Der Fachkräftemangel beim Kita-Personal ist jetzt auch in Hemmingen angekommen. Foto: dpa/Uli Deck

Fehlendes Personal, flexible Eltern: Die Gemeinde Hemmingen passt das Angebot der Nachfrage an. Das stößt bei einer Fraktion auf Unverständnis.

Der Fachkräftemangel beim Kita-Personal ist jetzt auch in der Gemeinde angekommen. „Der Markt ist leer gefegt“, sagt Antje Blum. Sie koordiniert im Rathaus die Kitas, arbeitet aber auch als Erzieherin, leitet die Kita Hälde. Das fehlende Personal hat Folgen für die Kinderbetreuung, zumal sich die Bedarfe vieler Eltern verändert haben, wie eine Umfrage zeigt. Demnach nutzen seit der Coronapandemie und dem damit ausgelösten Trend zu Homeoffice und flexibleren Arbeitszeiten immer mehr Eltern die verlängerten Öffnungszeiten (VÖ) bis 14 Uhr oder den Ganztag bis allenfalls 16 Uhr. Blum zufolge sind weniger Kosten ein weiterer Grund für die Tendenz zu VÖ.

Als Konsequenz fährt die Gemeinde die Ganztagsbetreuung zurück, um den Mindestpersonalschlüssel zu optimieren. Zurzeit gibt es in vier Einrichtungen insgesamt 170 Ganztagsplätze von 7 bis 17 Uhr. Künftig sollen es noch 100 sein, der Rest werden VÖ- oder Regelgruppen. Das spart 4,45 Kräfte. Die Verwaltung kann sich vorstellen, dass mittelfristig nur noch „die zwei großen Häuser Kifaz und Hälde“ Ganztag haben. Gleichzeitig sollte laut der Verwaltung der Rückbau der Wohnungen in der Kita Hälde im Jahr 2025 starten. Dies bedeute einen Aufnahmestopp in den Krippengruppen von spätestens Januar 2025 an, „um eine Wohnung nach der anderen wieder freizubekommen“.

Kürzung auf 16 Uhr bisher „Ultima Ratio“

Der Hauptamtsleiter Ralf Kirschner sagt, es sei nichts Neues, „dass wir bedarfsgerecht arbeiten“. Man reagiere schon immer flexibel auf die Bedarfe der Eltern – weshalb man die Ganztagsbetreuung ausbaue, sollte sie wieder gefragter sein. Der Bürgermeister Thomas Schäfer (CDU) betont, man wolle trotz allem die Ganztagsbetreuung bis 17 Uhr aufrechterhalten, für diejenigen, die sie wirklich benötigen, und nicht auf 16 Uhr reduzieren. Dies sei die „Ultima Ratio“, sollte sich die Personalsituation verschlechtern.

Aktuell zählt Hemmingen 90 Fachkräfte. Vier fehlen, in den nächsten Monaten würden aber weitere eingestellt. 13 Nichtfachkräfte entlasten die Erzieherinnen und Erzieher – Personen aus dem Handwerk und kaufmännischen Bereich sowie Lehrer und Eltern. Auch sind 18 Azubis, acht Bufdis im Rahmen des Bundesfreiwilligendiensts und sieben Integrationskräfte beschäftigt.

Auch die Regelbetreuung kommt auf den Prüfstand

Der Ganztag wird offenbar auch beim Personal immer unbeliebter. Die Verwaltung stellt fest, dass sich die Fachkräfte aus dieser Betreuungsform in Gruppen mit kürzeren Öffnungszeiten wegbewerben. Wegen der überschaubaren Zahl an Kindern in der sogenannten Randzeit von 16 bis 17 Uhr werden in dieser letzten Stunde Gruppen schon lange zusammengelegt. Da seien oft nur zwei Kinder da, berichtet Antje Blum. Doch weil sie vorher nicht wisse, wie viele Kinder bis zum Schluss bleiben, müsse sie stets genug Personal vorhalten – häufig umsonst. Also hat der Gemeinderat die Verwaltung beauftragt, nach dem Vorbild umliegender Kommunen ein Zuschlagsmodell für die Spätschichtler zu entwickeln.

Zu guter Letzt nimmt die Verwaltung die Regelbetreuung (7.30 bis 12.30 Uhr plus mittwoch- und donnerstagnachmittags von 13.30 bis 16 Uhr) ins Visier. Die Nachmittage würden nur sehr schwach besucht. Daher wird von September an das Regelangebot zunächst in den kleineren Einrichtungen ohne Ganztag durch eine Betreuung von 7 bis 13 Uhr ersetzt. Betroffen sind die Kitas Blohngärten und Albert-Schweitzer-Straße.

SPD: Ausbau der Kinderbetreuung hart erkämpft

Massiver Gegenwind kommt von der SPD, deren Chefin Elke Kogler von „krassen Kürzungen“ spricht. Eltern würden als Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt dringend gebraucht und man habe sich den Ausbau der Kinderbetreuung hart erkämpft. „Schaffen wir es, bei Bedarf wieder hochzufahren?“ Koglers Fraktionskollegin Christiane Denne plädiert für einen Zuschlag von 14 Uhr an – um Ungleichheit zu vermeiden und um den Ganztag attraktiver zu machen.

Der CDU-Chef Walter Bauer begrüßt die Pläne angesichts eines Defizits von fünf Millionen Euro bei der Betreuung. Barbara von Rotberg (FDP) sagt, das Ziel sei ein bedarfsgerechtes und zuverlässiges Angebot für Eltern. Jörg Haspel (Freie Wähler) meint, es sei in den vergangenen Jahren sehr gut gelaufen und man vertraue dem Team aus Verwaltung und Kita zu entscheiden, was bedarfsgerecht ist. Ähnlich sieht das Martin Pfeiffer (CDU), zumal keine Warteliste entstehe.