Auch das Podium-Festival gibt mit zeitgenössischer Musik Gastspiele im Central-Theater Foto: Horst Rudel

Das Central-Theater hat es geschafft, auch eine dritte Saison zu finanzieren. „Der Gott des Gemetzels“ kommt wieder auf die Bühne und „Der Vorname“. Mit einer großen Gala feiert das freie Theaterhaus am Samstag seinen zweiten Geburtstag.

Esslingen - Es gab nicht wenige Stimmen in Esslingen, die dem Central-Theater höchstens eine Saison gegeben hätten. Dass die quirlige Bühne mit einer großen Gala heute Abend den zweiten Geburtstag feiern würde, und damit ins dritte Lebensjahr geht, ist vor allem dem Leitungsteam bestehend aus Julia Rohn und Philipp Falser zu verdanken. Neu ist in dieser Saison, dass die Zahl der Aufführungen noch einmal ansteigen wird – und zwar von 60 auf 80 Aufführungen, die der Trägerverein „Kunstdruck“ bis September stemmen wird.

Das Programm in diesem Jahr steht schon weitgehend. Das sehr erfolgreiche Stück über die Fassaden der Wohlstandsbürger mit dem Titel „Der Gott des Gemetzels“ der Französin Yasmina Reza kommt wieder auf die Bühne. Neu im Programm ist die Komödie „Der Vorname“ von Matthieu Delaporte und Alexandre de la Patellière. Das Stück beleuchtet, was geschehen kann, wenn ein junges Paar partout darauf besteht, das Ungeborene auf den Namen „Adolf“ taufen zu wollen.

Das „Theater im Dunkel“ ist für Blinde gedacht sowie für Menschen, die nachempfinden wollen, wie sich das Leben blinder Menschen anfühlt. Bei diesen Aufführungen ist der Zuschauerraum und die Bühne ganz in Dunkel gehüllt. Gesprochen werden Texte unter anderem von Hilde Domin und Rose Ausländer.

Darüber hinaus hat das Central-Theater Schauspiel-Kollektive aus Berlin und Leipzig eingeladen. Für die Akteure aus dem Osten Deutschlands sei es eine willkommene Abwechslung in Süddeutschland zu spielen. „Allerdings empfehlen wir, nicht mehr als eine Aufführung zu machen, da sich mehrere Aufführungen erfahrungsgemäß schlecht verkaufen“, berichtet Philipp Falser. Offensichtlich setzt das Esslinger Publikum lieber auf die lokalen Akteure.

Kultur am Rande spielt „Liebe in Zeiten von Hartz IV“

Deswegen findet die lokale freie Theaterszene auch ihren Platz im Central-Theater. „Kultur am Rande“ wird ein von Langzeitarbeitslosen gespieltes Stück über die Arbeitslosigkeit bringen, es trägt den Titel „Liebe in Zeiten von Hartz IV“. Die Regie führt Werner Bolzhauser. Dass ohne Förderung kein künstlerisches Theater überleben kann, ist wohl ein Naturgesetz, das seit dem 17. Jahrhundert gültig ist. Immerhin hat es das Central-Theater geschafft, Produktionen auf die Beine zu stellen, die bis zu 40 Prozent von den Einnahmen finanziert werden.

Für ein staatliches oder städtisches Theaterhaus ist eine solch hohe Einnahmen-Quote trotz ausverkaufter Vorstellungen unerreichbar. Es bedeutet im Umkehrschluss aber auch, und das gibt Philipp Falser unumwunden zu, dass die meisten Schauspieler, Bühnenbildner und Regisseure weit unter ihrem Wert arbeiten müssen.

Vor zwei Jahren war Philipp Falser mit seiner Truppe auch angetreten, richtig auf den Putz zu hauen mit Stücken, die sich dem breiten Publikumsgeschmack entziehen. Damals haben sie auch reines Dada-Theater gespielt: Es kam ein einziger Zuschauer. „Man lernt auch Demut“, sagt Falser mit einem Lachen.

Das Central-Theater versteht sich aber eben nicht nur als Ort der kulturellen Bildung und Teilhabe, sondern als Forum für alle Arten von Theaterbegeisterten. Egal welche Ausbildung, egal welchen Hintergrund jemand hat, er hat grundsätzlich die Möglichkeit, dort mitzuarbeiten. Und manche scheinen dort neben ihrem Beruf auch ihre Berufung zu finden, „einer unserer Mitarbeiter hat seinen Job verkürzt, um Zeit für das Schauspiel zu haben“.

Laientheater zu ermöglichen, ist ein weiterer kultureller Auftrag des Central. Dabei denkt Philipp Falser ähnlich, wie es der Esslinger Oberbürgermeister Jürgen Zieger in der jüngsten Gemeinderatssitzung beim Thema Teilhabe formuliert hat. Kultur sei die Basis, die die immer mehr zerfallende Gesellschaft zusammenhält.

Das älteste erhaltene Kino in Süddeutschland

Für die Teilhabe zeichnet Julia Rohn verantwortlich, die auch das Theater für Blinde organisiert. Damit schlägt das Theater zwei Fliegen mit einer Klappe. Zum einen erfüllt es so einen erweiterten Bildungsauftrag, zum anderen können sich dadurch weitere Fördertöpfe öffnen. Die reine Kulturförderung mache beim Central-Theater ungefähr die Hälfte der Förderung aus, sagt Falser. Gesichert ist das Programm bis September, wie es dann weitergeht, wissen Julia Rohn und Philipp Falser nicht. „Ich brenne für das Theater, aber ich verbrenne dafür nicht“, sagt Falser. Er geht davon aus, dass er von September an das Theater mit einer schwarzen Null schließen könnte. Dann hätte die Stadt wieder ein großes Problem: Das sehenswerte Central-Theater ist das älteste Kino in Süddeutschland und steht unter Denkmalschutz. Deswegen kann es nicht einfach umgebaut, abgerissen oder anderweitig genutzt werden.