Gut ausgebildete Erzieherinnen, hier Marisa Scharla und Tanja Eberhardt in der Kita der Uni Hohenheim, sind gesucht, Kommunen, Kirchen und Privatinitiativen umwerben sie. Foto: Peter-Michael Petsch

Ministerium gibt Einwilligung zur Stellenausschreibung zu spät – In Stuttgart starten 83 Männer und Frauen mit dualer Ausbildung.

Stuttgart - 37 Frauen und 13 Männer sind zum Feiern in die Fachschule für Sozialpädagogik in Botnang gekommen. Sie alle wollen an einer städtischen Kindertagesstätte Erzieher werden und sind Teil der insgesamt 83 Neulinge, die in diesem Schuljahr erstmals eine mit monatlich 750 bis 900 Euro bezahlte, praxisintegrierte Ausbildung (Pia) machen.

„Wir hatten nicht die geringste Mühe, die Stellen zu besetzen, sondern mehr Bewerber als Plätze“, sagte Sozialbürgermeisterin Isabel Fezer, als sie die neuen Azubis begrüßte. Sie sieht es als Beweis dafür, dass Pia ein Erfolgsmodell ist. Die Schulleiter der Evangelischen Fachschule für Sozialpädagogik in Botnang, der Hedwig-Dohm-Schule im Westen und des Schulzentrums Silberburg bestätigen dies: „Bei der großen Zahl der Anfragen von Kita-Trägern aus der ganzen Region hätten wir alle locker eine zweite Klasse aufmachen können“, sagt Heinz Hinz vom Schulzentrum Silberburg.

Fachschulen können wegen Lehrermangels nicht noch mehr Erzieherinnen unterrichten

Die schlechte Lehrerversorgung aber bremst die Kommunen, Kirchen und Privatinitiativen aus. Sie lassen viel Geld fließen – allein Stuttgart stellt für die Vergütung der 50 Azubis 600.000 Euro zur Verfügung –, doch die Fachschulen können wegen Lehrermangels nicht noch mehr Erzieherinnen unterrichten. Nur die Universität Tübingen biete eine Lehrerausbildung für Sozialpädagogen an, die mit dem zweiten Staatsexamen und, damit verbunden, der Lehrbefähigung abschließt. Nun, da die Ausbildung der Erzieherinnen massiv vorangetrieben wird, kann die Universität nicht so viele Lehramtsanwärter bieten, wie benötigt werden. Die Rektorinnen und Rektoren an den Fachschulen sind deshalb auf Sozialpädagogiklehrer aus Bayern angewiesen.

Besonders verärgert ist Anne Magner, die Rektorin der staatlichen Hedwig-Dohm-Schule, über das Land: „Wir durften im Januar nur eine von drei nötigen Lehrerstellen ausschreiben. Damals hatten wir etliche Bewerber und mussten ihnen absagen. Erst als der Markt leer war, als die sich schon anders orientiert hatten, hat man uns erlaubt, auch die beiden anderen Stellen auszuschreiben.“

Die privaten und kirchlichen Fachschulen kämpfen mit einer weiteren Baustelle

Die verbliebene Lehrer-Lücke an der Hedwig-Dohm-Schule müssen Teilzeitkollegen mit Überstunden füllen, und in der Stundentafel des Sozialwissenschaftlichen Gymnasiums und der Kinderpflegerinnen wird gekürzt. „Unsere Schule kann nun nicht mehr als 24 Erzieherinnen aufnehmen“, sagt Anne Magner. Am Schulzentrum Silberburg wird es bei 30, an der Evangelischen Fachschule für Sozialpädagogik bei 29 Schülern bleiben, weil auch dort zu wenig Lehrer gefunden wurden.

Die privaten und kirchlichen Fachschulen kämpfen mit einer weiteren Baustelle. Das Land hat zwar die neue Ausbildungsform geschaffen, „behandelt die Schulen, die seit Jahrzehnten erfolgreich ausbilden, aber so, als wären sie Neugründungen“, ärgert sich Heinz Hinz. Sie sind drei Jahre lang nur genehmigt, aber nicht staatlich anerkannt. Ändert sich das nicht, hätten die jetzigen Erzieherinnen in der praxisnahen Ausbildung keinen staatlich anerkannten Abschluss. „Ich habe das Problem beim Ministerium angesprochen“, sagt Birgit Deiss-Niethammer, Leiterin der Evangelischen Fachschule für Sozialpädagogik in Botnang. Man habe ihr versichert, die Sache werde „intensiv geprüft“. Isabel Fezer will es dabei nicht belassen: Ich werde noch mal ans Ministerium appellieren“, sagt sie entschlossen.

Was Birgit Deiss-Niethammer von dem nun eingeschlagenen Weg überzeugt, ist der hohe Bildungsgrad unter den Schülern. Mehr als die Hälfte hat Abitur, vier Bewerber haben die Fachhochschulreife, viele Um- und Quereinsteiger sind dabei und bringen „eine Qualität mit, die andere Erzieherinnen nicht haben“, sagt die Kita-Leiterin Inge Pomorin. Auf die hohe Männer-Quote sind alle zusammen stolz. Taky Ouattara ist einer von ihnen. Er hatte Erziehungswissenschaften studiert, konnte sein Studium nach der Zwischenprüfung aber nicht mehr mit einem Nebenjob finanzieren. „Mir macht die Arbeit mit Kindern viel Spaß, deshalb habe ich mich beim Jugendamt beworben und eine Stelle bekommen“, erzählt er.

Bei der Stadt Stuttgart gibt es 1800 volle Stellen für Erzieherinnen. Vergangene Woche sind, so der stellvertretende Jugendamtsleiter Heinrich Korn, 93 neu eingestellt worden. „Trotzdem gelingt es uns nicht, die 80 bis 100 offenen Stellen zu besetzen.“ Um den Beruf attraktiver zu machen, werden bei den nächsten Haushaltsberatungen deshalb höhere Tarife und Zulagen für Erzieherinnen ein Thema sein, „mit Auswirkungen auf die Förderpraxis“, sagt Isabel Fezer. Es könne aber nicht sein, dass die Stadt unter dieser Last ächze, „und das Land arbeitet nicht effektiv mit“.