Dem Tierschutzverein Esslingen und letztlich auch seinen Schützlingen im Tierheim ist ein Schaden von mehr als 26 000 Euro entstanden. Foto: Horst Rudel/Archiv

Ein Ehepaar gibt vor Gericht zu, es habe mit Rechnungen für nicht erbrachte Leistungen 56 000 Euro vom Tierschutzverein Esslingen und einer Tierarztpraxis ergaunert. Der 65-jährige Angeklagte war der Vorsitzende des Vereins.

Esslingen - Das Schöffengericht des Amtsgerichts Esslingen hat einen ehemaligen Vorsitzenden des Tierschutzvereins Esslingen und dessen Ehefrau wegen Untreue zu Bewährungsstrafen von einem Jahr, beziehungsweise acht Monaten verurteilt. Die beiden haben zugegeben, den Verein und eine ehemals auf dessen Gelände befindliche Tierarztpraxis mit fingierten Rechnungen um insgesamt rund 56 000 Euro betrogen zu haben.

Der heute 65-Jährige und seine 51 Jahre alte Frau haben sich demnach in den Jahren von 2009 bis 2013 regelmäßig auf Kosten des Vereins und der Praxis bereichert. Insgesamt haben sie 59 Rechnungen ausgestellt, ohne je eine Leistung dafür erbracht zu haben. Dafür haben sie ihre Positionen weidlich ausgenützt, denn der Angeklagte war im Jahr 2009 zum ehrenamtlichen Vorsitzenden des Tierschutzvereins Esslingen gewählt worden, und er war außerdem der kaufmännische Geschäftsführer der Praxis, für die er mit 30 Prozent als Gesellschafter eingetragen war. Die restlichen Anteile an der inzwischen insolventen Tierarztpraxis hielten die ärztliche Geschäftsführerin zu 30 und der Tierschutzverein zu 40 Prozent.

Keine Aufträge oder Dokumentationen

Die Frau des Angeklagten war die Geschäftsführerin einer Beraterfirma, mit der die beiden Institutionen zusammenarbeiteten. So war der Weg frei, sich auf illegale Weise Geld abzuzweigen. Da wurden beispielsweise Honorare verlangt für „betriebswirtschaftliche Untersuchungen“, für Erhebungen „zur strategischen Ausrichtung“ des Vereins, zum „Umbau des Tierheims“ oder zur „Standortsuche“ für einen eventuellen Umzug der Praxis. Auch wurden von der Beratungsfirma munter Arbeitsstunden abgerechnet. Doch laut einem Kriminalbeamten im Zeugenstand sind bei diversen Durchsuchungen keine Aufträge oder Vereinbarungen, keine Dokumentationen oder Ergebnisse zu den in Rechnung gestellten angeblichen Leistungen gefunden worden.

Auch die berechneten Stundenzahlen seien angesichts der in der Beraterfirma angestellt en Mitarbeiterzahl „unplausibel“ gewesen. Und stets wurden die Überweisungen von dem jetzt auf der Anklagebank sitzenden Vereinsvorsitzenden angeordnet. Wofür er im Übrigen laut der Vereinssatzung bei einer Höhe von mehr als 1000 Euro gar nicht befugt gewesen wäre, ohne die anderen Vorstandsmitglieder miteinzubeziehen. Insgesamt entstand so ein Schaden von mehr als 29 000 Euro für die Praxis und 26 000 Euro für den Verein.

Die Betrügereien kamen nach und nach ans Licht, als die Tierarztpraxis wegen des Verdachts der Insolvenzverschleppung im November 2013 anonym bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart angezeigt worden war. Im darauffolgenden April folgte die Anzeige des Tierschutzvereins gegen das Ehepaar wegen Untreue und Beihilfe.

Die beiden Angeklagten gaben sich in der Verhandlung äußerst wortkarg. Sie hatten die Strafbefehle der Staatsanwaltschaft nicht anerkannt, weshalb es zur Verhandlung gekommen war. In der regten ihre Verteidiger ein Gespräch mit dem Gericht und der Staatsanwaltschaft an, um niedrigere Strafen für ihre Mandanten auszuhandeln. Im Fall der 51-Jährigen ist das gelungen. Sie wurde wegen der Beihilfe zur Untreue zu einer achtmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt – im Strafbefehl waren es noch zehn Monate gewesen. Sie muss zudem 150 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten.

Anwälte verlesen Geständnisse

Ihr Mann wurde, wie auch schon im Strafbefehl ausgesprochen, zu einem Jahr Gefängnis auf Bewährung verurteilt. Als Auflage muss er 250 Sozialstunden abarbeiten. Eine Geldauflage wurde vom Gericht als wenig sinnvoll erachtet, denn um die wirtschaftlichen Verhältnisse des Paares ist es nicht gut bestellt. Voraussetzung für die Verständigung von Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung waren vollumfängliche Geständnisse der beiden Angeklagten. Dass sie die ihnen vorgeworfenen Taten ohne Wenn und Aber einräumen, ließen sie über ihre Anwälte erklären.