Angst ist ein schlechter Ratgeber – auch in der Geldanlage. Foto: dpa

Banken und Sparkassen sollten Sparer mit der Welt der Aktien besser vertraut machen. Warum nicht mal statt des Weltspartags einen für alle offenen Workshop zur Geldanlage anbieten, fragt Redakteurin Sabine Marquard

Stuttgart - Sind Sie ein Mensch, der bei der Geldanlage kein Risiko eingehen will und ganz auf Sicherheit bedacht ist? Dann kommt für Sie keine gute Nachricht aus Frankfurt: Der Leitzins im Euroraum bleibt auf dem Rekordtief von null Prozent. Die Europäische Zentralbank (EZB) wird die von Sparern ersehnte Zinswende frühestens im Herbst 2019 einleiten. Auf dem Tagesgeldkonto oder auf dem Sparbuch wird diese aber noch lange nicht zu spüren sein. Vermutlich wird die Notenbank zuerst nach und nach die Strafzinsen für Kreditinstitute verringern, bevor sie dann in homöopathischen Dosen den Leitzins anheben wird. Und dann wird es erfahrungsgemäß noch ein halbes Jahr dauern, bis die steigenden Sparzinsen beim Verbraucher ankommen.

Man muss nicht unken, um festzustellen, dass noch gut und gerne zwei weitere Jahre vergehen werden, bis sich möglicherweise eine Zinswende, die den Namen verdient, einstellen wird. Die zwei Billionen – oder 2000 Milliarden – Euro, die auf deutschen Spar- und Terminkonten unverzinst schlummern, werden derweil immer weniger wert. Zwei Prozent jedes Jahr frisst die Inflation auf. Gute Lohnabschlüsse in vielen Branchen und vor allem steigende Energiekosten treiben die Verbraucherpreise. Anders ausgedrückt: Um zwei Prozent müssten sich Spargelder jährlich verzinsen, damit die Kaufkraft der Ersparnisse erhalten bleibt. Von einer guten Geldanlage, die eine anständige Rendite abwirft, ist dabei noch gar keine Rede.

Bloß kein Risiko

Allein von zwei Prozent Zinsen sind wir im Sparbereich weit entfernt. Bald zehn Jahre dauert nun schon die Niedrigzinsphase an, seit fünf Jahren liegen die Zinsen im Null-Komma-Bereich. Doch das Anlageverhalten der meisten Deutschen ändert sich nicht – sie warten auf bessere Zinsen. Ihr Credo lautet beständig: Bloß kein Risiko. Dabei birgt gerade das Nichtstun ein Risiko – das der schleichenden Geldentwertung.

Doch Angst ist ein schlechter Ratgeber. Das gilt auch für die Geldanlage. Das heißt nicht, dass Anleger nun alle Vorsicht über Bord werfen und voll ins Risiko gehen sollen. Viele Menschen parken seit Jahren große Summen auf einem Tagesgeldkonto und hadern mit der Geldpolitik von EZB-Präsident Mario Draghi. Rückblickend wäre es sinnvoll gewesen, in den letzten Jahren einen Teil davon in einen breit gestreuten Aktienfonds oder in einen ETF, also börsennotierten Indexfonds, angelegt zu haben. Sinnvoll wäre auch, sich mit dem Thema private Pflege zu beschäftigen und hier finanziell vorzusorgen, damit man, wenn sich Krankheiten und Gebrechen einstellen, nicht alt aussieht.

Ein Aktienclub kann Spaß machen

Doch wenn es um das Finanzielle geht, stecken die Menschen gern den Kopf in den Sand und verschieben das Thema auf später. Dabei kann es Spaß machen, sich mit der Welt der Aktien zu beschäftigen: zum Beispiel in einem Aktienclub gemeinsam mit Gleichgesinnten. Das geht in jedem Lebensalter. Im Netz tauschen sich beispielsweise Frauen aus, teilen Tipps miteinander. Warum sollte das nicht mit einer Oldiegruppe vor Ort gehen? Das wäre auch ein gutes Betätigungsfeld für Banken und Sparkassen – und eine vertrauensbildende Maßnahme obendrein. Sie könnten statt des alljährlichen Weltspartags mal einen für alle offenen Workshop zur Geldanlage anbieten. Ohne Verkaufsabschlüsse, dafür Basisarbeit leisten: Wie funktionieren Fonds, welche Kosten fallen an, worauf muss ich achten, was bedeutet eine Vorsorgevollmacht und vieles mehr. Sparkassen mit ihrem öffentlichen Auftrag und Volksbanken, die ihren Mitgliedern verpflichtet sind, wären dazu prädestiniert. Es gäbe viel zu tun.

sabine.marquard@stzn.de