Freiburg im Jahr 1902 – zwölf Jahre vor Kriegsausbruch. Foto: Sammlung Metz

In Deutschland haben sich die Bombardements des Zweiten Weltkriegs ins kollektive Gedächtnis gebrannt. Doch schon im Ersten Weltkrieg fielen Bomben vom Himmel. Wegen seiner Nähe zur Front wurde Freiburg damals mehrfach angegriffen.

In Deutschland haben sich die Bombardements des Zweiten Weltkriegs ins kollektive Gedächtnis gebrannt. Doch schon im Ersten Weltkrieg fielen Bomben vom Himmel. Wegen seiner Nähe zur Front wurde Freiburg damals mehrfach angegriffen.

Freiburg - Es klingt fast idyllisch, wie der amerikanische Historiker Roger Chickering in seinem Buch „Freiburg im Ersten Weltkrieg“ die letzten Tage in Friedenszeiten beschreibt: „Das Wetter war heiß und feucht im Frühsommer 1914, als sich die Stadt an den Rhythmus der neuen Jahreszeit gewöhnte. Das ausgelassene nächtliche Treiben der Studenten nahm mit dem bevorstehenden Semesterende zu.“ Vier Jahre später sollte Freiburg als eine der am häufigsten bombardierten deutschen Städte in die Geschichte eingehen. „Totaler Krieg“ nennt das der Historiker. Auch Karlsruhe war damals betroffen.

Wie im gesamten Kaiserreich war das Militär 1914 in Freiburg omnipräsent: Im Stadtgarten ertönte Marschmusik, auf dem Flugplatz exerzierte die Artillerie. Als im Sommer 1914 der erste Schuss fiel, reagierte speziell das Bildungsbürgertum mit Kriegseuphorie. Weil aber fast alle Männer an die Front mussten, gingen viele Geschäfte pleite. Innerhalb kurzer Zeit erlebte Freiburg einen rasanten Bevölkerungsaustausch. Aus ganz Deutschland kamen Soldaten, um ins umkämpfte Elsass versetzt zu werden. Gleichzeitig verwandelte sich die Stadthalle in ein großes Lazarett.

Im benachbarten Elsass tobten alsbald blutige Kämpfe. Nachts war das Artilleriefeuer bis nach Freiburg zu sehen. Doch auch die Stadt selbst bekam den Krieg zu spüren. „Als die ersten Flugzeuge und Zeppeline am Himmel auftauchten, haben die Leute noch gestaunt“, erzählt der Historiker Robert Neisen, der zurzeit eine Ausstellung über Freiburg im Ersten Weltkrieg vorbereitet. „Luftkrieg – so etwas gab es bis dahin einfach noch nicht.“

Die Ernüchterung folgte schnell. Am 13. Dezember 1914 wurde der erste Tote im Freiburger Colombipark gefunden. Beim schwersten Luftangriff am 14. April 1917 kamen 13 Menschen durch französische und britische Bomber ums Leben. Bis 1918 teilten 30 Freiburger dieses Schicksal – ein Bruchteil aller Gefallenen, und doch kündigte sich damals eine völlig neue Art der Kriegsführung an.

Das deutsche Militär beklagte einen Bruch des Völkerrechts. Tatsächlich wurden in Freiburg Tausende von Verwundeten behandelt. Allerdings wurden in der Stadt auch viele Rüstungsgüter produziert. Zudem setzten die Deutschen ebenfalls Zeppeline und Flugzeuge ein, um hinter der Front anzugreifen. Bereits am 6. August hatte ein deutscher Zeppelin über der belgischen Stadt Lüttich Bomben abgeworfen. Neun Zivilisten starben bei diesem vermutlich ersten Luftangriff.

Anfangs warfen die Piloten ihre Granaten noch per Hand aus den Flugzeugen. Sie sollten Bahnanlagen, Kasernen und den Freiburger Flugplatz treffen. Und die Rüstungsindustrie. So stellte etwa das Pharmakologische Institut kriegswichtige Zündernadeln her, während die Oberrheinische Metallwarenfabrik Granaten, Geschosse und Lastwagen fertigte. Viele Bomben verfehlten ihr Ziel, und obwohl nur wenige Menschen ums Lebens kamen, erzielte der Luftkrieg seine Wirkung: „Jeder Fliegerangriff unterbricht den Wirtschaftskreislauf und demoralisiert den Gegner“, so Neisen.

Die Flak auf dem Schauinsland, ein erbeutetes Modell aus Russland, erwies sich als völlig untauglich. „Je ärmer die Leute, desto größer der Frust“, fasste Dargleff Jahnke die Situation zusammen. Der Archivar beschäftigt sich ebenfalls mit der Freiburger Lokalgeschichte. Sein Fazit: „Die Reichen konnten es sich leisten wegzuziehen, während die Armen bleiben mussten.“ Allein 1918 schrumpfte die Stadt um 3000 Haushalte.

Olga Benz war noch ein Kind, als Freiburg im Ersten Weltkrieg bombardiert wurde. Die 100-Jährige erzählt, was sie von der schwierigen Zeit in Erinnerung behalten hat: „Ich bin in Zähringen aufgewachsen, also ein richtiges Freiburger Bobbele. Wir waren zu viert, meine Schwestern und ich. Mein Vater kämpfte als Soldat in Russland. Abends, wenn die Bombardierungen losgingen, wurden wir in den Keller getragen. Am meisten Angst hatte man damals vor Splittern. Wir haben immer Milchkannen und Kochtöpfe mit in den Keller genommen, um sie uns auf den Kopf zu setzen. Wir haben viel gelacht, für uns Kinder war das lustig. Verstanden haben wir nicht, worum es wirklich ging. Uns hat es zum Glück nicht getroffen.“