Wie lässt sich die Windkraft schneller ausbauen? Foto: dpa/Patrick Pleul

Sich ständig ändernde Rahmenbedingungen und Gesetze erschweren die Arbeit der Planungsoffensive des Bauministeriums. Noch fehlen wichtige Basisinformationen.

Thomas Kiwitt findet klare Worte: „Die aktuelle Situation steigert die Verunsicherung in den Städten und Gemeinden und trägt nicht dazu bei, die Akzeptanz für die Ausbaupläne der Windkraft zu erhöhen.“ Schuld daran seien, so der Chefplaner des Regionalverbands Stuttgart, die sich immer wieder ändernden Rahmenbedingungen, die den Planungsprozess für Windkraft- und Photovoltaikanlagen behinderten.

Dabei soll eigentlich die Taskforce, die das Ministerium für Landesentwicklung und Bauen im Rahmen der Planungsoffensive Windkraft ins Leben gerufen hat, genau das Gegenteil erreichen. Erstmals in der Geschichte des Landes haben sich im Frühjahr alle zwölf Regionalverbände mit dem Ministerium von Nicole Razavi (CDU), dem Umwelt-, dem Verkehrs- und dem Landwirtschaftsministerium zusammengetan. Das gemeinsame Ziel hatte Razavi so formuliert: „Wir wollen alle Planungen für den Ausbau der Windkraft und der Freiflächenphotovoltaik massiv beschleunigen. Wir geben Vollgas.“

Diskussionen um Windräder in Grünzügen

Das war dann wohl doch ein bisschen zu optimistisch: Denn geänderte Vorgaben und Gesetze haben dafür gesorgt, dass die Taskforce, statt Vollgas zu geben, gelegentlich doch eher auf die Bremse treten musste. Zunächst kam bekanntlich der Bund dem Land mit der Verpflichtung, 1,8 Prozent der Landesfläche allein für die Windkraft zur Verfügung zu stellen, in die Quere. Das Land hatte als Zielmarke für Windkraft und Photovoltaik zusammen zwei Prozent ausgegeben.

Auch im Land habe es, so Kiwitt, immer wieder Änderungen gegeben. Die Novelle des Klimaschutzgesetzes habe dazu geführt, dass man sich neu habe orientieren müssen. Auch die Änderung des Landesplanungsgesetzes, das jetzt regelt, dass Windräder auch in regionalen Grünzügen gebaut werden dürfen, hat für Diskussionen gesorgt.

Bundeswehr hat noch keine Flugschneisen benannt

Trotz aller Kritik betont Kiwitt, dass der Verband Region Stuttgart weiterhin zur Planungsoffensive stehe und die Arbeit der Taskforce grundsätzlich begrüße. Die Ministerien hätten mittlerweile viele Detailfragen geklärt. Und dafür, dass die Bundeswehr es bisher nicht geschafft habe, ihre Tiefflugschneisen zu benennen, sei niemandem im Land die Verantwortung zuzuschieben.

Voraussetzung dafür, dass die Regionalverbände ungestört und rechtlich abgesichert ihre Planungsaufträge erledigen könnten, seien aber zwei weitere Bedingungen, die das Land erfüllen müsse. Zum einen müsse es die zugesagten Mittel für jeweils zwei neue Mitarbeiter bewilligen, die sich in den zwölf Regionalverbänden um die Windkraftplanungen kümmern sollen. Zum anderen müsse die Landesregierung deutlich machen, welche Flächen für die Photovoltaik vorgesehen sind – eben nur jene 0,2 Prozent, die von der Bundesvorgabe noch zum Landesziel fehlen, oder- wie jüngst in politischen Diskussionen genannt 0,5 oder gar ein Prozent. Kiwitt: „Erst wenn wir das wissen, können wir mit seriösen Planungsvorschlägen an die Gemeinden herantreten.“

Die Planungsoffensive wird von niemandem in Frage gestellt

Diese Kritik wollen das Umwelt- und das Landesentwicklungsministerium nicht stehen lassen. „Die Planungsoffensive wird von keinem der 12 Regionalverbände im Land in Frage gestellt“, betont Rainer Wehaus, der Sprecher von Nicole Razavi. „Zu den für die Windkraft- und Freiflächenphotovoltaik-Planung wichtigen Themen Artenschutz, Denkmalschutz, Landwirtschaft, Luftsicherheit und Bürgerbeteiligung haben die Regionalverbände, wie vereinbart, zum Anfang des vierten Quartals Hinweise für fachliche Erleichterungen und notwendige Planungsdaten erhalten. Es ist mit den Fachressorts vereinbart, dass diese bis zum Abschluss der Planungsoffensive Ende 2025 Bestand haben.“ Auch das Umweltministerium betont, dass es seine Beiträge zur Beschleunigung der Verfahren bereits geleistet habe.

Matthias Proske, der Sprecher der Regionalverbände, fügt hinzu: „Die Regionale Planungsoffensive steht und stand zu keinem Zeitpunkt zur Disposition.“ Allerdings fehlten noch einige Konkretisierungen: „Jede weitere Verzögerung führt unweigerlich zu einer Strapazierung des ohnehin ambitionierten Zeitplans. Entscheidend für das Gelingen im Zeitrahmen bis 2025 ist, dass ab jetzt keine Änderungen mehr erfolgen, die uns in der Planung zurückwerfen.“

„Das Land hinkt seinen Zielen weit hinterher“

Kritik kommt von der SPD-Regionalfraktion. Deren Fraktionschef Thomas Leipnitz sagt: „Die Novelle des Klimaschutzgesetzes kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Land seinen Zielen weit hinterher hinkt. In fast allen Belangen ist Baden-Württemberg inzwischen Schlusslicht unter den Bundesländern. Durch das Hickhack zwischen Grünen und CDU im Land wurde viel Zeit vergeudet, die uns jetzt beim Ausbau der Windenergie und der Photovoltaik fehlt. Sonst wären wir mit unserer Regionalplanfortschreibung schon viel weiter.“