Neue Windräder im Land: Theoretischer Wille und praktische Umsetzung passen nicht immer. Foto: dpa

Bis 2020 sollen im Land 1200 neue Windräder stehen – Ausbau der erneuerbaren Energien stößt an Grenzen.

Stuttgart/Bad Peterstal - Grün-Rot will bis 2020 insgesamt 1200 neue Windräder im Land haben. Aber theoretischer Wille und praktische Umsetzung passen nicht immer, wie der prominente Fall Schmiederer zeigt.

Der Wetterbericht für die nächsten Tage ist eindeutig: Es soll heiter bis bewölkt sein, ab und zu kann es Gewitter geben. Von starkem Wind ist in den aktuellen Prognosen für Baden-Württemberg jedenfalls nicht die Rede. Meinrad Schmiederer, erfolgreicher wie einflussreicher Hotelier vom Dollenberg in Bad Peterstal-Griesbach, dürfte sich bestätigt fühlen. „Windräder sollte man dort bauen, wo es wirklich Wind gibt“, sagte er seit Monaten. Seine Ablehnung freilich kam nicht von ungefähr.

Ein Investor hatte angekündigt, quasi gleich hinter der Fünf-Sterne-Luxusherberge im Schwarzwald sieben Windräder mit einer Höhe von 140 Metern bauen zu wollen. „Dann gebe ich dem Haus noch zehn Jahre“, hatte er geunkt und seinen Kampf gegen das Bauprojekt begonnen. Schmiederer, obwohl Anhänger der erneuerbaren Energien, wurde damit zum prominentesten Vorkämpfer gegen ein umstrittenes Ziel der Landesregierung, das besagt: Bis 2020 setzt Grün-Rot landesweit auf 1200 neue Windkraftanlagen.

„Wir haben nur die Fakten zusammengetragen und unsere Arbeit gemacht“

Nun scheint Schmiederer am Ziel zu sein. Das Landratsamt Ortenaukreis hat die Schwarzwaldhöhen hoch über Bad Peterstal-Griesbach als wenig geeignet für den Bau der Windräder eingestuft. Nicht wegen der mächtigen Stellung und des öffentlichen Trommelns durch den Hotelboss vom Dollenberg, sondern aus sachlichen Gründen. „Wir haben nur die Fakten zusammengetragen und unsere Arbeit gemacht“, sagt der parteilose Landrat Frank Scherer.

Er ließ im Landratsamt Offenburg sämtliche Informationen über Landschaftsschutz- und Vogelschutzgebiete in der Region zusammentragen, schaute noch einmal durch, welche Gegenden als Suchraum für den möglichen Nationalpark Nordschwarzwald reserviert sind (und damit als Standort für Windräder ausscheiden) und auf welchen Höhen der Wind stark bläst. Am Ende stand eine sogenannte Nettokarte, über die Scherer sagt: „Nachdem wir alle Restriktionen beachtet haben, reduzierte sich die Zahl der Standorte für mögliche Windkraftanlagen im Ortenaukreis automatisch.“

Patt im Gemeinderat

Der Höhenzug unweit der Schwarzwaldhochstraße und damit in Blickweite zu Schmiederers Hotel ist nicht mehr dabei. Zum einen, weil es sich dort um ein Landschaftsschutzgebiet handelt, zum anderen weil schützenswerte Tiere wie Auerhahn, Bussard und Dreizehenspecht dort ihre Kreise ziehen. Aus Sicht des Landrats sind nun die Kommunen wieder gefordert: „Jede Gemeinde kann jetzt zusammen mit möglichen Investoren überlegen, wo ein Standort für Windräder Sinn macht.“

Ob Bad Peterstal-Griesbach mit dem Investor an den Bauplänen dennoch festhält, ist unklar. Bürgermeister Meinrad Baumann war für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Er hatte in der Vergangenheit stets für die Errichtung der sieben riesigen Windräder geworben. „Ich habe keine Erkenntnis, dass Windkraftanlagen für den Tourismus schädlich wären“, hatte Baumann, der sich parteilos nennt, aber den Grünen zugerechnet wird, stets behauptet – und damit den Zorn seines prominenten Bürgers Schmiederer noch gesteigert. Im Gemeinderat, so heißt es, gibt es inzwischen ein Patt.

„Eine Verschandelung der Landschaft“ wird Scherer „nicht akzeptieren“

Die einen fürchten um die Auswirkungen für den Tourismus, die anderen pflegen Goldgräberstimmung, weil sie sich steigende Gewerbesteuereinnahmen erhoffen. Fakt ist: Sollte die Kommune an den Bauplänen festhalten, droht ihr eine Niederlage, weil das Landratsamt kaum einer Befreiung von den Vorschriften zustimmen kann.

Landrat Scherer jedenfalls lässt keine Zweifel, dass er den von Grün-Rot geplanten Ausbau der Windkraft im Südwesten durchaus teilt. Immerhin habe die „Nettokarte“ ergeben, das 30 Gebiete im Ortenaukreis für insgesamt 45 Windräder infrage kommen. „Damit hätten wir unseren Beitrag zum Klimaschutz geleistet.“ Einen Wildwuchs an Windkraftanlagen dürfe es aber nicht geben. „Wir brauchen Standorte, die im Einklang mit Wirtschaft und Natur stehen und zugleich wirtschaftlich sinnvoll sind“, sagt Scherer. „Eine Verschandelung der Landschaft“ werde er „nicht akzeptieren“.

Insider werten das Vorgehen des Ortenaukreises als vorbildhaft. Die Prüfung der Fakten habe dazu beigetragen, die aufgeheizte Stimmung zu beruhigen. Hotelier Schmiederer atmet jedenfalls erst einmal durch. Er glaube, dass sein „sachlich begründeter Protest zum Nachdenken bewegt“ hat. Nicht nur vor seiner Haustür, „sondern landesweit“.