Ex-Ministerpräsident Erwin Teufel. Foto: dpa

Ex-Ministerpräsident Erwin Teufel gibt Einblicke in sein politisches Leben – und kritisiert die Kirche.

Ex-Ministerpräsident Erwin Teufel gibt Einblicke in sein politisches Leben – und kritisiert die Kirche.

Berlin - Für einen Moment herrscht im Sitzungssaal der Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung Schunkelstimmung. „Auf de’ schwäb’sche Eisebahne / Gibt’s gar viele Haltstatione / Schtuagart, Ulm ond Biberach / Mekkabeure, Durlesbach“, erklingt die Stimme von Sänger-Urgestein Willy Reichert aus den Musikboxen. Und zu diesem Takt tänzelt Erwin Teufel (CDU) die Treppen herab und begrüßt die Gäste in der ersten Reihe mit einem Handschlag. Er lacht, klopft auf Schultern, schüttelt Hände. Zum Beispiel die von Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) und einigen Staatssekretären.

Der ehemalige Ministerpräsident (1991– 2005) gibt sich noch immer volksnah. Auch an diesem Abend, an dem er in Berlin über seine „Lebensgeschichte und Einsichten“ spricht. Der Moderator des Gesprächs knüpft daran an. „Auf Mittelhochdeutsch bedeutet Ihr Vorname so viel wie Volksfreund“, sagt er und eröffnet das Gespräch, in dem es um die Erfahrungen und Erfolge des ehemaligen Landesvaters von Baden-Württemberg geht. Und um seine Sicht auf die Kirche.

Die Laufbahn beginnt der Bauernsohn mit der mittleren Reife in seiner Geburtsstadt Rottweil. Das Abitur strebt Teufel, der das erste von neun Kindern ist, nicht an. „Ich hatte genug von der Schule und hatte den Wunsch, ganz jung Bürgermeister zu werden“, sagt der 74-Jährige. Das gelingt ihm, und er stellt damit einen Rekord auf: Er wird mit 25 Jahren der seinerzeit jüngste Bürgermeister Deutschlands. Ein zweiter Rekord folgt viel später: Als er im Jahr 2005 zurücktritt, ist er nach 13 Jahren der dienstälteste Ministerpräsident der Republik.

„Eine große Motivation, um in die Politik zu gehen, habe ich aus dem Lesen gezogen. Etwa aus der Lektüre der Literatur zum Widerstand im Nationalsozialismus“, sagt der Christdemokrat. „Und weil wir den Widerstand schließlich nicht mehr im Nachhinein aufbauen konnten, habe ich daraus die Konklusion gezogen: Wir müssen alles tun, um so etwas in Zukunft zu verhindern.“ 38 000 Bücher und Zeitungsaufsätze habe er auf seinem Computer gespeichert, sagt der Spaichinger. Und wenn er während seiner Amtszeit als Ministerpräsident um 5.30 Uhr morgens aufstand, um nach Stuttgart zu fahren, und spät um 24 Uhr nach Hause zurückkehrte – „auch dann habe ich noch zwei Kapitel gelesen“. Erwin Teufel gestikuliert während des Vortrags mit der flachen Hand, sucht die Blicke der Menschen im Publikum. Er spricht auf den Punkt, ist hellwach. Und hat konkrete Forderungen an die Katholische Kirche.

„Frauen müssen endlich gleichberechtigt sein. Dagegen spricht auch nicht die Tradition. Schon im Neuen Testament gab es einen weiblichen Apostel.“ Besonders vor dem Hintergrund des Seelsorgermangels könne er die kirchliche Linie nicht verstehen. „Wir haben so viele hervorragend ausgebildete Frauen. Und wir sind trotzdem nicht im Stande, das Diakonat für Frauen einzuführen?“ Als absolute Monarchie, sagt Erwin Teufel, habe die Katholische Kirche keine Zukunft. Den Mut aber verliert er nicht. Der Schriftsteller Martin Walser hat einmal über ihn geschrieben: „Er lässt die Illusion zu, das Gute sei möglich. Und wirkt fromm. Arbeitsfromm.“