Der spanische Exmonarch Juan Carlos hat immer gerne gelebt wie ein König, und er fand Gönner, die ihm das gute Leben finanzierten. Niemandem fiel ein, dass auch Geschenke zu versteuern sind.
Madrid - Am zweiten Weihnachtstag 1990 kam Juan Carlos de Borbón y Borbón von der Fahrbahn ab. Der damals 52-jährige König fuhr am Steuer seines Porsche 959 durch die Pyrenäen, auf dem Beifahrersitz die Infantin Cristina, als er in einer scharfen Kurve die Kontrolle über den Wagen verlor und auf den Seitenstreifen rutschte. Es blieb bei einem Schreck. Zwei Tage später berichteten die spanischen Zeitungen über das königliche Missgeschick. Sieh mal an, Juan Carlos fährt Porsche, mögen die Leser gedacht und sich dann wichtigeren Nachrichten zugewandt haben.
Den schwer zu kontrollierenden Porsche 959 hatte Juan Carlos zu seinem 50. Geburtstag Anfang 1988 von katalanischen Geschäftsleuten erhalten, von denen einer Javier de la Rosa hieß und den Spaniern als Hauptfigur eines Finanzskandals bekannt war. De la Rosa wurde Jahrzehnte später, 2011, freigesprochen, aber damals zählte man ihn zu den „gefährlichen Freundschaften“ des Königs.
Dass sich Juan Carlos gerne in Gesellschaft des großen Geldes bewegte, war allgemein bekannt, es störte aber die wenigsten. Vielleicht störte es auch viele, aber es störte sie nicht sehr. Ein König ist schließlich ein König und soll auch leben wie einer. Heute denken die meisten Spanier anders.
Der Verbraucherschutzminister nennt Ex-König korrupt
Der derzeitige Verbraucherschutzminister Alberto Garzón, Jahrgang 1985, sagte in einem am Montag erschienenen Interview mit der Netzzeitung „El Confidencial“ über Juan Carlos: „Es scheint wegen der Indizien, die schon die Kategorie von Beweisen haben, offensichtlich, dass er korrupt gewesen ist.“
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Nun ist Alberto Garzón Mitglied der Kommunistischen Partei Spaniens, die sich als marxistisch-leninistisch definiert, also von Haus aus ein Palaststürmer. Es stimmt aber nicht, dass die Indizien, die gegen Juan Carlos sprechen, „die Kategorie von Beweisen“ haben. Wahr ist, dass gegen den 2014 abgedankten Monarchen seit gut zwei Jahren wegen großzügiger Geldgeschenke ermittelt wird. Aber ein Strafverfahren ist noch nicht eröffnet worden, geschweige denn ein Urteil gesprochen. Der junge Minister spricht voreilig.
Juan Carlos hat es denen, die zur Jagd auf ihn blasen, leicht gemacht. Am 3. August dieses Jahres verließ er Spanien mit Ziel Abu Dhabi, weil das „öffentliche Echo gewisser vergangener Ereignisse aus meinem Privatleben“ seinem Sohn, König Felipe VI., die nötige „Ruhe und Gelassenheit“ zur Wahrung seiner Aufgaben nehme. Schön gesagt. Offenbar sind Vater und Sohn zerstritten, schon im März raunte Felipe über väterliches Vermögen, dessen Herkunft „nicht im Einklang mit der Legalität“ stehen könnte. Konkret ging es damals um 100 Millionen US-Dollar, die Juan Carlos vom saudischen Königshaus geschenkt bekommen und dann an seine deutsche Freundin Corinna zu Sayn-Wittgenstein weitergereicht hatte.
Ein mexikanischer Milliardär schickt Juan Carlos eine Kreditkarte
Der spanischen Justiz waren die saudischen Dollar lange egal. Es war ein Genfer Staatsanwalt, der vor gut zwei Jahren erste Ermittlungen über Herkunft und Zweck der Zahlung aufnahm, die er bis heute nicht abgeschlossen hat. Erst in diesem Sommer zog die spanische Staatsanwaltschaft nach, plant aber – wenn Medienberichte stimmen – bereits die baldige Einstellung des Verfahrens.
Vor ein paar Tagen sickerte stattdessen durch, dass in Spanien noch wegen anderer Geldgeschenke an Juan Carlos ermittelt wird: Ein milliardenschwerer mexikanischer Geschäftsmann soll dem alten König eine Kreditkarte zur Verfügung gestellt haben, über die der Ex-Monarch laufende Rechnungen beglich, zum Beispiel 10 000 Euro für das Springpferd einer Enkelin.
Generalstaatsanwältin lädt zur Pressekonferenz
Offenbar hat Juan Carlos in seinem langen Königsleben nicht gelernt, dass auch Geschenke zu versteuern sind. Besonders auffällige Präsente – einen Palast auf Lanzarote, die Ferrari aus Dubai, seine Segeljacht „Fortuna“ – übergab er dem spanischen Staat. Ansonsten versuchte er, sein Vermögen vor neugierigen Blicken zu verstecken. Die saudischen 100 Millionen ließ er, bevor er sie weiterverschenkte, von einer panamaischen Stiftung verwalten. Doch offenbar hatte er noch mehr zu verstecken, weswegen die spanische Generalstaatsanwältin, Dolores Delgado, am Freitag zu einer der merkwürdigsten Pressekonferenzen lud, die man sich in einem Rechtsstaat denken kann.
Sie berichtete über Ermittlungen, die ihr Haus noch gar nicht aufgenommen hatte. Die Spanier sollten aber wissen, dass die Geldwäschespezialeinheit der spanischen Zentralbank im Steuerparadies Jersey auf verdächtige Konten von Ex-König Juan Carlos gestoßen war. Ob die Verdachtsmomente ausreichend sind, um deswegen weiter zu ermitteln, steht noch dahin. Der Ruf des alten Königs aber ist ordentlich ruiniert.