Auge des Gesetzes: Ein Bundespolizist beim Blick in Bahnhöfe und Haltestellen. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Die Videoüberwachung in Zügen und Bahnhöfen spielt eine immer wichtigere Rolle bei der Aufklärung von Straftaten. Jetzt gingen der Bundespolizei zwei besonders brutale Gewalttäter ins Netz.

Plochingen/Stuttgart - Sie haben mit Pfefferspray angegriffen, einen Kampfhund auf andere Fahrgäste gehetzt, mit einem Messer gedroht – und sogar unbeteiligte Kinder erlitten Blessuren: Ein rabiates Duo hat Angst und Schrecken unter Bahnreisenden zwischen Göppingen und Plochingen (Kreis Esslingen) verbreitet. Nun, nach knapp zwei Wochen. vermeldet die Bundespolizeiinspektion Stuttgart einen Ermittlungserfolg: Zwei 29 und 34 Jahre alte Männer landeten am Donnerstag vor dem Haftrichter. Videobilder haben sie überführt.

Damit steigert die Bundespolizei, zuständig für Bahn und Flughafen, weiter ihre Erfolge bei der Videoüberwachung. Kameras an 83 Bahnsteigen in Stuttgart und der Region, in 157 Zügen der S-Bahn, in jedem zweiten Regionalzug: „Die Videoauswertung ist ein enorm wichtiges Einsatzmittel für unsere Arbeit geworden“, sagt Daniel Kroh, Sprecher der Bundespolizeiinspektion. Vor einer Woche wurde das zwei Taschendieben im Stuttgarter Hauptbahnhof zum Verhängnis.

Zwei Kinder geraten in die Auseinandersetzung

Und wenn dann noch ein Zeuge sein Smartphone zückt – dann kann es eben eng werden für Straftäter, die in der Anonymität des Bahnverkehrs verschwinden. Die tatverdächtigen Rabauken hatten am 19. November zunächst gegen 13.15 Uhr am Bahnhof Göppingen einen Reisenden mit Pfefferspray angegriffen. Danach flüchteten sie in einem Zug nach Plochingen, wo es weiteren Streit und fünf durch Pfefferspray leicht verletzte Fahrgäste gab.

Am Bahnhof in Plochingen stiegen die Täter aus – dort eskalierte die Situation. Auf Gleis 10 kam es zu einer Auseinandersetzung mit zwei Passanten. Dabei hetzte einer der Rabauken den Kampfhund auf einen 19-Jährigen, der auszuweichen versuchte und mit einem unbeteiligten zehnjährigen Mädchen aufs Gleis stürzte. Zum Glück fuhr gerade kein Zug ein. Ein elfjähriger Bub stürzte im Getümmel zu Boden und verletzte sich an der Hand.

Taschendiebe werden wiedererkannt

Die Täter flüchteten. Zum Glück wurden die Gewalttaten in Plochingen von Videokameras am Bahnsteig aufgenommen. „Und dazu gab es noch per Smartphone aufgenommene Bilder eines Betroffenen“, sagt Kroh. Einem 29-Jährigen war das mit einem Handy gelungen, obwohl die Täter ihren Hund auch auf ihn gehetzt hatten.

Bilder sagen mehr als tausend Worte. Das gilt auch für Täterbeschreibungen. Am 16. November hatten zwei Taschendiebe im Stuttgarter Hauptbahnhof zweimal auf dem Bahnsteig an Gleis 9 zugegriffen. Zwei 31 und 65 Jahre alte Frauen wurden beim Einsteigen bestohlen. Die Taten wurden von der Videoüberwachung aufgezeichnet. Eine Woche später erkannte eine Streife dank der Bilder das Duo wieder. Die 21 Jahre alten Männer wurden festgenommen. Einer ist im Kreis Böblingen gemeldet, der andere ohne festen Wohnsitz. Die Staatsanwaltschaft verzichtete indes auf einen Haftbefehl: „Die Taten lagen länger zurück, und es gab keine Vorstrafen“, sagt Sprecher Heiner Römhild.

Und manchmal zeigen die Bilder etwas anderes

Videobilder werden polizeiintern ausgetauscht – auch zwischen Bundespolizei und den Polizeipräsidien in der Region. „Die Kooperation läuft sehr gut, und Bilder aus dem öffentlichen Nahverkehr helfen oft weiter“, sagt Polizeisprecher Ronald Krötz. Etwa bei den Überfällen im Rems-Murr-Kreis am 5. November, als zwei Jugendliche am Bahnhof Waiblingen und am S-Bahn-Halt Weiler bei Schorndorf zwei 16-Jährige beraubten. „Die Bilder waren ein Baustein“, sagt Krötz. So wurden zwei 16-Jährige identifiziert – einer war polizeibekannt und kam in Haft.

Videos entlarven aber nicht nur Bäckereieinbrecher im Stuttgarter Hauptbahnhof oder den Dieb einer Herrenhandtasche am S-Bahn-Halt Echterdingen (Kreis Esslingen). Sie bieten auch manche Überraschung. Im Februar etwa suchte die Bundespolizei nach einem Taschendieb, der einer 60-jährigen Frau eine 30 000 Euro teure Rolexuhr gestohlen hatte. Die Betroffene war mit einer S-Bahn von Stuttgart-Stadtmitte zur Endhaltestelle Filderstadt unterwegs. Die Videoaufnahmen zeigten aber, dass die Uhr von der Frau in der S-Bahn verloren wurde – mutmaßlich war der Armbandverschluss defekt. Ein 41-Jähriger brachte die Uhr an sich und setzte sie bei einem Schmuck- und Uhrenhändler um. Er muss sich nun wegen Fundunterschlagung verantworten.

Der Hund kommt auch ohne sie aus

Noch schneller ging es am Mittwoch gegen 14 Uhr am S-Bahn-Halt Zuffenhausen, wo ein 54-Jähriger eine 33-jährige Reisende in einem Aufzug anpöbelte und bespuckte. Die machte ein Handyfoto und alarmierte die Polizei. Der betrunkene Rowdy wurde am Hauptbahnhof in einer S-Bahn gefasst.

Die 29 und 34 Jahre alten Beschuldigten mit Kampfhund und Reizgas sind über die Videos auch deshalb identifiziert worden, weil andere Polizisten sie hinlänglich kannten. Mit Taten in Kirchheim/Teck, Wendlingen und Uhingen. Ein Haftrichter schickte die beiden hinter Gitter. Der Hund wird sie nicht vermissen – er gehört ja auch nicht ihnen, sondern einem Frauchen.