Grün-Rot: Die angestrebte Änderung des Landesplanungsgesetzes ist noch in der Schwebe.  

Freiburg/Stuttgart - Beim Ausbau der Windkraft in Baden-Württemberg könnten die Regionalverbände an planungsrechtlichem Einfluss verlieren. Die grün-rote Landesregierung, die 1000 neue Windräder bis 2020 zulassen möchte, erwägt eine Lockerung des Planungsrechts und die Stärkung der Zuständigkeiten der Kommunen.

Jährlich 100 bis 150 neue Windräder will die grün-rote Landesregierung zulassen und so den Bestand an Windmühlen im Südwesten auf 1000 erhöhen. Bis 2020 sollen zehn Prozent des Gesamtstromverbrauchs in Baden-Württemberg durch Windkraftanlagen erzeugt werden. Auf der Basis des bestehenden Planungsrechts ist dies nicht kaum möglich. Das Landesplanungsgesetz soll nach dem Willen von Grün-Rot deshalb entsprechend geändert werden. So steht es auch im Koalitionsvertrag. Allerdings sind die Überlegungen im zuständigen Ministerium für Verkehr und Infrastruktur noch nicht ausgereift. "Das Ganze ist noch in der Schwebe", sagte ein Ministeriumssprecher auf Anfrage. Auch über die Rolle der Regionalverbände müsse man sich noch verständigen. Die Gespräche liefen.

Der Regionalverband südlicher Oberrhein reagiert verhalten. "Wir wären nicht unglücklich, wenn in Zukunft andere die Windenergieplanung machen müssten", sagte Verbandspräsident Otto Neideck. Gleichzeitig wünscht er sich weiterhin ein "geordnetes Verfahren", damit eine "Verspargelung der Landschaft" verhindert werde. Der Verband forderte die grün-rote Landesregierung auf, schnellstmöglich die landesrechtlichen und inhaltlichen Grundlagen für die Fortschreibung des Kapitels "Windenergie" des Regionalplans zu schaffen. Nach Auskunft Neidecks und seines Verbandsdirektors Dieter Karlin hat der Regionalverband in den vergangenen sechs Jahren gute Arbeit für die Windkraft geleistet und deren Ausbau nicht behindert.

Auch der Verband Region Stuttgart betont die Wichtigkeit einer übergreifenden Planung. Gerade im Bereich der Windkraft gebe es einen hohen interkommunalen Abstimmungsbedarf, sagte Verbandsdirektor Thomas Kiwitt auf Anfrage. Es sei nach wie vor sinnvoll, die Standorte in einem Regionalplan festzulegen. In den vergangenen Jahren habe man eine vernünftige Standortpolitik betrieben: "Wir stehen nicht in dem Ruch, eine Verhinderungsplanung zu betreiben", sagte Kiwitt. Auch der Verband Region Stuttgart dringt auf Klarheit:

Der Windkraftbetreiber Andreas Markowsky erklärte in Freiburg, es sei gut, wenn die Regionalverbände an Bedeutung verlören. Sie hätten die Windkraftnutzung im Land weder schnell noch konstruktiv vorangebracht. "Wir planen den Ausbau der Windkraft zukünftig nicht mehr mit den Regionalverbänden", kündigte Geschäftsführer Andreas Markowsky von der Freiburger Ökostrom GmbH an. "Mit der Flächennutzungsplanung in den Gemeinden können wir den Ausbau der Windkraft schneller und ohne Wildwuchs voranbringen."

Tatenlos will der Regionalverband südlicher Oberrhein nicht auf die Neuordnung warten. An diesem Donnerstag legt er dem Planungsausschuss seinen Vorschlag für sechs neue "Premiumsuchräume" vor, für die das Regierungspräsidium sogenannte Zielabweichungsverfahren einleiten und damit mehr Windkraft erlauben könnte. Dazu gehören die Standorte auf dem Uhrenkopf in Haslach, Elmlesberg in Gutach, Plattenhöfe in Simonswald und Scheresköpfle-Wuspeneck zwischen Glottertal und Stegen sowie im Sprengwald in Oberried. Die Stadt Freiburg favorisiert eine Riesenwindmühle auf dem Ochsenberg unterhalb des Schauinslandes. Dort will Markowsky zusammen mit dem Energieversorger Badenova ein 196 Meter hohes Windrad errichten, das mit 7,5 Megawatt Leistung jährlich rund 15 Millionen Kilowattstunden an Windstrom erzeugt - so viel wie alle anderen sechs Windräder in Freiburg und Gundelfingen zusammen. Diesen Standort und auch die Holzschlägermatte, wo sich bereits zwei Windräder drehen, hat der Regionalverband "wegen des geltenden Planungsrechts" nicht in seine Überlegungen für neue Windkraftstandorte aufgenommen. Rückenwind erhalten die Windkraftbefürworter von Freiburgs Regierungspräsident Julian Würtenberger. Er sprach sich beim dritten Windbranchentag in Stuttgart jüngst dafür aus, im Vorgriff auf künftige Vorranggebiete dort Windkraftanlagen zuzulassen, wo das Einverständnis der betroffenen Gemeinden vorliegt - wie zum Beispiel im Münstertal, in Freiamt und St. Peter. "So könnten wir das politische Ziel der Landesregierung, den Ausbau der Windkraft zu beschleunigen, schon kurzfristig erfolgreich umsetzen", meint Würtenberger.