Allein auf weiter Flur: In Kitas mangelt es nach wie vor an Erzieherinnen Foto: dpa

Konfessionelle und städtische Kindertagesstätten rekrutieren immer häufiger Erzieherinnen aus dem Ausland. Damit sie in Stuttgart arbeiten können, müssen sie allerdings sogenannte Anpassungslehrgänge absolvieren. Viele sind hochmotiviert – wie das Beispiel von vier Spaniern zeigt.

Konfessionelle und städtische Kindertagesstätten rekrutieren immer häufiger Erzieherinnen aus dem Ausland. Damit sie in Stuttgart arbeiten können, müssen sie allerdings sogenannte Anpassungslehrgänge absolvieren. Viele sind hochmotiviert – wie das Beispiel von vier Spaniern zeigt.

Stuttgart - Erzieherinnen aus dem Ausland zu rekrutieren, findet bei den meisten Trägern von Kindertagesstätten in Stuttgart immer größeren Anklang. Um dem Erziehermangel an Kitas zu begegnen, geht das Katholische Stadtdekanat neue Wege: Zusammen mit der Spanischen Gemeinde in Stuttgart schult der Träger von 78 Kindertagesstätten künftig junge Spanier, die in Stuttgart Kinder betreuen sollen.

„Wir haben aus mehr als 1800 Bewerbungen ausgewählt und im Anschluss zu einem Vorstellungsgespräch in der Stadt Salamanca eingeladen“, sagt der verantwortliche Geistliche Antonio Calderón, ehemaliger Pfarrer der Spanischen Gemeinde in Stuttgart. Aus den aussichtsreichsten Bewerbern, die allesamt eine Ausbildung im Studiengang „Educación Infantil“ abgeschlossen haben, wählte das Stadtdekanat gemeinsam mit Experten aus den Kindertagesstätten zunächst vier Kandidaten aus.

„Das ist zunächst eine Art Pilotprojekt. Wir sind aber optimistisch, dass es gelingt und gehen davon aus, es fortzuführen“, sagt Dekanatssprecherin Ines Pohl. Zumal es derzeit immer noch 28 offene Stellen in Einrichtungen der katholischen Kirche gibt.

In Kindertagesstätten in städtischer Trägerschaft verschärft sich der Mangel an Fachkräften: Derzeit sind noch 120 Stellen zu vergeben. Im August waren es lediglich 85 offene Erzieherstellen.

180 zusätzliche Ausbildungsstellen

Auch die Stadt schielt ins Ausland, um die offenen Erzieherstellen zu besetzen. „Wir sind gerade dabei Fachkräfte aus Italien einzustellen“, sagt Heinrich Korn vom Jugendamt. Noch im Herbst sollen voraussichtlich zehn Erzieherinnen und Erzieher ausgewählt werden. Zudem, betont Korn, habe die Stadt 180 zusätzliche Ausbildungsplätze geschaffen. „Erzieher aus dem Ausland einzustellen, bedeutet auch viel Arbeit, weil sie erst angelernt werden müssen. Irgendwie müssen wir dem Fachkräftemangel ja aber begegnen“, sagt Korn.

Auch die vier spanischen Erzieher müssen zunächst einen Sprachkurs absolvieren, bevor sie im März nächsten Jahres einen sogenannten Anpassungslehrgang beginnen. Seit Anfang der Woche belegen die Nachwuchskräfte einen spezielle Sprachkurs des Kolping-Bildungswerks, der auf die Arbeit mit Kindern zugeschnitten ist. „Um die jungen Menschen auch in die Gemeinde einzubinden, wird es Patenschaften von Mitgliedern der spanischen Gemeinde geben“, sagt Stadtdekan Christian Hermes. Der Verwaltungsausschuss der Stadtdekanats hat für die Schulung und Betreuung der Spanier 60 000 Euro bewilligt. Derzeit kommen die vier Wahlstuttgarter im Kolpinghaus im Heu-steigviertel unter.

Auch in den Kindertagesstätten des Evangelischen Kirchenkreises sieht man die Chancen, die in der Rekrutierung von Fachkräften aus dem Ausland liegen. „Wir haben zwar noch kein Programm aufgelegt, wie es die Stadt macht, suchen aber im Einzelfall auch Erzieher aus dem Ausland“, sagt Jörg Schulze-Gronemeyer, Leiter der Abteilung Jugend und Soziales bei der Evangelischen Kirche. In den 120 konfessionellen Einrichtungen sind derzeit 37 Stellen unbesetzt.

Mehr als 1200 neue Plätze finanziert

Der Mangel an Fachkräften ist auch darauf zurückzuführen, dass die Stadt derzeit das Kita-Angebot massiv ausbaut: Mehr als 1200 neue Plätze an Kindertagesstätten finanziert der aktuelle Doppelhaushalt der Stadt. „Der Ausbau hat in letzter Zeit dazu geführt, dass viele Mitarbeiter in die Außenbezirke gewechselt sind, weil sie ursprünglich aus der Umgebung kommen uns sich wieder dort niederlassen wollen“, sagt Heinrich Korn vom Jugendamt. „Die Zahl der offenen Stellen wird steigen, denn es entstehen ständig zusätzliche Betreuungsplätze“, sagt er.

Die Anpassungslehrgänge, die ausländische Fachkräfte belegen müssen, um als Erzieher arbeiten zu dürfen, unterscheiden sich je nach Vorqualifikation. Die Anforderungen regelt das Regierungspräsidium Stuttgart. Für ausgebildete Frühpädagogen dauert diese Ausbildung in der Regel 25 Tage. „Wir hatten auch Bewerberinnen, deren ausländischer Abschluss von Regierungspräsidium fast völlig anerkannt wurde, die nur noch ein zusätzliches Praktikum machen mussten“, sagt Korn.

Die vier jungen Spanier haben einen längeren Weg vor sich. Sie müssen nun erst einmal die Sprache lernen und in ihrer neuen Heimat etwas heimisch werden.