Ulrike Marbach (am Mikrofon) erhoffte sich in der Einwohner-Fragestunde Näheres zur Heugasse 11, rechts neben ihr wartete Petra Schulz bereits mit Fragen zum Parken. Foto: Roberto Bulgrin

In vielen Kommunen ist es längst selbstverständlich – seit Oktober bietet auch die Stadt Esslingen zu Beginn jeder Gemeinderatssitzung eine Einwohner-Fragestunde an. Neues erfahren die Bürger kaum, doch die Chance wird genutzt, auf Anliegen hinzuweisen.

Gewöhnlich machen Ratsmitglieder und Verwaltung die kommunalpolitischen Beratungen im Gemeinderat unter sich aus. Viele Kommunen räumen jedoch von Zeit zu Zeit der Bürgerschaft die Möglichkeit ein, das Wort im Ratssaal zu ergreifen. Esslingen hat lange damit gewartet – seit Oktober sind nun auch dort die ersten 15 Minuten jeder Gemeinderatssitzung für eine Einwohner-Fragestunde reserviert. Dieses Angebot wird rege genutzt.

 

Viel Neues hat die Bürgerschaft bislang zwar noch nicht erfahren, aber dafür lassen sich Themen, Wünsche und Anregungen platzieren. „Die Einwohner-Fragestunden sind sinnvoll, weil sie dem Gemeinderat, der Verwaltung und der Öffentlichkeit zeigen, was die Menschen bewegt“, findet Thomas Albrecht, der diese Möglichkeit gerne nutzt.

Damit nichts im Sande verläuft

Die Zukunft der Stadtbücherei liegt Ulrike Marbach am Herzen. Die große Lösung, die per Bürgerentscheid beschlossen war, haben Gemeinderat und Verwaltung gekippt – offen ist, was aus dem Nachbarhaus Heugasse 11 werden soll, das jahrzehntelang als Erweiterungsfläche für die Bibliothek vorgehalten wurde. „Im Dezember hieß es, dass der Gemeinderat im Frühjahr entscheidet. Was ist daraus geworden?“, fragte Ulrike Marbach. Baubürgermeister Hans-Georg Sigel konnte nur mitteilen, dass es noch keinen Termin für die Beratungen gebe. Und auf die Frage, wann die Stadt wie zugesagt ihre horrende Sanierungskosten-Schätzung von zwölf Millionen Euro näher erläutern werde, meinte Sigel: „Wir sind noch am Aufarbeiten.“ Die Fragestellerin hätte sich konkretere Antworten gewünscht. Trotzdem hat sie ihre Nachfrage nicht bereut: „Ich hatte nicht den Eindruck, dass man dieses Thema besonders wichtig genommen hätte. Aber es war gut, dass ich daran erinnern konnte, damit dieses Anliegen vieler Bürgerinnen und Bürger nicht im Sande verläuft.“

Fragen zu Klimaschutz und Verkehrswende spielen in der Fragestunde meist eine Hauptrolle. Petra Schulz vom Verkehrsclub Deutschland (VCD) wollte wissen, wie weit die Stadt mit dem ParkPAD-Audit ist – einem vom Deutschen Institut für Urbanistik durchgeführten Verfahren zum Parkraummanagement. Esslingen ist eine der Pilotkommunen, zumindest die Öffentlichkeit wartet aber noch auf konkrete Ergebnisse. Der Baubürgermeister konnte noch nichts Konkretes sagen und verwies auf den Wechsel an der Spitze der Stabsstelle Verkehr im Rathaus, der manches verzögert habe.

Petra Schulz will trotzdem weiter nachfragen: „Ich hatte keine riesigen Erwartungen, dass die Verwaltung detaillierte Erklärungen bieten würde. Doch in den Esslinger Organisationen, die sich mit Klimaschutz und Verkehrswende beschäftigen, gibt es viel Sachverstand. Es ist gut, wenn wir eine Möglichkeit haben, unsere Gedanken an den gesamten Gemeinderat heranzutragen. Mit E-Mails erreicht man leider nicht alle“, stellte sie fest. Was Petra Schulz aber gefreut hat: „Hinterher hat eine Mitarbeiterin der Stadtverwaltung meine Kontaktdaten notiert, damit ich noch eine genauere Antwort bekommen kann.“

Wildwuchs beim Parken

Die würde sich auch Thomas Albrecht wünschen, der in der Fragestunde beklagte, dass vielerorts in der Stadt Kreuzungen zugeparkt werden, ohne die nötigen Mindestabstände einzuhalten. „Das kann gefährlich werden – vor allem für Kinder, die eine Kreuzung überqueren.“ Ordnungsbürgermeister Yalcin Bayraktar erklärte, die Stadt habe ihre Abschlepp-Richtlinien bereits angepasst. Allerdings fehle es dem Verkehrsordnungsdienst am nötigen Personal, um vor allem in den Außenbezirken besser zu kontrollieren. Für Albrecht ist es trotzdem wichtig, Gemeinderat und Verwaltung immer wieder mit solchen Themen zu konfrontieren: „Bei Klimaschutz und Verkehrswende geht es in Esslingen viel zu langsam voran. Es ist gut, wenn wir Bürger die Möglichkeit haben, im Rathaus immer wieder daran zu erinnern.“

Das sieht auch Steffen Petruch so, der sich im Esslinger Bündnis für Klimagerechtigkeit engagiert. Er wollte in der Fragestunde wissen, wie sich die Gewerbesteuer-Einnahmen der Stadt zusammensetzen und welche Firmen welche Beträge überweisen. Doch da verwies Finanzbürgermeister Ingo Rust lediglich auf das Steuergeheimnis. Steffen Petruch hat es trotzdem nicht bereut, sich beteiligt zu haben: „Die Einwohner-Fragestunde finde ich auf jeden Fall sinnvoll. Es ist wichtig, dass die Bürgerinnen und Bürger eine Gelegenheit erhalten, sich im Gemeinderat zu äußern und auf Themen aufmerksam zu machen. Richtige Debatten ergeben sich dort ja kaum noch. Das läuft alles meist sehr stringent ab. Über die Fragestunde lassen sich auch andere Aspekte einbringen.“

Wissenswertes zur Einwohner-Fragestunde

Das Angebot
 Seit Oktober hat die Stadt Esslingen die ersten 15 Minuten einer Gemeinderatssitzung stets für eine Einwohner-Fragestunde reserviert. Dort können alle Esslingerinnen und Esslinger Fragen stellen, Vorschläge machen und Anregungen weitergeben. OB Matthias Klopfer und die Dezernenten sollen unmittelbar darauf antworten.

Die Regeln
Die Beiträge müssen sich auf Themen des Gemeinderats oder der Stadtverwaltung beziehen. Jeder darf zu maximal zwei Themen Fragen stellen oder Vorschläge machen. Die Redezeit sollte sich auf zwei Minuten beschränken. Die Fragen dürfen sich nicht auf die Themen der aktuellen Sitzung beziehen, um die Beratungen nicht vorwegzunehmen. Können Fragen nicht direkt beantwortet werden, sollen die Fragesteller in der nächsten Sitzung oder schriftlich eine Antwort erhalten.