Windkraftanlage im Schwarzwald: bei einer Ausschreibung ging das Land leer aus. Foto: dpa

Der grüne Umweltminister Untersteller warnt auf dem Windbranchentag in Stuttgart vor einer weiteren „Nullrunde“ bei den Ausschreibungen für Windkraftanlagen an Land.

Stuttgart - Die Enttäuschung war beim neunten Windbranchentag – einem Branchentreff mit 300 Fachleuten und Unternehmern – spürbar. Vergangene Woche hatte die Bundesnetzagentur die Ergebnisse der Ausschreibung von Windkraft an Land vorgelegt – 70 Gebote mit einem Umfang von 807 Megawatt erhielten den Zuschlag, eingereicht worden waren mehr als dreimal soviele Gebote mit gut doppelt soviel Megawatt. Was in Stuttgart aber Frust auslöste: Baden-Württemberg ging leer aus, kein einziger Bieter aus dem Südwesten erhielt einen Zuschlag, ebenso wenig wie Bieter aus Thüringen, Saarland und Sachsen – immerhin waren zwei Bieter aus Bayern erfolgreich. „Mit Überraschung“, so Christian Overbeck vom Landesvorstand des Verbandes Windenergie Baden-Württemberg, habe man auch erfahren, dass 96 Prozent des Zuschlagsvolumens nicht an „Profis“ sondern an kleine Mitbieter gegangen sei: Bürgerenergiegesellschaften und Energiegenossenschaften.

Unternehmer hoffen auf die nächsten Ausschreibungen

Die Windkraftanbieter im Südwesten hoffen nun bei zwei weiteren Ausschreibungen für Windkraft onshore in diesem Jahr zum Zuge zu kommen. „Es ist zu früh, um ein Urteil abzugeben. Aber wir werden uns mit den Genehmigungen beschäftigen“, sagte Overbeck. Man habe in den nächsten zwei Jahren noch damit zu tun, die 2016 rund 200 genehmigten Windkraftanlagen in Baden-Württemberg zu bauen, außerdem seien weitere 150 Anlagen noch im Genehmigungsverfahren. Der Löwenanteil der Zuschläge für die Zukunft ging jetzt aber erst einmal nach Norddeutschland, nur neun Prozent entfielen bei der ersten Windkraft-Ausschreibung nach dem EEG-Gesetz auf den Süden.

Auch Wolfram Axthelm, Geschäftsführer des Bundesverbandes Windenergie, hält die Nullnummer für den Südwesten für eine Unwucht im System: „Wir wollen, dass die Windkraft über ganz Deutschland verteilt wird. Das einige Länder abgeschnitten werden, darf nicht passieren.“

Abgesehen vom starken Nord-Süd-Gefälle hat das gute Abschneiden der Bürgerenergiegesellschaften Stirnrunzeln ausgelöst. Sie gingen unter erleichterten Bedingungen an den Start und mussten keine immissionsschutzrechtliche Genehmigung vorlegen, wodurch sie im Vorfeld der Ausschreibung Kosten einsparten. Auch haben sie vier Jahre lang Zeit, ihre Projekte umzusetzen – eine Zeitspanne, in der kostengünstigerer Anlagen auf den Markt kommen könnten.

Der Südwesten hat noch Potenzial, sagt der Minister

Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) sagte, dass der Südwesten „das Potenzial für einen weiteren Ausbau habe und es zahlreiche Investoren“ gebe, „die bei uns Windkraftanlagen errichten wollen. Neben der Solarenergie sei die Windkraft „unsere wichtigste Ausbauoption“. Man müsse das Ergebnis der ersten Ausschreibung analysieren: „Wiederholen sollte sich eine Nullnummer nicht.“ Auch Untersteller hatte sich für die „Energiewende aus Bürgerhand“ eingesetzt und freut sich über den Erfolg der Bürgergesellschaften. Dass sie nun allerdings so gut abschneiden, „dass hatte keiner so richtig auf dem Schirm“.

Untersteller hatte früher vergeblich eine regionale Quote bei den Ausschreibungen für Windkraft angeregt. Er erwartet, dass es jetzt im „Novellierungsprozess“ des EEG eine Debatte über die Bürgerenergiegesellschaften geben wird. Denkbar sei eine Quotierung. „Es gibt da eine Ungewichtigkeit im System. Das muss auf den Prüfstand. Das wird so nicht bleiben.“

Bei der FDP hatte das Ausschreibungsergebnis Spott ausgelöst: Es habe gezeigt, so die umweltpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Gabriele Reich-Gutjahr, dass Windräder in Baden-Württemberg so sinnvoll seien „wie Ananasanbau auf Grönland.“ Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Minister Untersteller müssten „ihr ideologisches Ziel, bis 2020 zehn Prozent der Bruttostromerzeugung aus heimischer Windenergie bereitzustellen, nun wohl endgültig begraben“, so Reich-Gutjahr. Paul Nemeth von der CDU riet den Unternehmern, sich „auf die windhöffigsten Gebiete“ im Lande zu konzentrieren.