Luzie (14), Teilnehmerin einer Schüler-Demonstration gegen den Castortransport in Lüchow hat sich den Schriftzug "Atom? Nein! Danke!", ins Gesicht gemalt. Weitere Bilder des Protests zeigt unsere Galerie. Foto: ddp

Castor-Transport mit radioaktivem Atommüll ist von Frankreich nach Gorleben gestartet.

Paris/Gorleben - Der Castor-Transport mit hoch radioaktivem Atommüll ist kurz nach seinem Start in Frankreich von Atomkraftgegnern aufgehalten worden. In der Nähe von Caen hätten sich vier Atomkraftgegner an die Gleise gekettet, sagte ein Polizeisprecher. Insgesamt seien rund 30 Aktivisten an der Aktion beteiligt.

Der Castor-Transport mit hoch radioaktivem Atommüll ist von Frankreich Richtung Gorleben gestartet. In der Nähe des Zwischenlagers werden am Wochenende die größten Anti-Atom- Demonstrationen seit Jahrzehnten mit mehr als 30.000 Menschen erwartet.

Die Castor-Behälter enthalten deutschen 123 Tonnen Atommüll aus der Wiederaufarbeitung im nordfranzösischen La Hague. Der Transport muss rund 1000 Kilometer zurücklegen und wird frühestens Samstag am späten Vormittag die Grenze passieren und nicht vor dem Nachmittag das Wendland erreichen. Der Schwerlastzug mit den elf Spezialbehältern habe den Bahnhof von Valognes ohne Zwischenfälle um 14.20 Uhr verlassen, sagte ein Sprecher der Umweltorganisation Greenpeace am Freitag am Telefon. Am Bahnhof hätten sich lediglich mehrere Dutzend Demonstranten versammelt. „Es sind etwa so viele Demonstranten wie Journalisten hier“, sagte der Sprecher.

Im niedersächsischen Wendland gingen am Vormittag bereits rund 600 Schüler auf die Straße. Bei Abfahrt des Zuges in Frankreich versuchten Greenpeace- Aktivisten nach Angaben des Sprechers, die Strahlung zu messen. Dazu seien unter anderem wärmeempfindliche Infrarotkameras im Einsatz gewesen. Die Ergebnisse seien noch nicht bekannt. Die Umweltschützer hatten zuvor davon gesprochen, dass der Transport die bislang größte Radioaktivität aufweise. Der französische Atomkonzern Areva bestreitet dies, legte aber bislang auch keine Zahlen dazu vor. Nach Greenpeace-Angaben hatte es im Unterschied zu früheren Transporten unmittelbar vor der Abfahrt keine größeren Rangierfahrten gegeben. Der Zug sei bereits zusammengestellt gewesen. Nach Angaben von Areva enthält er 123 Tonnen Atommüll. „Es besteht keine Gefahr für die Umwelt oder die Menschen, die am Transport beteiligt sind“, sagte ein Unternehmenssprecher.

Die Polizei bereitet sich auf gewalttätige Störer entlang der Strecke vor. Mehr als 16.000 Einsatzkräfte sollen den Transport sichern. Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) rief die Atomkraftgegner auf, sich friedlich zu verhalten. Unterdessen entbrannte innerhalb der Union ein Streit um die Suche nach einem Atomendlager. Bayern setzt klar auf den Salzstock Gorleben und lehnt alternative Standorte in Süddeutschland ab. Umweltminister Markus Söder (CSU) sagte: „Bayern scheidet als Standort für ein Endlager definitiv aus. Wir haben keine sichere geologische Formation.“ Zuvor hatte Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU) die Suche nach möglichen Endlagern im Süden gefordert, falls sich Gorleben als ungeeignet erweisen sollte. Röttgen verteidigte den Castor-Transport als unverzichtbar. Deutschland sei verpflichtet, die radioaktiven Abfälle, die bei der Nutzung der Kernenergie anfielen, im eigenen Land zu entsorgen. „Wir können die Lasten der Vergangenheit nicht anderen aufbürden, für die sichere Lagerung des Atommülls sind wir verantwortlich“, sagte er.

An den Protesten im Wendland beteiligen sich zahlreiche Spitzenpolitiker der Grünen und der Linken. Grünen-Chefin Claudia Roth rief zu Sitzblockaden auf und appellierte zugleich an die Polizei, besonnen zu reagieren. Der Bundesvorstand der Partei kam am Freitagnachmittag in der Nähe des Zwischenlagers Gorleben zu einer Sitzung mit den Grünen-Landeschefs zusammen. Die Deutsche Polizeigewerkschaft und der Bund der Steuerzahler forderten die Energiekonzerne auf, sich an den Kosten für den Atommülltransport zu beteiligen. Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) bekräftigte hingegen erneut seine Forderung, dass der Bund Kosten übernehmen soll.