Jana Deurers Haus ist im Schnellverfahren saniert worden. Foto: Ines Rudel

Zum ersten Mal ist in Baden-Württemberg ein Haus per Sanierungssprint energetisch erneuert worden. Das Projekt in Esslingen brauchte zwar viel Planungsaufwand, aber lief in Rekordzeit.

Ausgerechnet auf ihre neue Küche müssen Jana Deurer und Dominic Oppen noch warten. Das liegt allerdings nicht daran, dass die beiden sie vom Sanierungssprint ihrer Doppelhaushälfte in Esslingen-Berkheim ausgenommen haben. Der Rest des 60er-Jahre-Hauses, von der Außenfassade über die Fenster bis zum Dach, wurde in 21 Werktagen energieeffizient saniert. Damit war der erste Sanierungssprint in Baden-Württemberg nicht nur ein Erfolg, es brauchte sogar einen Tag weniger als einst vom Erfinder des Konzepts errechnet.

 

Die Idee hinter dem Schnellverfahren ist, dass im Gegensatz zur konventionellen Sanierung die Handwerker mehrerer Gewerke gleichzeitig auf der Baustelle arbeiten. Das spart Zeit, erfordert aber erst recht gute Planung. Verantwortlich in Esslingen war dafür Matthias Stöffler.

Die Zahnräder müssen ineinander greifen

„Üblicherweise funktioniert eine Baustelle wie ein Fließband: ein Arbeitsschritt nach dem anderen“, erklärt Stöffler. „Beim Sanierungssprint sind es Zahnräder, die ineinander greifen müssen.“ Am „Fließband“ hätte die Sanierung wohl ein halbes Jahr gedauert, schätzt er – so war es inklusive Wochenenden und Feiertagen nur etwa ein Monat. Preislich bewegte sich das Projekt laut dem Bauleiter im Bereich von 300 000 Euro – das unterscheide sich kaum von der konventionellen Sanierung.

Es war der erste Sanierungssprint, den die Klimaschutz- und Energieagentur (KEA) Baden-Württemberg im Land umsetzte. „Ich wollte nach 40 Jahren Berufserfahrung mal eine andere Herausforderung“, sagt Stöffler. „Normalerweise gibt es auf einer Baustelle den Projektsteuerer und den Bauleiter. Hier bin ich beides.“

Fehlte noch jemand, der sein Haus so sanieren lassen wollte. Nun kamen Jana Deurer und Dominic Oppen ins Spiel. Deurer hatte beruflich mit Wissenschaftlern zu tun gehabt, die in Hamburg ein vergleichbares Projekt begleitet hatten und war so auf die Aktion in Baden-Württemberg gestoßen. Gemeinsam mit Projektleiter Darius Heller von der Universität Stuttgart suchten Deurer und Oppen die passenden Bauarbeiter. „Denen haben wir erst mal nicht gesagt, dass wir einen Sanierungssprint vorhaben. Das hätte manche vielleicht abgeschreckt“, sagt Jana Deurer.

Für einen reibungslosen Ablauf brauchte es einen genauen Taktplan, den Bauleiter Stöffler immer im Auge hatte. Bis zu 20 Handwerker seien gleichzeitig im Haus unterwegs gewesen, Stöffler musste also genauestens koordinieren und alle Probleme schnellstmöglich lösen. „Es war wichtig, die Moral hochzuhalten, aber das hat gut funktioniert“, sagt der Bauleiter. „Auch, weil unsere Bauherren super mitgemacht haben. Sie waren präsent, haben fürs Mittagessen gesorgt oder geschaut, dass der Kaffee nie leer wird.“

Das Hausdach wurde komplett aufgerissen, gedämmt und mit einer Deckenheizung sowie PV-Anlage versehen. Foto: Ines Rudel

Deurer und Oppen blicken auf eine stressige Zeit zurück, waren quasi täglich auf der Baustelle, manchmal sogar mehrfach. „Für mich hat es sich aber eher angefühlt wie Projekttage in der Schule“, sagt Jana Deurer. „Vor allem in der ersten Woche hat man wahnsinnig viel Fortschritt gesehen.“

Erneuert wurde am Haus nahezu alles. Die Handwerker brachten eine 22 Zentimeter dicke Fassadendämmung an, verlegten neue Rohre, rissen das gesamte Dach auf und errichteten es samt Dämmung, Heizung und PV-Anlage neu. „Da musste das Wetter mitspielen, bei Regen hätten wir da nichts machen können“, sagt Matthias Stöffler.

Der Einzug soll Ende Mai erfolgen

Nur die alten Treppen, den Holzboden und die Fliesen im Eingangsbereich wollte Jana Deurer unbedingt behalten – sie stammen aus den 1960er-Jahren, sind damals eigens für das Haus angefertigt worden. Ende Mai wollen die beiden wieder einziehen, ein bisschen etwas gibt es bis dahin noch zu tun: Sie wollen den Boden schleifen, es muss ordentlich geputzt werden. Und Anfang Juni soll dann endlich auch die neue Küche kommen.