Der Sprecherrat des Netzwerks Kultur fordert eine architektonisch attraktive Bücherei an dieser Stelle der Küferstraße. Foto: Horst Rudel

Wo soll die neue Bücherei in Esslingen stehen? Die Entscheidung naht. Jetzt mischt sich der Sprecherrat des Netzwerks Kultur ein – mit einer überraschend klaren Position.

Esslingen - Zuletzt war es in der Diskussion über den geeigneten Standort für die Stadtbücherei ruhiger geworden. Allerdings schien sich zuletzt wieder eine knappe Mehrheit für die Sanierung des Bebenhäuser Pfleghofs abzuzeichnen. Jetzt gibt es wieder Bewegung in der Diskussion. Der Sprecherrat des Netzwerks Kultur, des Zusammenschlusses der wichtigsten Kulturtreibenden in der Stadt, hat sich mit dem Thema beschäftigt und kommt in seiner Stellungnahme zu einem eindeutigen Ergebnis: Wenn Esslingen eine zukunftsfähige Bücherei wolle, komme nur ein Neubau an der Küferstraße in Frage.

In einem Brief an die Rathausspitze, den Kulturbürgermeister Markus Raab, den Kulturamtsleiter Benedikt Stegmeyer und die Mitglieder des Gemeinderats begrüßt der Sprecherrat ausdrücklich, dass sich für die Stadtbücherei endlich eine Lösung abzeichne. Für die Entwicklung der Stadtbücherei zu einem den Ansprüchen des 21. Jahrhunderts gewachsenen Kultur- und Medienzentrum sei die Klärung der Standortfrage ein entscheidender Schritt. „Wir möchten dringend darauf hinweisen, die Frage nach der bestmöglichen Umsetzung der inhaltlichen Konzeption zur zukunftsfähigen Stadtbücherei in den Mittelpunkt der Diskussion zu stellen ist“, heißt es in dem Schreiben.

Die maximale Fläche soll genutzt werden

Nach Abwägung der Vor- und Nachteile der Standorte empfiehlt der Sprecherrat der Verwaltung und dem Gemeinderat, den Neubau in der Küferstraße zu realisieren. Wichtig sei es dabei, dort die maximal mögliche Fläche zu nutzen, um sie für ihre neuen Aufgaben fit zu machen. Die Bibliothek werde „als zentraler Kultur- und Medienraum der Stadtgesellschaft, als Ort der Information, der Bildung und der Vergemeinschaftung“ gebraucht.

Deshalb sei es sinnvoll, eine „geringe zusätzliche Summe für das Mehr an Quadratmetern beim Neubau zu investieren, als wenige Jahre nach der Fertigstellung teuer nachjustieren und erweitern zu müssen“. Beobachte man die Umwandlung der Bibliothek von der altehrwürdigen Bildungsstätte zum multiplen Kultur- und Veranstaltungsort, so sei ein zukünftiger Mehrbedarf wahrscheinlich.

Wichtig ist dem Sprecherrat auch die Bedeutung von moderner Architektur in der Esslinger Altstadt: „Wir appellieren an den Mut der Stadtverwaltung und des Gemeinderats, hier etwas Neues mit Außenwirkung entstehen zu lassen.“ Esslingen könnte mit einem architektonisch ansprechenden Gebäude „ein modernes Baudenkmal mit Strahlkraft für die Stadt“ schaffen.

Erhebliche Unsicherheit bei denkmalgeschütztem Gebäude

Auch raumtechnisch und konzeptionell sieht der Sprecherrat Vorteile in einen Neubau: In der Küferstraße könne eine Fläche von mindestens 3600 Quadratmetern realisiert werden, wobei es wahrscheinlich sei, dass es mehr Raum geben könnte. Am aktuellen Standort sei bereits in der Machbarkeitsstudie aus dem Jahr 2012 das Maximum der Flächen mit knapp 3600 Quadratmetern angesetzt worden. Dabei gebe es aber noch erhebliche Unsicherheiten, die beim Bau in einem streng denkmalgeschützten Gebäude nicht außer Acht gelassen werden dürften. So bestehe ein hohes Risiko, dass aus statischen und denkmalschützerischen Gründen mehrere hundert Quadratmeter wegfallen würden.

Noch wichtiger ist dem Sprecherrat, dass ein Neubau die Möglichkeit biete, „die Planung von Grund auf an die Bedürfnisse der Bücherei und ihrer Nutzer anzupassen“. Nur so könne gewährleistet werden, dass die inhaltliche, zukunftsgerichtete Konzeption der Stadtbücherei räumlich bestmöglich umgesetzt werde. Eine Kompromisslösung, wie der Sprecherrat im Bestandsgebäude befürchtet, bringe Einschränkungen in der Funktionalität mit sich. Eine Altbausanierung könne zudem den Kostenrahmen deutlich sprengen. Dies zeige das Beispiel Altes Rathaus. Keinesfalls dürften aber Kostensteigerungen zu inhaltlichen Abstrichen führen.

Es fehlt der Ausweichstandort

Ein weiteres Problem aus Sicht der Kulturtreibenden ist es, dass die Stadtbücherei bei einer Sanierung im Bestand für mehrer Jahre einen Ausweichstandort suchen müsse. Dadurch würden alle Abläufe der Bücherei unterbrochen. Kulturprogramm wie Büchereiarbeit wären nur eingeschränkt möglich. Jede Bauverzögerung würde sich so negativ auf die Stadtbücherei auswirken. Falls diese Verzögerungen zu groß würden, könnte das nicht abzuschätzende Folgen haben. Bei einem Neubau bestehe dieses Problem nicht. Der aktuelle Standort bliebe bis zur Fertigstellung des neuen Gebäudes bestehen.

Ein Neubau in unmittelbarer Nachbarschaft zur Musikschule und zum Gemeindehaus am Blarerplatz sowie wenige Meter von der Landesbühne entfernt eröffne die Chance, ein innerstädtisches Kulturquartier zu schaffen. Auch die Nähe zum Lorch-Areal sei dabei nicht zu unterschätzen. Insgesamt wäre dies eine deutliche Aufwertung für den Stadtteil und ein Schritt nach vorne für die Esslinger Kulturszene.

Abschließend heißt es: „Die Stadt Esslingen hat eine zukunftsweisende Stadtbücherei verdient. Daher appellieren wir an den Mut der Politik und der Stadtverwaltung, einen architektonischen attraktiven und konzeptionell zukunftsweisenden Neubau in der Küferstraße zu realisieren.“