Michael Straußberger hat im vergangenen Jahr bei Unterkessbach drei seiner Lämmer verloren. Foto: dpa

Hunderte von Schafzüchtern könnten sich mit Hilfe des Landes neue Zäune bauen. Aber das Interesse an der Förderkulisse Wolfsprävention ist scheinbar gering. Erst 17 Betriebe stellten einen Antrag.

Stuttgart - Im Mai hat das Umweltministerium Baden-Württemberg ein Förderprogramm für die Schäfer rund um Bad Wildbad gestartet, die sogenannte „Förderkulisse Wolfsprävention“. Gedacht ist sie für die Bezuschussung von Zäunen gegen die Bedrohung von Wölfen. Bei Bad Wildbad war im April ein schockierender Vorfall passiert. Ein Wolf hatte 44 Schafe gerissen oder in den Tod getrieben. Das Ministerium erklärte den Raum um Bad Wildbad daraufhin zum Wolfsgebiet. Innerhalb dieses Gebiets kann der Staat den Schafzüchtern binnen einen Jahres 90 Prozent der Kosten für eine Umzäunung, die bestimmte Kriterien erfüllen muss, finanzieren.

Das Ministerium warnt vor voreiligen Schlüssen

Wie eine Sprecherin des Regierungspräsidiums Karlsruhe auf Anfrage mitteilte, sind im „Wolfsgebiet“ rund 330 Betriebe ansässig, die für eine Förderung infrage kämen. Laut Umweltministerium sind bisher 17 Anträge auf eine Förderung bewilligt worden – mit einem Antragsvolumen von 33 000 Euro. Dies würde eine Antragsquote von gut fünf Prozent bedeuten. Doch auch im Kreis Böblingen zählen sieben Gemeinden zur Wolfskulisse, allerdings kann das zuständie Regierungspräsidium Stuttgart nicht die Zahl nennen, wieviele Betriebe dort existieren. Aber zeigen nicht schon die Karlsruher Zahlen ein geringes Interesse der Schafzüchter?Ein Sprecher des Ministeriums warnt vor voreiligen Schlüssen, denn die Bewilligungsbehörden legten ein „Vorhaben“ erst in der Datenbank an, wenn sie die Anträge auch wirklich bearbeiteten. Überdies berieten die Ämter die Hirten auch im Vorfeld der Stellung des Antrags, damit der später rasch bearbeitet werden könne: „Auch diese Fälle umfasst die Statistik nicht. Die Zahl der aktuell geplanten Vorhaben kann daher deutlich höher sein.“

Klagen kommen von der Basis

Auf einer Veranstaltung im Kreis Böblingen hatten vor Kurzem 30 Schafzüchter „von der Basis“ über die Förderkulisse Wolf geklagt: Sie kritisierten den „Zwang“ zur Einzäunung, denn wenn eine Schafherde nach einem Jahr nicht genügend durch einen hohen Elektrozaun geschützt sei, erlöschen etwaige Ansprüche auf Schadenersatz. Auch der hohe Eigenanteil ist kritisiert worden. Koste der Zaun für eine große Herde 100 000 Euro, blieben am Betrieb 10 000 Euro hängen – das könnten sich viele nicht leisten. Schafzüchter außerhalb des Wolfsgebietes, so die Argumentation, hätten es besser: Sie erhielten in jedem Falle bei einem Wolfsriss Schadensersatz.

In Bad Wildbad fühlt man sich allein gelassen

Im Ministerium wird die Kritik zurückgewiesen. Von Zwang könne keine Rede sein, denn schon bisher seien nach dem landwirtschaftlichen Fachrecht die Hirten verpflichtet, ihre Herden mit Zäunen vor Ausbrüchen zu sichern. Überdies hätten die Schafzüchter ein Jahr Zeit für die Beantragung der Förderung, sei ein Antrag in dieser Frist gestellt, aber noch nicht bewilligt, werde im Falle eines Wolfsrisses geholfen. Beim Landesschafzuchtverein will man die grundsätzliche Kritik an der Förderkulisse nicht teilen. Der Vorsitzende Alfons Gimber betont aber, dass die mobile Einzäunung für die Schäfer einen Mehraufwand bedeute, den ihm niemand erstatte. Auch wünscht sich Gimber einen härteren Umgang mit Problemwölfen. Die sollten rasch entnommen werden. „Wenn Sie als Schäfer zwei oder drei Wolfsattacken hatten, halten Sie das psychisch gar nicht aus.“ Von den 1700 Schafzuchtbetrieben im Land – darunter 150 im Hauptberuf – habe ein kleinerer Betrieb schon aufgegeben.

Im Wolfsgebiet ist man weniger zufrieden mit dem Umweltministerium. „Man erklärt uns zum Wolfsgebiet und lässt uns mit der Sache allein“, sagt Klaus Mack, Bürgermeister von Bad Wildbad. Es riefen schon Urlauber an, ob es gefährlich sei in Bad Wildbad. Auch fragten sich Eltern in Waldesnähe, ob sie ihre Kinder in den Garten lassen könnten. „Mit einem Wolf mag das noch angehen, aber wenn ein Rudel da ist, wird das Problem größer“, sagt Mack. Als Bürgermeister fürchtet er den Rückzug der Schäfer, denn die Kulturlandschaft könnte zuwachsen. Am 10. September schickt das Umweltministerium Staatssekretär Andre Baumann nach Bad Wildbad, um über den Wolf zu sprechen. Baumann gilt als Lobbyist der Schafhaltung.