Orangen sind gesund. Doch wie kann der Körper die Vitamine am besten aufnehmen? Foto: Okea/Fotolia

Mit interaktiver Grafik - Eine Studie der Uni Hohenheim hat herausgefunden, wie Nährstoffe und Vitamine von Orangen besser aufgenommen werden können.

Hohenheim - Im Fernsehen sieht das immer so logisch aus: Da hustet und schnupft ein Kind und schaut ganz leidend drein, während die Mutter ihm ein Glas Orangesaft einschenkt. Das Kind trinkt das Glas in zwei, drei Zügen leer – und schwups: Am nächsten Morgen ist die Erkältung vorbei. Dank der vielen Vitamine, die in dem Saft enthalten sind – ist doch klar.

Zugegeben: Erkältungen heilen können Orangensäfte in der Realität natürlich nicht. Aber dass Orangen generell gesund sind, weiß tatsächlich jedes Kind: Neben einer hohen Konzentration an Vitamin C verfügt die Orange über eine Vielfalt an Carotinoiden, natürlichen Farbstoffen, und Flavonoiden, sekundären Pflanzenstoffen, die das Risiko für bestimmte Krebs- oder Herzkreislauferkrankungen senken können.

Mit dem Saft allerdings hatten Ernährungsberater so ihre Probleme: Denn in Flaschen gepresst ist der natürliche Zuckergehalt der Früchte um ein Vielfaches höher – etwa so hoch wie bei einem Glas Cola. In England wurde sogar eine Art Strafsteuer auf alle Fruchtsäfte vorgeschlagen, und Orangensäfte wurden als Junkfood aus einigen Kindergärten verbannt.

Ein Fehler, wie die Uni Hohenheim nun in einer Studie herausgefunden hat: Demnach sind Orangesäfte sogar gesünder, als wenn man Kindern Früchte zu essen gibt.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass der Körper die Nährstoffe aus dem Saft besser aufnehmen kann als aus der Frucht“, sagt Reinhold Carle, Inhaber des Lehrstuhls für Technologie und Analytik pflanzlicher Lebensmittel und Initiator der Studie.

Zwar werden die Carotinoid- und Vitamin-C-Gehalte bei der Saftherstellung geringfügig vermindert. „Gleichzeitig aber nimmt die Freisetzung dieser Inhaltsstoffe und somit der Anteil, den der Körper aufnehmen und verwerten kann, um ein Vielfaches zu“, sagt Carle.

Für die Studie stellten die Wissenschaftler in Reagenzgläsern die einzelnen Stufen der menschlichen Verdauung nach. Neben dem Nachahmen des menschlichen Kaueffekts, um die Früchte zu zerkleinern, gaben die Wissenschaftler auch Speichel, Verdauungsenzyme und Gallenflüssigkeit hinzu, modellierten die Bewegungen der Lebensmittel im Magen-Darm-Trakt und führten die Studie bei Körpertemperatur durch. Wichtig war zudem: Alles musste im Dunkeln stattfinden. Sonst wären die lichtempfindlichen Inhaltsstoffe zerstört worden.

Der gleichen Prozedur wurden auch Orangensäfte unterzogen. Und tatsächlich: Die Freisetzung der Carotinoide stieg von elf Prozent in der Frucht auf fast das Dreifache – nämlich 28 Prozent im Frischsaft und bis zu 40 Prozent im pasteurisierten Saft. Damit sind Carotinoide aus dem Saft vierfach besser verfügbar als aus der Frucht. Der simple Grund: „Die Inhaltsstoffe im Saft werden bei der Pasteurisierung einfach besser freigesetzt als beim Verzehr der ganzen Frucht“, so Carle.

Zwischenzeitlich haben die Forscher das Experiment an Freiwilligen wiederholt – und bekamen die Ergebnisse bestätigt.

Also, lieber Flasche als Frucht – sofern es sich bei den Säften nicht um Nektar handelt, warnt der Hohenheimer Experte. „Der Begriff Nektar hört sich zwar gut an und suggeriert, dass es ein besonders hochwertiges Produkt sei.“ Doch Nektar wird zur Hälfte mit Wasser gemischt und dann mit Zucker angereichert. Am Ende schmeckt er zwar ebenso süß wie Orangensaft. Aber Nektar enthält nur die Hälfte der Vitamine.