Im neuen Start-up-Zentrum von Bosch in Ludwigsburg kann man seine Besprechung auch in einer norwegischen Holzhütte abhalten. Foto: Robert Bosch GmbH

Zehn interne Start-ups und Innovationsteams von Bosch ziehen ins neue Zentrum in der Ludwigsburger Weststadt. Bei der Entwicklung neuer Geschäftsideen spielt auch eine norwegische Holzhütte eine Rolle.

Ludwigsburg - Eine norwegisch anmutende Holzhütte, ein Besprechungsraum in Form eines Zylinders aus Holz. Dazu Sessel im Retrodesign, Perserteppiche und viel buntes Metall. Und das alles im postindustriellen Ambiente einer ehemaligen Produktionshalle in der Ludwigsburger Weststadt: So sieht der neue Sitz der Robert Bosch Start-up GmbH aus, für die am Montagabend eine kleine Eröffnungsfeier stattfand. Auch die Firmenchefs waren da – aber ohne Krawatte, es geht ja schließlich um Start-ups. Peter Guse, der Leiter der neuen Firma, trat sogar im Hoodie, also einem Sweatshirt mit Kapuze, auf die Bühne. „Dieses Gebäude soll unserer Kultur ein Gesicht geben“, sagte er vor knapp 300 Gästen.

Kurze Wege, flache Hierarchien und eine kreative Arbeitsumgebung: Typische Merkmale frisch gegründeter Unternehmen sollen hier für die Mitarbeiter des Weltkonzerns gelten. Die insgesamt zehn Start-ups und Innovationsteams kommen alle aus dem Mutterkonzern und sollen für Bosch ganz neue Geschäftsfelder erschließen oder neue Produkte für bereits bestehende Geschäftsbereiche entwickeln.

Disruption von innen

„Lieber haben wir die Ideen und ändern unsere Geschäftsstrategie, als dass wir von außen angegriffen werden“, sagte Volkmar Denner, der Vorsitzende der Bosch-Geschäftsführung. Disruption von innen quasi, wie Wirtschafter dazu sagen. Um die Disruption von außen kümmert sich die Bosch Venture Capital: Sie kauft Start-ups auf, deren Produkte ins Firmenportfolio passen. Denners Credo: Disruption, also eine Innovation, die bestehende Produkte oder Dienstleistungen angeht und vom Markt verdrängt, funktioniere auch in einem großen Konzern. Die Start-up GmbH biete den Mitarbeitern die gleiche Agilität und Beweglichkeit wie in einem klassischen Start-up, aber gleichzeitig den Komfort und die Sicherheit eines Großkonzerns.

Nach und nach sollen 200 Mitarbeiter in die 5000 Quadratmeter große ehemalige Fabrikhalle ziehen, die der Ludwigsburger Unternehmer Max Maier dem Konzern vermietet. „Die Transformation der Weststadt hat erst begonnen“, sagte Maier am Montagabend. Drei Millionen Euro hat Bosch in die Räume investiert, Künstler wurden für die Gestaltung engagiert. Die kreative Umgebung soll dabei helfen, innovative Geschäftsideen für den Konzern zu entwickeln.

Keine Nachteile für Mitarbeiter im Falle des Scheiterns

So arbeitet das Start-up Deepfield Connect daran, Landwirten mit vernetzten Sensoren und autonomen Landmaschinen die Arbeit zu erleichtern. „MyScotty“ heißt wiederum eine App, die verschiedene Sharing-Plattformen für Auto, Fahrrad oder Roller in einer vereint.

Jedes interne Bosch-Start-up muss seine Idee erst einmal vor einem Investorenbeirat erfolgreich bewerben, ehe Geld fließt. Ist dann die prinzipielle Durchführbarkeit des Projekts belegt – in der Start-up-Sprache spricht man von Proof of Concept – wird entschieden, ob das Projekt eingestellt oder ein marktreifes Produkt daraus gemacht wird. Für jene Mitarbeiter, die sich auf das Wagnis Start-up eingelassen haben, sollen im Falle des Scheiterns keine Nachteile bei der Rückkehr in den Mutterkonzern entstehen. Laut Denner habe aber noch kein Mitarbeiter nach Sicherheiten für Danach gefragt.

Anteile an den Start-ups können die Mitarbeiter bislang nicht erwerben. Im Erfolgsfall gibt’s stattdessen einen Bonus. Dass die Arbeit an einem neuen Geschäftsfeld im Start-up-Zentrum mit einem Mehraufwand verbunden ist, stellt der Bosch-Chef nicht in Abrede: „Wir brauchen Leute, die für ein Thema brennen.“

Bosch in Ludwigsburg

Zentrale
Die Start-up GmbH ist nicht die einzige Neuerung, die Bosch nach Ludwigsburg bringt. Im vorigen Dezember etwa wurde öffentlich, dass der Konzern die ehemalige EnBW-Zentrale an der Hoferstraße anmietet, um dort 200 Mitarbeiter in einem neuen Geschäftsfeld anzusiedeln.

Mobilität
Mittlerweile ist klar, um welchen Geschäftsbereich es geht: Connected Mobility Solutions. Dort werden digitale Mobilitätsdienstleistungen wie beispielsweise E-Scooter-Sharing oder vernetzte Services für Autofahrer entwickelt. Weitere Standorte des neuen Geschäftsbereichs, dessen Zentrale in Ludwigsburg sein soll, sind in Hildesheim, Berlin und Shanghai. Aktuell laufen nach Angaben des Unternehmens die Umbaumaßnahmen. Sobald diese abgeschlossen sind, mutmaßlich im Sommer, soll der Umzug beginnen.