Dieses Verkehrsschild hat Axel Maier-Wanner die Stoßstange demoliert. Foto: /Horst Rudel

In Esslingen soll ein Anwalt beim Ausparken drei Verkehrsschilder kaputt gemacht haben. Gerammt hat er allerdings nur eines. Und das war zuvor schon kaputt gewesen.

Esslingen - Etwa jeden zweiten Tag müssen die städtischen Bauarbeiter wegen demolierter Verkehrszeichen ausrücken. Etwa 180 Masten werden in Esslingen jährlich angefahren, Poller und andere Verkehrseinrichtungen sind da nicht mitgezählt. Etwa 100 Autofahrer melden sich bei der Stadtverwaltung, der Rest begeht Fahrerflucht.

Einer, der sich meldete, war der Esslinger Anwalt Axel Maier-Wanner. Bei ihm hatte es im November des vergangenen Jahres „Rums“ gemacht. Anstatt sein Auto brav in die Tiefgarage zu stellen, hatte Maier-Wanner auf dem Gehweg vor dem Esslinger Neckarforum in der Ebershaldenstraße geparkt. Beim Ausparken rammte er ein Verkehrsschild, wobei die Stoßstange seines Wagens verbogen wurde und das Schild in erhebliche Schräglage geriet.

Die Verkehrszeichen ruhen auf einer Feder

Doch hätte das nicht sein dürfen, denn an dieser Stelle verbaut die Stadt Verkehrszeichen, die auf einer Feder ruhen. Sie sind mit einem Spezialsystem namens Augustaflex ausgestattet, das der Bozener Hersteller Saedi ersonnen hat. Wenn man dagegen fährt, dann biegt sich laut Herstellerangaben das Verkehrszeichen um und richtet sich anschließend selbstständig wieder auf. Bei Axel Maier-Wanner hat sich das Verkehrszeichen zwar abgeknickt, aber nicht wieder aufgerichtet. Hochbiegen musste es der Anwalt selbst, woraus der Jurist schloss, das Federteil sei defekt gewesen.

Die Stadtverwaltung bezeichnet das System Augustaflex als ein „sehr hochwertiges und leider auch sehr teures Qualitätsprodukt“, welches zuverlässig seinen Dienst tue. Es habe der Stadt schon sehr viel Arbeit und Kosten erspart, eben weil viele Fahrer flüchteten, wenn sie ein Verkehrsschild gerammt hätten. Allerdings funktioniere der Mechanismus der Augustaflex nur bis zu einer Biegung von 40 Grad, sagt die Stadt.

Wenige Zeit nach dem Unfall erreichte den Anwalt ein Schreiben seiner Autoversicherung. Ihr waren von der Stadt drei dieser Augustaflexe in Rechnung gestellt worden. Maier-Wanner aber war sich ganz sicher, dass er nur ein Verkehrsschild getroffen hatte. Das brachte ihn so auf die Palme, dass er sofort dagegen klagte und nicht erst auf einen außergerichtlichen Vergleich zusteuerte.

Der Stadt war kein Schaden entstanden

Denn die Rechnung war nicht nur dreimal zu teuer, sie war an sich auch grundfalsch gewesen, wie das Esslinger Amtsgericht in einem Urteil vom 13. November bestätigte. Ein Gutachter, den Maier-Wanner bestellt hatte, fand heraus, das System sei schon vor dem Unfall defekt gewesen. Als Beweis dienten die charakteristischen Verformungen an Maier-Wanners Stoßstange, die dem Gutachter zeigten, dass das System Augustaflex nicht funktioniert hatte. Also war der Stadt durch Maier-Wanner jedenfalls kein Schaden entstanden.

Das Amtsgericht Esslingen schloss sich der Meinung des Gutachters an und gab dem Anwalt recht. Damit wurde aus einer Rechnung von rund 1227 Euro eine Rechnung von etwa 50 Euro. Soviel verlangten die Mitarbeiter des Bauhofes, um vor Ort zu fahren und den Schaden festzustellen. „Das habe ich ja durch meinen Unfall veranlasst, das ist okay“, sagt der Anwalt.

Die Stadt sagt, sie habe damals durch die Polizei eine Schadensmeldung erhalten. Die Facharbeiter vor Ort stellten fest, dass äußerlich eine Delle vorhanden war und das innen liegende Federsystem nicht mehr funktionierte. Dass das System schon vor dem Unfall kaputt gewesen sei, sei aber nicht zu erkennen gewesen. Weil Axel Maier-Wanner bis zum Schluss Vergleiche energisch abgelehnt habe, und weil sich seine Klage auf einen Betrugsvorwurf stütze, konnte die Stadt den Schaden nicht einfach anerkennen und habe das Gerichtsurteil abgewartet. Dass statt einem Verkehrsschild drei Schilder berechnet wurden, sei ein simpler Buchungsfehler gewesen.

Trotz gewisser Diskrepanzen des Urteils beabsichtigt die Stadtverwaltung nach Aussage des Rechtsamtes nicht, in eine Berufung zu gehen. „Nachdem der Sachverständige für die Stadt nachvollziehbar dargelegt habe, dass – trotz fehlender Erkennbarkeit – ein Vorschaden an dem System Augustaflex vorhanden gewesen war“, schreibt die Stadt.

Das ganze Verfahren hat den Beteiligten eine Menge Zeit abverlangt und ordentlich Kosten verursacht. Die Stadt muss jetzt voraussichtlich 4600 Euro bezahlen. Darin enthalten sind 213 Euro Gerichtskosten, rund 4000 Euro für den Gutachter und 367 Euro Anwaltskosten. Plus natürlich die Arbeitszeit ihrer Rechtsabteilung.