Nina Bußmann hat mit ihrem Buch „Große Ferien“einen fulminanten Debütroman geschrieben. Foto: Ines Rudel

Nina Bußmann ist die neue Esslinger Bahnwärter-Stipendiatin. Sie schreibt über Menschen, die aus ihrem Leben heraustreten und sich verweigern, über Spurensuche und Fluchten.

Esslingen - Frankfurt, Warschau, Berlin, Esslingen? Warum nicht. Die 38-jährige Nina Bußmann ist nach ihrem Auftritt beim Kulturfestival Stadt der Frauen zum zweiten Mal in Esslingen, am Mittwoch wurde sie in der Villa Merkel als neue Bahnwärter-Stipendiatin vorgestellt.

Sie ist schnell in Gedanken und Gesten, verstummt dann, denkt nach. Die Position des Schriftstellers ist auch immer die von jemandem, der heraustritt aus der Welt, zuschaut von oben, sieht was die Figuren machen, wie sie sich verhalten. Zwei Romane hat sie bisher geschrieben, beide sind bei Suhrkamp erschienen. Überhaupt hat Bußmann den Olymp der deutschsprachigen Literatur schnell erklommen. Sie gab einen Auszug aus ihrem ersten Roman „Große Ferien“ beim Ingeborg-Bachmann-Preis zum Besten und errang den dritten Platz. Schreibwerkstätten und Lesungen folgten, Kontakte mit Lektoren ergaben sich, dann kam der Buchvertrag.

Ihr Roman „Große Ferien“ handelt von einem Lehrer, der nicht mehr in die Schule zurückkehren will. Figuren, die sich verweigern? „Ich kann das nicht so eindeutig sagen“, sagt sie. Sie weiß nicht alles über ihre Figuren, bevor sie sie durch die Welt ihrer Romane wandern lässt. „Ich erschreibe mir die Charaktere“, sagt sie. Sie gibt ihnen Berufe, Vergangenheit, Geschichte, während der Roman Gestalt annimmt.

Ihr zweiter Roman trägt den wunderschönen Titel: „Der Mantel der Erde ist heiß und teilweise geschmolzen“. Es ist die Geschichte um die 32-jährige Geophysikerin Nelly, die in Nicaragua verschwindet und die von einer Freundin gesucht wird. Die Freundin reist nach Managua, quartiert sich in Nellys altem Zimmer ein, liest ihre Aufzeichnungen und Tagebücher, getrieben von einer seltsamen Obsession, die abzulenken scheint von ihrem eigenen Leben. Eine Suche, die mehr und mehr die Züge einer Flucht annimmt.

Sechs Jahre hat die gebürtige Frankfurterin an diesem Buch geschrieben, begonnen hat sie es schon während ihrer Studienzeit in Warschau und Berlin. „Ein poetisches und komplexes Erzählnetz, das einen starken Sog entwickelt und seine Leser fesselt“, so beschreibt der Esslinger Oberbürgermeister Jürgen Zieger die Qualitäten des Romans.

Poetisches und komplexes Erzählnetz

Er ist gewissermaßen der Schirmherr des Bahnwärter-Stipendiums, mit dem die Stadt Esslingen Literaten und bildende Künstler auszeichnet. Das Stipendium beinhaltet nicht nur eine monatliche Unterstützung, sondern auch Wohnrecht im Esslinger Bahnwärterhaus. Dafür erwartet die Stadt, dass der Geehrte am literarischen Leben der Stadt teilnimmt oder Impulse aussendet. Ein Büro in der Berliner Straße hat sich Nina Bußmann zum Schreiben schon angemietet. Einen wichtigen Impuls stellt auch das Literaturfestival Lesart dar.

Dort wird Nina Bußmann am Donnerstag, 22. November, auftreten. Im Kutschersaal der Stadtbücherei Esslingen wird die Schriftstellerin Katja Lange-Müller eine Laudatio halten. Die Veranstaltung beginnt um 19.30 Uhr.

Und dann gibt es auch noch einen dritten Roman, der sicherlich zum Teil in Esslingen entstehen wird. Die Hälfte davon hat sie schon geschrieben. Doch wer dieses Buch bevölkert, darüber verrät sie nichts, damit nichts schiefgeht. „Ich bin da ein bisschen abergläubisch“, sagt sie.