Solche Müllberge sollen mit dem neuen System vermieden werden. Foto: Archiv (epd/Heike Lyding)

In Marbach und Steinheim ist das Interesse an den neuen Behältern für Essen to go gering, obwohl die Idee grundsätzlich immer weitere Kreise zieht.

Die abenteuerliche Flut an Verpackungsmüll sollte eingedämmt werden, überquellende Abfalleimer im Straßenbild der Vergangenheit angehören. Das war zumindest die Hoffnung, die in Marbach und Steinheim mit der Einführung des Mehrwegsystems beim Essen zum Mitnehmen verbunden war. Allerdings fällt das Resümee nach den ersten Monaten ernüchternd aus. Sowohl in der Schiller- als auch in der Urmenschstadt klinkte sich nur ein einziger Betrieb in das Programm von „Local to go“ ein, obwohl die Kommunen sogar mit einer Anschubfinanzierung gelockt hatten.

Kein Zuschuss mehr

Leider sei ihres Wissens zwischenzeitlich kein weiterer Gastronom hinzugestoßen, der seine Mahlzeiten und Getränke in den Mehrweg-Boxen ausgibt, sagt die Steinheimer Klimaschutzmanagerin Rebecca Roller. „Die Förderung ist mittlerweile auch ausgelaufen“, fügt sie hinzu. Gleichwohl muss das nicht das letzte Wort sein. Sollte das Thema beispielsweise vonseiten des Gemeinderats nochmals forciert werden, sei es denkbar, erneut die Werbetrommel rühren.

Bis zu 40 Schalen werden pro Tag ausgegeben

Quasi als Blaupause für Gastronomen könnte dann der Steinheimer Unverpackt-Laden dienen, der vom Start weg auf die Schalen und Becher von „Local to go“ aus Cleebronn geschworen hatte. Denn dort zeige sich, dass das Ganze sehr wohl und sogar sehr gut funktioniert, betont Roller. Das bestätigt Tanja Fischer von Steppi-Urverpackt, wie das Geschäft in der Kleinbottwarer Straße heißt. Kunden können hier Gerichte wie Kichererbsencurry und Minestrone, aber auch Kaffee, Müsli oder Haferflocken in den wiederverwertbaren Behältern nach Hause transportieren und irgendwann wieder vorbeibringen, um das Pfand zu kassieren. An manchen Tagen würden bis zu 40 Mehrweggeschirr-Boxen in Umlauf gebracht, manchmal auch nur zwei. „Das ist unterschiedlich. Vor allem am Anfang war es extrem viel“, sagt Tanja Fischer. Die hohe Nachfrage zu Beginn sei speziell darauf zurückzuführen, dass einige Kunden noch nicht so recht wussten, wie der Hase in einem Unverpackt-Laden läuft und Waren deshalb in dem Local-to-go-Geschirr mitgenommen haben.

Mittlerweile seien die Leute besser gewappnet und brächten eigene Behälter zum Einkauf mit. So oder so will Fischer an dem System festhalten. „Das ist eine super Sache“, findet sie – und legt die Boxen auch anderen Betrieben ans Herz. Bei der nächsten Versammlung der Steinheimer Selbstständigen werde man das Konzept vorstellen.

Neue Initiative denkbar

Der Marbacher Bürgermeister Jan Trost hält die Idee ebenfalls weiter für sehr gut, selbst wenn in der Schillerstadt seines Wissens nach unverändert bislang nur die Labag für eine Teilnahme begeistert werden konnte. Er könne sich vorstellen, dass man zu gegebener Zeit nochmals auf jene Gastronomen zugeht, die auf Essen to go setzen. Dass der Funke bislang nicht übergesprungen ist, liege möglicherweise daran, dass das Thema Mahlzeiten zum Mitnehmen in den Hintergrund gerückt sei, nachdem die Restaurants nach dem Lockdown wieder regulär öffnen durften.

Geschäftsfrau rät zu neuem Vorstoß

Stefanie Fischer, die Geschäftsführerin von „Local to go“, kommt bei der Ursachenforschung für den Stotterstart in Steinheim und Marbach hingegen zu einem anderen Ergebnis. „Ich glaube, dass wir damit erst ganz am Anfang stehen. Auch das Thema Mehrweg war noch nicht so präsent“, sagt sie. Die Wirte hätten wegen der Corona-Krise weniger einen Kopf für solche Fragen gehabt als vielmehr zusehen müssen, wie sie unbeschadet durch die Krise kommen. Insofern seien die beiden Kommunen, wenn man so wolle, als Pioniere des Mehrwegsystems womöglich einfach einen Tick zu früh dran gewesen. „Im zurückliegenden Jahr hat sich aber viel getan. Ich denke also, dass es sich für die beiden Städte lohnen würde, einen neuen Vorstoß zu unternehmen“, betont Stefanie Fischer.

Mehr als 60 Partner-Betriebe

Der Kreis ihrer Partnerbetriebe sei jedenfalls gewachsen, mit 65 Anbietern mache ihr Start-up schon gemeinsame Sache. Möglingen unterstütze beispielsweise nun als Gemeinde das System, mit einer weiteren Kommune im Landkreis Ludwigsburg bahne sich eine Kollaboration ein. „Das hat Zukunft, wir sparen damit unheimlich viel Müll ein“, ist die Geschäftsfrau von dem Modell überzeugt. Außerdem frage der Kunde verstärkt nach nachhaltigen Lösungen, wolle sich von Einweg-Geschirr verabschieden. Und nicht zu vergessen: Das Essen schmecke aus den mehrfach verwendbaren Boxen schlicht besser als aus Alu- oder Styropor-Tellern, zählt Stefanie Fischer ein weiteres Argument auf.