Seit 20 Jahren gibt es das EEG – es regelt die Vergütung grüner Energie. Foto: stock.adobe.com/Kraus

Für die ersten Betreiber läuft nach 20 Jahren die Förderung aus – ohne neue Regelung droht nun das Aus.

Stuttgart - Es waren beinahe noch Ökopioniere, die sich um die Jahrtausendwende eine Fotovoltaikanlage auf das Dach bauen ließen: Die Solarpanels waren damals noch sehr teuer, und die Leistung mit oft nur zwei Megawatt war sehr überschaubar – heute erzielen sie auf normalen Hausdächern oft bis zu fünfmal so viel. Dafür erhielten die Besitzer allerdings einen garantierten Preis von 50,6 Cent pro Kilowattstunde eingespeistem Strom. Heute hingegen sind es nicht einmal mehr zehn Cent; und an der Strombörse ist der Solarstrom sogar schon für durchschnittlich fünf Cent zu haben. Doch nun endet nach 20 Jahren die Vergütung nach dem damals eingeführten Erneuerbare-Energien-Gesetz, kurz EEG. Für die Besitzer der älteren Anlagen stellt sich deshalb jetzt die Frage: Was nun?

Allein in Baden-Württemberg sind in den nächsten fünf Jahren 30 000 Fotovoltaikanlagen betroffen; das entspricht fast zehn Prozent aller 328 000 Anlagen, die es 2018 im Südwesten gab. Grundsätzlich haben die Besitzer drei Möglichkeiten. Erstens könnte man die Anlagen, die damals fast immer den Strom ganz ins Netz einspeisten, so umbauen, dass man den erzeugten Strom selbst nutzen könnte. Doch das ist teuer, vor allem wegen des notwendigen Speichers; angesichts der eher geringen Restlaufzeit sei das oft nicht wirtschaftlich, hat der Solarenergie-Förderverein Deutschland im März dieses Jahres in einer Studie ausgerechnet.

Betreiber erhalten nur noch zehn Prozent der Vergütung

Zweitens könnte man einen neuen Vertrag mit einem Energieunternehmen schließen, das aber dann vermutlich nur noch die rund zwei bis sechs Cent der Strombörse bezahlt. Da dafür aber ein neues Messsystem installiert werden und da der Betreiber nun selbst eine EEG-Umlage berappen muss, zahle der Besitzer am Ende jedes Jahr drauf, so der Förderverein. Bei einer Zweikilowattanlage lägen die Kosten bei 350 Euro jährlich, die Stromeinnahmen aber nur noch bei 90 Euro. Die dritte Lösung wäre deshalb, die Anlage nach 20 Jahren stillzulegen. Aber das kann letztlich niemand wollen, weder die Politik, die den Solarstrom im Kampf gegen den Klimawandel braucht, noch die Betreiber, die ja gerne noch etwas länger grünen Strom produzieren würden.

Auch Baden-Württembergs Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) ist deshalb jetzt auf den Plan getreten, um in Berlin eine sinnvolle Neuregelung anzustoßen: „Die Bundesregierung darf bei einer so wichtigen Frage der Energiewende nicht tatenlos bleiben“, betonte Untersteller. Er will nach der Sommerpause eine Initiative im Bundesrat starten. Er schlägt vor, bei kleineren Anlagen auf Messgeräte sowie EEG-Umlage zu verzichten. Der Förderverein sieht das genauso, fordert aber zusätzlich einen Umweltbonus von 2,5 bis 4,5 Cent pro Kilowattstunde. Dann kämen die Betreiber in die Nähe der heutigen EEG-Vergütung, obwohl sie zuvor schon 20 Jahre lang von der deutlich höheren Vergütung profitiert haben.

Beim Bundeswirtschaftsministerium ist das Thema bereits angekommen. Eine EEG-Novelle sei in Arbeit, betonte die Sprecherin Anna Sophie Eichler. Der Referentenentwurf werde nach der Sommerpause vorgelegt. Allerdings betont das Ministerium, dass die Anlagen, die jetzt aus der Vergütung fallen, „bereits refinanziert“ seien. Das soll wohl heißen: Man will die Anlagen zwar weiterhin am Netz halten, aber nicht mehr weiter fördern.

Auch die Energieversorger sind bereits aktiv geworden. Viele arbeiten daran, den Betreibern kleinerer Anlagen ein unkompliziertes Angebot zu machen. Die EnBW etwa hat vor kurzem ein Positionspapier erstellt und plant, den Betreibern einen „einfachen und kostengünstigen Marktzugang“ zu ermöglichen. Aber auch die EnBW-Sprecherin Jadine Wohlbold mahnt die Politik, dass dafür die gesetzlichen Regelungen „unverzüglich“ angepasst werden müssten.

EEG-Umlage und damit der Strompreis könnte sinken

EEG-Umlage

Die Kosten für die höhere Vergütung des Solarstroms trägt der Stromkunde über die EEG-Umlage; derzeit macht sie mit 6,76 Cent pro Kilowattstunde fast 20 Prozent des Strompreises aus. Das EEG hat zu einer starken Zunahme der erneuerbaren Energien beigetragen. In Deutschland waren im Jahr 2000 rund 114 Megawatt an Leistung bei Fotovoltaikanlagen installiert – heute sind es 46 Gigawatt. Das entspricht mehr als 40 000 Mal so viel als vor 20 Jahren.

Kosten

Die Umlage erhöht den Strompreis, weshalb seit langem der Vergütungssatz für die Betreiber kontinuierlich sinkt, um die Kosten für den Endkunden einigermaßen begrenzt bleiben, trotz des massiven Zubaus an Anlagen. 2018 und 2019 sank die Umlage leicht, 2020 stieg sie wieder. Durch den Wegfall der Vergütung für alte Anlagen könnte der Strompreis in den nächsten Jahren fallen, falls die Energieversorger nicht aus anderen Gründen den Strom verteuern sollten.

Ausbau

In Baden-Württemberg waren im Jahr 2018 insgesamt 5,8 Gigawatt an Leistung in der Fotovoltaikanlagen installiert gewesen. Das ist bundesweit der zweite Platz, allerdings weit abgeschlagen hinter Bayern mit 12,5 Gigawatt. Laut der Agentur für erneuerbare Energien hat der Südwesten sein Solarpotenzial erst zu 21 Prozent ausgeschöpft. Der Anteil des Solarstroms im Südwesten an der Bruttostromerzeugung lag 2018 aber immerhin bei 8,3 Prozent.