Eine genaue Prognose der diesjährigen Getreideernte – die dieser Tage in Baden-Württemberg begonnen hat – ist nach Meinung des Bauernverbandes noch nicht möglich. Foto: dpa

Obstbauern und Weingärtner müssen teilweise mit Totalausfall rechnen. Die Weizenernte ist voraussichtlich geringer als im Durchschnitt der vergangenen Jahre. Der Bauernverband fordert daher mehr Versicherungsmöglichkeiten und steuerliche Vergünstigungen bei einer Risikorücklage.

Markgröningen - Die deutschen Landwirte sind insgesamt noch einmal mit einem blauen Auge davon gekommen: Die nach den Frostnächten im Frühjahr vielfach befürchtete Erntekatastrophe bleibt insgesamt aus. Trotzdem hat es Obstkulturen hart erwischt: „Das ist für manche Betriebe existenzbedrohend“, sagte der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied, am Montag anlässlich des Erntebeginns. Besonders Kirschen, Pflaumen und Stachelbeeren, aber auch Äpfel, Trauben und Erdbeeren hätten unter den frostigen Nächten Mitte April gelitten, so die Bilanz von Rukwied, der auch Präsident des Bauernverbandes in Baden-Württemberg ist. Dazu seien Ende Mai und Anfang Juni noch starke Regenfälle und Hagel gekommen.

Besonders Süddeutschland betroffen

Besonders stark dürften die Ausfälle in Süddeutschland sein. Bei Kirschen werde beispielsweise deutschlandweit nur eine Ernte von 19 600 Tonnen erwartet, mehr als sechzig Prozent weniger als im Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre, so Rukwied. Besonders stark sei der Rückgang voraussichtlich bei Süßkirschen, die einen Anbauschwerpunkt in Baden-Württemberg haben. Trotz der Schäden bei Kernobst wie Äpfeln oder Trauben hänge es jedoch noch von der Witterung der kommenden Wochen und Monate ab, wie hoch die Ernte tatsächlich ausfalle. Oft seien die Schäden sehr kleinräumig verteilt. So könne es im selben Ort zu Totalausfällen, aber auch zu keinerlei negativen Auswirkungen für die Bauern kommen. „Die Landwirtschaft leidet immer mehr unter extremen Wetterlagen“, sagte der Bauernpräsident. Das gelte für Trockenperioden ebenso wie für heftige Regenfälle. Wie stark sich der extreme Regen der vergangenen Tage in Nord- und Ostdeutschland auf die Ernte auswirke, lasse sich noch nicht vorhersagen.

Forderung nach steuerlichen Hilfen

Um sich besser gegen Wetterkapriolen schützen zu können, fordert der Bauernpräsident unter anderem zusätzliche Versicherungsmöglichkeiten. So sei eine Versicherung gegen Frost beispielsweise bisher nur bei Wein und Erdbeeren möglich, nicht dagegen bei Kern- und Steinobst sowie beim übrigen Beerenobst. „Der Klimawandel erfordert ein wirksameres und besseres Risikomanagement“, sagte Rukwied. Notwendig seien deshalb auch steuerliche Vergünstigungen für Risikorückstellungen. Dieses Thema müsse die Politik in der nächsten Legislaturperiode des Bundestags wieder aufgreifen.

Die Forderung nach Vergünstigungen bei Risikorückstellungen wird vom Bauernverband schon länger erhoben, ohne dass es bislang zu einem Ergebnis gekommen ist. Weiter verlangt der Verband auch die Förderung von Investitionen in Frostschutzanlagen. Mit solchen Anlagen können Kulturen vereist werden, so dass der Frost ihnen weniger stark zusetzen kann. Deutliche regionale Unterschiede gibt es nach Angaben des Verbandes beim Getreide, der wichtigsten Frucht für die deutschen Landwirte. Insgesamt erwartet die Bauernorganisation eine Getreideernte von etwas mehr als 45 Millionen Tonnen. Damit würde zwar der Stand des Vorjahres, nicht aber der Durchschnitt der vergangenen Jahre erreicht. Dieser lag zwischen 2012 und 2016 bei knapp 49 Millionen Tonnen. Auch der Rückgang der deutschen Getreideernte in den vergangen Jahren ist nach Ansicht von Rukwied eine Folge extremer Wetterveränderungen. Vor allem bei Weizen mache aber der starke Regen und die zuletzt heiße, trockene Witterung eine Schätzung der kommenden Erntemenge schwer. Ähnliches gelte auch für die Qualität des Weizens. „Die Erwartungen unserer Bauern an die diesjährige Ernte sind eher zurückhaltend“, erklärte Rukwied. Da die Ernte in Deutschland keinen entscheidenden Einfluss auf den Getreidepreis habe, könnten die Landwirte bei einer geringeren Ernte nicht auf höhere Preise hoffen. Entscheidend für den Getreidepreis sei die Entwicklung auf dem Weltmarkt. Im letzten Wirtschaftsjahr ist der Getreidepreis jedoch etwas gestiegen. So erhielten die Bauern zum Ende des Wirtschaftsjahres 2016/17 für eine Tonne Brotweizen 155 Euro. Ende des Wirtschaftsjahres zuvor waren es dagegen nur 139 Euro pro Tonne gewesen. Das Wirtschaftsjahr in der Landwirtschaft beginnt am 1. Juli und endet am 30. Juni. Deutlich gestiegen sind nach den Angaben von Rukwied die Preise, die die Bauern für Milch und Schweinefleisch erhalten. So liege der Milchpreis aktuell zwischen 33 und 35 Cent je Liter. Dieser lag voriges Jahr teilweise unter 20 Cent je Liter.