Auf den beiden Sportplätzen neben dem Neckar-Center in Weil sollen rund 170 Wohnungen und Reihenhäuser entstehen. Foto: Horst Rudel

Mit dem Verkauf zweier Sportplätze neben dem Neckar-Center steigt die Stadt in die Umsetzung ihres Wohnraumversorgungskonzepts ein. Die Flüchtlingsnot macht schnelles Handeln notwendig

Esslingen - Der Esslinger Gemeinderat hat am Montag viele wichtige Entscheidungen getroffen. Die wichtigste und konkreteste ist erst im nichtöffentlichen Teil der Sitzung gefallen. Da hat das Gremium die zwei Sportplätze neben dem Neckar-Center im Stadtteil Weil an einen namentlich noch nicht bekannten Investor verkauft, der das Gelände nach den Vorgaben des Esslinger Wohnraumversorgungskonzepts (WVK) bebauen lassen will.

Entstehen sollen dort 129 Geschosswohnungen und 47 Reihenhäuser, in denen jeweils zu einem Viertel anerkannte Flüchtlinge, Menschen aus der Esslinger Notfallkartei, einkommensschwache Familien sowie der Investor zum Zuge kommen. Er kann bei seinen 25 Prozent entscheiden, ob er den Wohnraum vermieten oder verkaufen möchte. Weitere Details zu dem ersten Großprojekt im Rahmen des Wohnraumversorgungskonzepts will die Stadt an diesem Dienstag veröffentlichen.

Vier große, acht kleine Flächen zur Bebauung

Zuvor – in der öffentlichen Sitzung – hat das Gremium bereits den Grundsatzbeschluss für ein weiteres Paket zur Wohnraumversorgung gefasst, das unter anderem einen umfangreichen Wohnungsbau in der gleichen Konzeption wie in Weil vorsieht. Als Reaktion auf den nicht abreißenden Flüchtlingsstrom hatte der Esslinger Oberbürgermeister Jürgen Zieger im November dem Gemeinderat ein ganzes Maßnahmenbündel vorgeschlagen, das dieser nun in sogar noch leicht verschärfter Form gebilligt hat. Zum einen geht es um die Erstaufnahme von Flüchtlingen: Hier wird unter anderem die Kapazität des Notstandorts Neue Weststadt von 100 auf 300 Asylbewerber erhöht. Zudem entsteht im Industriegebiet Sirnau ein weiterer Notstandort mit 300 Betten.

Zum anderen will die Stadt vier große Flächen – den Bolzplatz an der Traifelbergstraße mit 3240 Quadratmetern, eine Teilfläche des TV Hegensberg mit 3000 Quadratmetern, das Sportgelände des TV Post mit 12 750 Quadratmetern und eine Teilfläche Im Greut mit 9000 Quadratmetern – an Investoren verkaufen. Diese sollen dort – analog zu den Bedingungen in Weil – 329 Geschosswohnungen für rund 1000 Menschen schaffen.

Zudem wirft die Stadt acht kleinere Flächen in verschiedenen Stadtteilen auf den Markt. In den 123 dort zu bauenden Wohnungen sollen – das ist das Ergebnis der Diskussionen der vergangenen Wochen – nicht alle vier Gruppen des WVK zum Zuge kommen. Es sollen vielmehr ganz oder zumindest zu großen Teilen Menschen mit geringem Einkommen und anerkannte Flüchtlinge unterkommen. Die soziale Durchmischung werde – so die Überzeugung des Rats – durch die enge Anbindung an die jeweiligen Stadtteile gewährleistet.

Bebauung im Jahr 2017 oder 2018

Die kleineren Baugrundstücke sollen schnellstmöglich, vielleicht schon im Januar, ausgeschrieben werden. Die vier größeren Flächen könnten nach Schaffung des notwendigen Planungsrechts voraussichtlich 2017 oder 2018 bebaut werden.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Andreas Koch betonte, die Stadt mache aus der Not eine Tugend. Nicht nur Flüchtlinge erhielten ein Dach über dem Kopf, sondern es werde auch bezahlbarer Wohnraum für die Esslinger Bevölkerung geschaffen: „Aber noch stehen wir am Anfang: Dem Grundsatzbeschluss müssen weitere Beschlüsse folgen. Koch betonte, dass bei allem berechtigten Diskussionsbedarf die Maßnahmen schnell umgesetzt werden müssten.

Diskussionsbedarf sieht – trotz der Zustimmung – Annette Silberhorn-Hemminger von den Freien Wählern. Ballungen von Sozialwohnungen oder gar Monostrukturen müssten verhindert, städtebauliche und qualitative Aspekte dürften nicht außer Acht gelassen werden. So könnten die Freien Wähler der Bebauung Im Greut nur dann zustimmen, wenn die Frischluftschneise dort erhalten bleibe. Die Vergabe der Grundstücke müsse transparent geschehen und die Belastung auf die Bürgerausschussbezirke möglichst gleichmäßig verteilt werden.

Jörn Lingnau, der Fraktionschef der CDU, unterstützt ebenfalls das Wohnraumkonzept. Er befürchtet aber, dass die Stadt mit ihren aktuellen Beschlüssen der Realität erneut nur hinterherhinken werde. Lingnau: „Es ist eine Vorlage, die uns Bauchschmerzen macht – aber auch eine Vorlage, die sicher nicht besser und kaum anders geht. So stimmen wir zu.“