleibt es auch im Gedächtnis.

Weshalb können wir uns ungewöhnliche Dinge oft viel leichter merken als Alltägliches und immer Wiederkehrendes?

Unser Gehirn funktioniert nach dem gleichen Prinzip: Wir merken uns Emotionen, die aus Bildern entstehen. Mit Zahlen, Daten und Fakten tun wir uns schwerer. Das Vor- und Zurückstellen der Uhr ist eine emotionsfreie Handlung. Dagegen sind die Begleitumstände bei vielen Menschen mit starken Emotionen verbunden: Man ärgert sich über die Umstellung als solche. Man schaut auf die Armbanduhr und merkt, dass man sich verspätet, weil man vergessen hat, sie umzustellen. Und man regt sich auf, weil man jede Uhr einzeln umstellen muss. Ob vor oder zurück – daran erinnert man sich nicht. Der Aufreger bleibt im Bewusstsein und nicht die Handlung. Wollen wir uns etwas Trockenes wie Vokabeln oder die Sommerzeit merken, brauchen wir eine Emotion, um eine Verknüpfung zu schaffen, die es unserem Gehirn leichter macht, sich etwas zu merken.

Was kann das sein?

Das Gehirn spricht sehr gut auf Gefühle an. Das kann zum Beispiel Schmerz sein, wie wir ihn an der heißen Herdplatte spüren, aber auch Ekel, Angst, logische Zusammenhänge, merkwürdige Muster oder Erotik. Oft sind es Funktionen, die dem Menschen seit Anbeginn das Überleben sichern. Der Mensch muss sich merken, was Schmerzen verursacht, um diese zukünftig zu vermeiden. Lebensmittel, die gefährlich sind, schmecken in der Regel abstoßend und erzeugen Ekel. So schützt sich der Mensch, etwas Falsches zu essen.

Machen wir es konkret: Was kann man tun, um nie zu vergessen, wann und wie die Uhr vor- oder zurückgestellt wird?

Indem man aus der simplen Handlung eine Geschichte macht, die Emotionales und Logisches verknüpft. Wenn es hell wird, steht man auf. Das muss man sich nicht jeden Tag ins Gedächtnis rufen. So ist es möglich, die Zeitumstellung mit einer logischen Handlung zu verbinden. Wichtig dabei ist, dass es wirklich logisch und schlüssig sein muss und nicht vom Rücken durch die Brust ins Auge geht. Sonst steht man im nächsten Frühjahr wieder da und weiß nicht mehr, wie die Eselsbrücke ausgesehen hat. Und im Herbst geht alles wieder ganz von vorne los.

Wie wäre es mit einem Beispiel?

Meine Lieblings-Eselsbrücke ist der Trick mit der Terrasse: Jedem ist klar, dass man im Frühjahr, wenn die Tage länger werden und die Sonne scheint, die Gartenmöbel, den Sonnenschirm und die Sitzpolster wieder vor das Haus stellt. Und es braucht auch keine Erklärung, dass man im Herbst das Mobiliar wieder zurück in den Keller bringt. Im Frühjahr stellt man es also vor das Haus – so, wie man die Uhr vorstellt. Und im Herbst, wenn die Sommerzeit endet, stellt man alles wieder zurück. Wenn man diese praktische Handlung mit der Uhr verbindet, hat man Sommerzeit- und Winterzeitumstellung bereits verinnerlicht. Das funktioniert, weil die Logik bestechend ist: Niemand wird im Herbst seine Möbel vor das Haus stellen. Das muss man sich auch nicht merken, denn wenn die ersten Sonnenstrahlen kommen, stellt man automatisch die Gartenmöbel vor das Haus und im Herbst zurück. Jetzt muss man sich nur noch daran erinnern, dass die Zeitumstellung irgendetwas mit den Gartenmöbeln zu tun hatte. Und schon kommt man ganz leicht wieder auf die Lösung.

Zur Person

Der Coach
Ralf Weinberger (59) ist Esslinger aus Überzeugung. Als Extremsportler hat er erlebt, was Selbstüberwindung und Durchhaltevermögen bewirken. Später hat er als Ausbilder in der Finanz- und Versicherungsbranche gearbeitet. Seit vielen Jahren ist er selbstständig in Sport und Tourismus tätig, unter anderem hat er die beliebten Kanutouren in Esslingen etabliert. Als Mental-Coach und Hypnosetherapeut bietet Weinberger auch Seminare und Vorträge an.

Der Autor
Von Weinberger ist das Buch „In drei Minuten zu Profi Gedächtnis. Denken wie ein Superhirn!“ erschienen.