Erzieherinnen und Kitakinder begrüßen singend das Zertifikat der Stiftung „Singen mit Kindern“ Foto: Gottfried Stoppel

An der Schule der Großheppacher Schwesternschaft wird mit Erzieherinnen das Singen mit Kindern eingeübt. Gerlinde Kretschmann hat dafür am Dienstag Zertifikate überreicht.

Weinstadt - Ein bisschen schäme sie sich schon, sagte Gerlinde Kretschmann, die Gattin des Ministerpräsidenten, am Rednerpult im Saal der Großheppacher Schwesternschaft in Beutelsbach. Sie möge das Singen mit Kindern, sie setze sich für dessen Förderung ein – und da sei ihr doch in ihrer aktiven Zeit als Grundschullehrerin dieses Missgeschick passiert. Es habe in ihrer Klasse einen Jungen gegeben, der habe sich trotz aller Bemühungen beim Gesang als hartnäckiger „Brummer“ erwiesen. „Ich schäme mich, dass ich ihn vom Singen befreit und ihm andere Aufgabe gegeben habe“, sagt sie und fügt entschuldigend hinzu: Damals habe es das Lehrmaterial nicht gegeben, das den Lehrern heute zur Verfügung stehe.

Musik mehr im Kindergarten verankern

Um zu zeigen, dass Singen inzwischen einen ganz anderen Stellenwert hat, ist Gerlinde Kretschmann gemeinsam mit dem früheren Landeskirchenmusikdirektor Professor Siegfried Bauer nach Großheppach gekommen. Beide sind im Vorstand der Stiftung „Singen mit Kindern“, die von zahlreichen Musik- und Chorverbänden getragen wird und das Ziel hat, die Musik wieder stärker in Schulen und Kindergärten zu verankern. Auch an der Schule der Großheppacher Schwesternschaft wird dieses Wissen nun den zukünftigen Erziehern nahegelegt. Gut ein Dutzend von ihnen nahm jetzt aus der Hand von Gerlinde Kretschmann dieses Zertifikat in Empfang. Die künftigen Erzieher zeigen danach nicht nur als Chor, dass sie sich in das Thema eingearbeitet haben, indem sie ein Medley aus vielen Kinderliedern vortrugen – angefangen von „Ringlein, Ringlein, du musst wandern“ hin zu „Der Herbst ist da“. Zwei von ihnen haben mit Kindergartenkindern ein kleines Singspiel einstudiert. Die Hauptdarsteller von „Dornröschen war ein schönes Kind“ sangen sich fröhlich durch die Strophen und trugen dabei ihre Pappkronen und Prinzessinnenkleider mit deutlich sichtbarem Stolz.

Königlichen Besuch habe es vor mehr als 100 Jahren bei den Großheppacher Schwestern schon einmal gegeben, sagte Magdalene Simpfendörfer-Autenrieth, Vorstandsmitglied der Großheppacher Schwestern. Im Jahr 1870 hatte die berühmte Königin Olga die Einrichtung besucht, die in den zwei Jahrzehnten zuvor einen der ersten Kindergärten seiner Zeit ins Leben gerufen hatte. In eine Pfarrscheuer hatte die Gründerin Wilhelmine Canz die Kinder aus dem Dorf eingeladen und dabei schnell begriffen, dass sie die „zuchtlose wilde Horde“, wie sie die Kinder in einem Brief nannte, mit einem einfachen Mittel wieder zur Sache brachte: Gemeinsames Singen und Singspiele wurden geübt, sie gehörten bald zum Lehrrepertoire von Schwestern, die den Job der Erzieher in den Kindergärten jener Zeit übernahmen. Als Präsent bekam Gerlinde Kretschmann ein historisches Fundstück jener frühen Zeit – ein Liederbuch aus dem Jahr 1916. Viele der darin befindlichen Lieder würden noch heute gesungen, sagte Magdalene Simpfendörfer-Autenrieth.

Freundin des auswendigen Singens

Die Landesmutter nahm das Geschenk gerne entgegen – auch wenn sie es kaum brauchen wird. Sie sei eine Freundin des auswendigen Singens, verriet sie bei der Veranstaltung. In ihrer aktiven Zeit habe sie auch versucht, andere Lehrer zum Gesang zu animieren, aber die hätten „nur gesungen, wenn es nicht anders ging“. Es werde tatsächlich inzwischen so wenig in Bildungseinrichtungen gesungen, dass ein Teil des Liedguts unterzugehen drohe, sagte Gerlinde Kretschmann. Ihre Stiftung „Singen mit Kindern“ setze sich für eine Gegenbewegung ein – etwa mit dem Kinderliederbuch „Der kleine Elefant“, das über Hebammen an junge Eltern verteilt wird.