Ernährung und Lebensmittelproduktion haben einen großen Effekt auf Umwelt und Klima. Wie ein nachhaltiger Speiseplan aussieht, haben Forscher errechnet. Foto: dpa

Wenig Fleisch, viele Nüsse: Forscher haben berechnet, wie ein Speiseplan aussieht, der gesund und nachhaltig zugleich ist. Doch ist das überhaupt alltagstauglich?

Stuttgart - Viele Menschen wollen sich nachhaltig ernähren – doch was heißt Nachhaltigkeit in diesem Zusammenhang eigentlich genau? Bislang hat das jeder für sich definiert. Die einen sorgen sich darum, dass Regenwälder abgeholzt werden, um Soja als Futtermittel für Rinder anzubauen – und werden Veganer. Die anderen wollen auf Fleisch nicht verzichten, und achten darauf, dass es von Tieren aus verantwortlicher Haltung stammt.

Mit einer groß angelegten Forschungsarbeit haben 37 Wissenschaftler aus aller Welt nachhaltige Ernährung neu definiert. Genannt hat die sogenannte EAT-Lancet-Comission ihr Ernährungskonzept „Planetary Health Diet“ – also eine gesunde Ernährung für einen gesunden Planeten. Die Forscher haben ausgerechnet, wie ein Speiseplan aussieht, der die Ressourcen der Erde schont und zugleich gut für den Menschen ist. Ausgangspunkt der Forschung war dabei die Frage, wie die Welt bis zum Jahr 2050 zehn Milliarden Menschen gesund ernähren soll, ohne dass der Planet dabei zerstört wird. Die gute Nachricht: Das ist machbar, sagen die Wissenschaftler – und die weltweiten Anbauflächen würden demnach sogar ausreichen. Doch für viele Menschen in vielen Ländern würde das eine enorme Veränderung ihrer momentanen Ernährungsweise bedeuten. Denn im Moment würde unsere Ernährungsweise beides gefährden, schreiben die Forscher: Den Planeten und die Gesundheit der Menschen.

So sieht die Planetary Health Diet konkret aus

Die „Planetary Health Diet“ soll eine Art Referenzrahmen oder Anhaltspunkt für einen nachhaltigen Speiseplan bieten. Je nach dem, in welcher Region man lebt, kommen also etwa andere Gemüsesorten oder Getreidearten auf die Teller. Außerdem legt das Konzept eine tägliche Kalorienzufuhr von 2500 Kalorien zugrunde – für Sportler oder Schwersarbeiter wäre dies nicht genug.

Nach den Vorschlägen der Wissenschaftler kommen dabei nur sehr kleine Portionen Fleisch auf den Teller, auch wenig Milchprodukte und Zucker, dafür aber mehr Gemüse, Hülsenfrüchte, Nüsse und Vollkorngetreide. Konkret heißt das: Pro Tag sind nur 29 Gramm Geflügelfleisch erlaubt, dazu 14 Gramm Rind- oder Schweinefleisch – das ist etwa so viel wie zwei mittelgroße Steaks pro Monat. Empfohlen sind demnach auch 250 Gramm Milchprodukte täglich – umgerechnet ein Glas Milch – und 13 Gramm Eier täglich – also anderthalb Stück in der Woche. Auch ein Fischfilet mit etwa 200 Gramm dürfte wöchentlich auf den Teller kommen.

Um die Hälfte müsste nach diesen Berechnungen der Konsum von Zucker, aber vor allem Fleisch weltweit reduziert werden. Für Deutschland wäre die Veränderung eigentlich sogar noch größer: Jeder Deutsche isst im Schnitt täglich 170 Gramm Fleisch. Klimaverträglich und gesund wären aber gerade mal 43 Gramm. Dafür müsste ein durchschnittlicher Konsument gemäß den Wissenschaftlern seinen Verzehr an Nüssen, Hülsenfrüchten und Getreide etwa verdoppeln: Täglich soll jeder Mensch nach den Empfehlungen 300 Gramm Gemüse zu sich nehmen, 230 Gramm Vollkorngetreide, 75 Gramm Hülsenfrüchte und etwa eine Handvoll Nüsse.

Wie alltagstauglich ist die vorgeschlagene Ernährungsweise?

Würden sich alle Menschen an diese Mengen halten, so wäre das nicht nur gut für das Klima und die Ressourcen der Erde, sondern könnte den Forschern zufolge ungefähr 11 Millionen frühzeitige Todesfälle im Jahr verhindern, die die Folge von ernährungsbedingten Erkrankungen sind. Immerhin gut 40 Prozent der Weltbevölkerung gelten als fehlernährt. Zudem, betonen Klimaforscher, müsse sich auch die Lebensmittelproduktion insgesamt verändern. Sie ist derzeit für etwa 30 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich. So fordert etwa Johan Rockström vom Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, dass das Ernährungsthema in alle Klimaschutzmaßnahmen einbezogen werden müsse. Die Verantwortung dafür dürfe aber nicht allein bei den Verbrauchern liegen, sondern die Leitlinien müssten von der Politik geprägt werden, so Rockström.

Gut passen würde der von der EAT-Lancet-Comission vorgeschlagene Speiseplan etwa zu Flexetariern, heißt es vom Bundeszentrum für Ernährung – also Menschen, die ab und an mal ein Stück Fleisch essen. Britta Klein, Expertin Nachhaltige Ernährungskultur rät dazu, die „Planetary Health Diet“ als Anregung zu nehmen: Wer auf regionale Produkte achte, nicht viel Fleisch esse, Hülsenfrüchte koche und Milch ab und an mal ersetze, mache viel richtig.

Wie das in der Praxis aussehen kann, haben unsere Autorinnen anderthalb Wochen lang getestet: Die vierköpfige Familie von Anja Tröster setzte auf klassische regionale Gerichte, Hanna Spanhel optimierte ihre ohnehin schon vegetarische Kost. Das Fazit von beiden: Die Mengen zu beachten, kostet anfangs ziemlich viel Zeit – aber wirklich schwer ist es nicht. Mehr dazu sehen Sie im Video.