Der Hörgerätelladen am Esslinger Athleteneck behilft sich mit einer mobilen Rampe. Anders als viele andere Aufstieghilfen ist sie tatsächlich behindertengerecht. Foto: Horst Rudel

In der Innenstadt sind die Interessen des Denkmalschutzes und die behinderten Menschen nur schwer vereinbar. Doch es gibt auch originelle Lösungsansätze.

Esslingen - „Man kann schon was machen.“ Seit Oktober koordiniert Friedemann Joestel die Inklusionsarbeit in der Esslinger Stadtverwaltung. Die Einladung des Bürgerausschusses Innenstadt, zusammen mit behinderten Menschen die Altstadt zu durchstreifen und auf ihre Barrierefreiheit zu testen, hat Joestel gerne angenommen: „Es ist gut, wenn man miterlebt, auf welche Probleme Menschen stoßen, die mit Rollator oder Rollstuhl unterwegs sein müssen“, sagt er, „da werden einem manche Dinge, die verändert werden müssten, erst richtig bewusst.“

Auf der mobilen Rampe ins Geschäft

Bei der Runde, die am Athleteneck, also an der Ecke Pliensaustraße/Unterer Metzgerbach beginnt, wird aber auch gleich deutlich, dass sich zumindest einige Händler durchaus Gedanken über die Barrierefreiheit gemacht haben. Die Mitarbeiterin des Hörgeräteladens kommt, sobald sie den Rollstuhlfahrer sieht, mit einer mobilen Aluminiumrampe aus dem Laden. Eine Dauerlösung, so erzählt sie, habe die Stadt aus denkmalschutzrechtlichen Gründen abgelehnt.

Während diese kurze Rampe noch vergleichsweise flach ist, stoßen die Rollstuhlfahrer im nahegelegenen Sportgeschäft an ihre Grenzen. Auch dort gibt es im Laden eine Rampe. Die wiederum eignet sich bestenfalls für Kinderwägen. Schwere Rollstühle haben keine Chance, diese Klippe zu überwinden. Das ist auch gut so, denn man mag sich gar nicht vorstellen, wie die einmal nach oben Gelangten die unumgängliche Abfahrt überstehen sollen.

Treppenstufen begegnen der Gruppe auf dem gesamten Weg durch die Innenstadt. Gelegentlich haben die Händler Klingeln angebracht, mit denen sich die Rollstuhlfahrersich bemerkbar machen und Hilfe anfordern können. Doch oft heißt es für sie schlicht: Wir müssen leider draußen bleiben. Viel Kummer bereitet ihnen auch die Straßenbeläge: Die Rumpelstrecken, die durch die mittelalterliche Pflasterung entstehen, sorgen bei vielen für körperliche Schmerzen.

Auch kleine Schritte helfen

Resignieren will Friedemann Joestel aber nicht. Wichtig sei es zunächst, in der Verwaltung, im Gemeinderat und in der Bevölkerung ein Bewusstsein für die Probleme von Behinderten zu schaffen. Es sei schon viel gewonnen, wenn etwa die Mülltonnen nicht mitten auf die Fußgängerwege gestellt würden oder Geschäfte und Restaurants jene Wege nicht mit Warenkörben oder Tischen zustellen würden, die für behinderte Menschen geeigneter seien als die Plasterwege.

Aber auch die Stadt sieht Joestel in der Pflicht: der Ausbau barrierefreier Bushaltestellen müsse man vorangetreiben, wichtige Ampelanlagen mit akustischen Signalen ausstatten und Gehwege verbreitern. Unhaltbar sind aus seiner Sicht die Zustände am Bahnhof. Man müsse in Gesprächen mit der Bahn Lösungen suchen, damit die Aufzüge nicht ständig ausfallen.