Dass die CMT immer wieder neue Angebote präsentiert, dieses Jahr etwa einen Bereich für Drachen- und Gleitschirmer, ist ein Grund für ihren jahrzehntelangen Erfolg. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Die Touristikmesse feiert ihren 50. Geburtstag – das ist ein Grund zum Feiern, aber auch, um manche Dinge besser zu machen.

Stuttgart - Für viele Baden-Württemberger ist es zur festen Tradition im Januar geworden: auf der Reisemesse CMT sich an ferne, sonnige Orte träumen, Wünsche auf Umsetzbarkeit abklopfen, Angebote einholen, ja vielleicht schon Nägel mit Köpfen machen. Zum 50. Mal öffnet die CMT an diesem Samstag wieder ihre Türen und hat sich zum Jubiläum hohe Ziele gesteckt. Neue Rekordtage werden erwartet, die „größte Messe aller Zeiten“ ist angekündigt. Das könnte klappen: Mit der frisch eingeweihten zehnten Halle steht mehr Platz denn je zur Verfügung. Über 2100 Aussteller bedeuten eine neue Bestmarke. Jetzt müssen nur noch mehr als 240 000 Besucher strömen, dann könnte das Jubiläum auch mit einem neuen Besucherrekord gekrönt werden.

Mit der CMT und der vorwiegend auf Fachpublikum ausgerichteten und fast gleichalten Internationalen Tourismusmesse (ITB) in Berlin verfügt Deutschland seit Jahrzehnten über zwei Top-Events der Tourismusbranche. Das ist weltweit einmalig. Und allen Unkenrufen zum Trotz, die im Zeitalter der Digitalisierung und sozialer Netzwerke virtuelle Marktplätze als Model der Zukunft propagiert haben, bleibt eben doch der direkte Austausch mit Kunden, Kollegen und Geschäftspartnern unersetzbar. Beste Aussichten also für weitere Jubiläen.

Die Wahl der CMT-Partnerländer ist ein Fehlgriff

Dieser Erfolg ist kein Selbstläufer, sondern Ergebnis kontinuierlicher Veränderung und Anpassung an den Reisemarkt. Die Messeorganisatoren haben ein feines Gespür für Trends entwickelt, sie kennen die Bedürfnisse ihrer Besucher und bedienen sie immer wieder mit zeitgemäßen Angeboten. So gibt es für Aktivurlauber, die gerne radeln und wandern, ebenso wie für Kreuzfahrtfans und Hobby-Golfer spezielle Sonderschauen. Dieses Jahr gleiten erstmals Drachenflieger und Gleitschirmer über das Gelände. Und dass man in den Messehallen vom Caravan bis zum Camping-Zelt zudem auch viele Produkte anschauen und ausprobieren kann, wiegt in der Besuchergunst ebenfalls hoch.

Mit der Wahl der diesjährigen Partnerländer haben die CMT-Verantwortlichen jedoch danebengegriffen. Mit Panama erheben sie eine mittelamerikanische Republik, die Steuervermeider, Briefkastenfirmen und andere dubiose Geldvermehrer anlockt, in den Rang eines privilegierten Partners. Mit Ungarn wiederum hat die CMT ausgerechnet jenen EU-Staat zum Partner gewählt, der wie kein anderer für Abschottung steht. Die Offenheit und Weite der Puszta verblasst vor Bildern, die Stacheldraht-Zäune und verzweifelte Flüchtlinge zeigen. Für ein Jubiläum hätte man sich würdigere Gäste gewünscht. Die Auswahl des dritten Partners, Trentino als Caravan-Region, wirkt schließlich, als habe man einen bewährten, treuen Gast vom Stammtisch an den Ehrentisch geholt. Klassiker, das weiß jeder Wirt, gehen immer.

Der Overtourism stellt die Branche vor Herausforderungen

So stellt sich die Frage, ob das seit den 1990er Jahren bestehende Konzept der Partnerländer nicht auch einer Überarbeitung bedarf. Statt einzelne Urlaubsländer als Gegenleistung für eine finanzielle Beteiligung in den Mittelpunkt zu rücken, könnte der Fokus künftig mehr auf den Herausforderungen liegen, denen sich die Branche stellen muss. Da ist an vorderster Stelle das Problem des überbordenden Tourismus zu nennen. Wie begegnen Reiseveranstalter und Tourismusbehörden der Überlastung von Städten, Sehenswürdigkeiten und Regionen durch einen Massenansturm, der sie ihrer Identität beraubt? Wie kann die wachsende Front zwischen Bewohnern und Besuchern aufgelöst, die Gruppen versöhnt werden? Auch die Digitalisierung schafft Probleme, in dem sie durch Social-Media zum Overtourism beiträgt und eine unfaire Konkurrenz zwischen Privatanbietern und Hotels fördert. Einfache Lösungen gibt es auf keine dieser Fragen. Wer 50 Jahre alt wird, ist weise und kann sich darum kümmern.

 gabriele.kiunke@stzn.de