Das ESC-Finale in Rotterdam ist der Corona-Pandemie zum Opfer gefallen. Am Samstag laufen im Fernsehen gleich zwei Alternativen. Foto: dpa/Koen Van Weel

Am Samstag hätte in Rotterdam das ESC-Finale stattfinden sollen. Stattdessen gibt es gleich zwei Alternativen. In der ARD wird ein deutsches Finale mit zehn Konkurrenten zu sehen sein, parallel dazu läuft der von Stefan Raab erfundene „Free European Song Contest“.

Hamburg - Für die Fans des Eurovision Song Contests (ESC) wäre der kommende Samstag eigentlich ein Feiertag. In Rotterdam sollte das ESC-Finale stattfinden, weltweit hätten sich über 200 Millionen Menschen an Windmaschinen, Bühnenfeuerwerk, Skurrilitäten und einzelnen Liedern mit Hitqualität erfreut. Nach der coronabedingten Absage vor knapp zwei Monaten wollen in Deutschland die ARD und als Konkurrenz Stefan Raab mit einem neuem Wettbewerb bei ProSieben die Fans nun anders erfreuen. Dass die Konkurrenz gut tut, erscheint allerdings zweifelhaft.

An Stelle des ursprünglich geplanten großen Showprogramms mit der Einleitung auf der Reeperbahn und dann dem Finale aus Rotterdam zeigt die ARD am Samstagabend ein eigenes deutsches ESC-Finale mit zehn Konkurrenten, parallel startet ProSieben den von Stefan Raab erfundenen „Free European Song Contest“ mit mindestens 15 Teilnehmern.

ARD-Variante mit Barbara Schöneberger

Für die ARD präsentiert die schon lange zum deutschen ESC-Inventar gehörende Barbara Schöneberger aus der Hamburger Elbphilharmonie die zehn bei den Fans beliebtesten Hits der ursprünglich 41 diesjährigen ESC-Teilnehmer.

In der deutschen Show singt Deutschlands Kandidat Ben Dolic außer Konkurrenz. Den in Deutschland beliebtesten Starter dieses verlorenen ESC-Jahres machen Dänemark, Malta, Schweden, Bulgarien, Aserbaidschan, Russland, Italien, die Schweiz, Litauen und Island untereinander aus.

Die deutsche Vorauswahl deckt sich in großen Teilen mit Fanvotings, die unter den leidenschaftlichen Anhängern des ESC überall in Europa stattfanden. Besonders in einem Land dürfte deshalb der Frust groß sein: Island wäre vermutlich gerade in allen Wettbüros weit vorn.

Dadi og Gagnamagnid dominiert die Fanabstimmungen

Dadi og Gagnamagnid mit seinem „Think about things“ dominiert die Fanabstimmungen. Die Band mit ihrem 2,08 Meter großen Sänger hätte dem kleinen Island womöglich den ersten Sieg seiner seit 1986 andauernden ESC-Geschichte bescheren können.

Dass die Frage des wirklichen ESC-Siegers unbeantwortet bleiben wird, ist eine der schmerzlichen Lücken des diesjährigen Wettbewerbs. Viele Fans hatten sich statt der frühzeitigen Absage lieber eine Verschiebung gewünscht oder alternativ am geplanten Starttag ein anderes Showformat, aus dem ein Sieger hervorgegangen wäre.

Warum dies nicht möglich war, bleibt rätselhaft. Denn die Sender der europäischen Rundfunkunion EBU betreiben am Samstag einen enormen Aufwand. Nach der deutschen Show gibt es die europaweite Sendung „Europe Shine a Light“, in der mit Liveschalten über den gesamten Kontinent aus dem niederländischen Hilversum die Starter geehrt werden sollen - eine Ehrung statt eines Wettbewerbs erscheint ein zweifelhaftes Ersatzkonzept für den von seinen Fans geliebten Wettbewerb.

15 Länder bei „Free European Song Contest“

Zweifelhaft erscheint aber auch, ob Stefan Raab die Lücke schließen kann. Der 2015 vom Bildschirm entschwundene Tausendsassa stampfte als Produzent mit seinem „Free European Song Contest“ eine Alternative aus dem Boden, die zwar einen echten europäischen Wettbewerb mit einem Sieger haben wird. Es werden aber nur gut 15 Länder daran teilnehmen und damit weit weniger als beim ESC, offenbar konnte Raab in der Kürze der Zeit international nur begrenzt begeistern.

Raab macht um den von der österreichischen ESC-Siegerin Conchita Wurst moderierten Wettbewerb noch ein großes Geheimnis. So ist auch wenige Tage vor der Show unklar, wer am Samstag antreten wird. Nach der Eigenwerbung sollen es herausragende Künstler sein. Der Beweis steht noch aus.

Kurz vor den beiden Trostpflastershows von ARD und ProSieben scheint damit nur eines absehbar: Die Sender werden sich gegenseitig die Zuschauer wegnehmen.