Brandanschlag auf zwei Fahrzeuge der SPD-Abgeordneten Michelle Müntefering in Herne: Polizei und Feuerwehr waren schnell zur Stelle.Michelle Müntefering hat sich kritisch zur Türkei geäußert. Foto: dpa

Im Wahlkampf werden immer häufiger die Grenzen überschritten. Die Fahrzeuge der Bundestagsabgeordneten Michelle Müntefering brennen und die Ehefrau von Außenminister Sigmar Gabriel muss sich wegen dessen Arbeit beschimpfen lassen.

Berlin - Zwei deutsche Politiker sind Opfer von Anschlägen und Drohungen geworden. In Herne verübten Unbekannte einen Brandanschlag auf zwei Fahrzeuge der Bundestagsabgeordneten Michelle Müntefering (SPD). In Goslar musste die Ehefrau von Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) offenbar eine aggressive Ansprache auf dem Anrufbeantworter erdulden, die Gabriel Medienberichten zufolge als bedrohlich empfand und die er in einen Zusammenhang mit seiner harten Haltung gegenüber dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan stellt.

Sowohl das Privatauto als auch ein Wahlkampfauto von Michelle Müntefering, der Ehefrau des ehemaligen SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering, standen in der Nacht auf Dienstag in Flammen. Laut Polizei sind die Scheiben eingeschlagen worden, dann sei Feuer im Innenraum gelegt worden, womöglich durch einen so genannten Molotowcocktail. Die Polizei habe den Brand noch vor dem Eintreffen der Feuerwehr löschen können, über die Höhe des Schadens ist noch nichts bekannt. Die Polizei ist von einer Straftat überzeugt: „Es handelt sich definitiv um Brandstiftung, wir schließen einen politischen Bezug nicht aus.“ Die Ermittlungen habe deshalb die Staatsschutzstelle der Bochumer Kriminalpolizei übernommen. Die Ermittler betonten jedoch zugleich, dass das Motiv noch völlig unklar sei. Ermittelt werde in alle Richtungen.

Michelle Müntefering ist Vorsitzende der deutsch-türkischen Parlamentariergruppe des Bundestags. Wiederholt kritisierte sie den türkischen Staatspräsidenten Erdogan, zuletzt vor wenigen Tagen, als sie sich dessen Einmischung in die Bundestagswahl verbat. Erdogan hatte die türkischstämmigen Wahlberechtigten in Deutschland aufgerufen, nicht Union, SPD und Grüne zu wählen, weil diese türkeifeindlich seien.

Lokale Spur

Die Polizei erinnerte auch an eine lokale Spur. Im nordrhein-westfälischen Landtagswahlkampf wurden, ebenfalls in Herne, vor wenigen Wochen gegen Fahrzeuge des CDU-Landtagsabgeordneten Sven Rickert Anschläge nach dem gleichen Muster verübt. Mitte Mai gingen zwei seiner Wahlkampffahrzeuge in Flammen auf, Ende Juni ein drittes. Auch hier ermittelt der Staatsschutz. Müntefering wollte sich zu möglichen Motiven unter Verweis auf die Ermittlungen nicht äußern, zeigte sich in einem Facebook-Eintrag aber „entsetzt über die hohe kriminelle Energie“.

Die Polizei in Goslar hat indes einen Anruf bei der Ehefrau von Außenminister Sigmar Gabriel bestätigt, der sich auf dessen politisches Wirken bezogen habe. Nach „erster Einschätzung“ seien dabei „keine Straftatbestände erfüllt“, heißt es in einer Erklärung. Der Anrufer sei „identifiziert und polizeilich bekannt“. Eine Gefährdungslage, die über die ohnehin bestehende Gefährdungseinschätzung hinaus gehe, „lag zu keinem Zeitpunkt vor“.

Gabriel hatte den Vorgang am Rande von Wahlkampfterminen in Rheinland-Pfalz öffentlich gemacht und dabei auf sein angespanntes Verhältnis zu Präsident Erdogan Bezug genommen. „Über die Art und Weise, wie Erdogan das macht, fühlen sich einige offensichtlich motiviert und versuchen, meine Frau zu bedrängen und zu belästigen“, sagte der SPD-Politiker. Dies sei ein „schlimmes Ereignis“. Erdogan hatte Gabriel am Samstag persönlich attackiert.