Ministerpräsident Kretschmann hält an seinem Stellvertreter Strobl fest. Foto: imago/Arnulf Hettric/h

Das Parlament debattiert an diesem Mittwoch über den „Verdacht der Veröffentlichung von Dienstgeheimnissen“ und fragt, ob Innenminister Strobl zu trauen ist. Der Ministerpräsident hat die Antwort bereits gegeben.

An diesem Mittwoch wird der Landtag auf Antrag der FDP darüber debattierten, ob man Innenminister Thomas Strobl (CDU) vertrauen kann. „Verdacht der Veröffentlichung von Dienstheimnissen, wer kann dem Dienstherrn Strobl noch trauen“ lautet der Titel, in dessen ursprünglicher Fassung sogar von Verrat von Dienstgeheimnissen die Rede gewesen war. Dagegen hatte jedoch die Landtagspräsidentin interveniert – unter dem Beifall der Fraktionschefs von Grünen und CDU.

Amtsführung nicht beeinträchtigt

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) stellte sich bereits am Dienstag vor der Presse hinter seinen Stellvertreter Strobl – und das zum wiederholten Mal: „Minister Strobl genießt mein volles Vertrauen“, sagte er. Strobl habe ihm die Sache dargelegt, seine Argumentation sei ihm plausibel erschienen.

Lesen Sie aus unserem Angebot: SPD bringt sich als Ersatz ins Spiel

Das rechtliche Verfahren um die Weitergabe eines Anwaltsschreibens kommentierte Kretschmann nicht. Er verwies jedoch darauf, dass bis zum Abschluss die Unschuldsvermutung gelte, Strobl sei in seiner Amtsführung nicht beeinträchtigt. „Der Minister kann seine Geschäfte voll umfänglich wahrnehmen“, sagte der Ministerpräsident. Er würdigte auch die Arbeit seines Innenministers: „Minister Strobl ist mir nicht dadurch aufgefallen, dass er eine unkorrekte Amtsführung hat.“

Frage der Entlassung stellt sich Kretschmann nicht

SPD und FDP hatten Kretschmann aufgefordert, Strobl zu entlassen, falls der Minister nicht zurücktrete. „Die Frage der Entlassung hat sich nicht gestellt, weil er mein Vertrauen hat“, bekräftigte der Ministerpräsident. Strobl habe eingeräumt, es sei ein Fehler gewesen, das Schreiben nur einem Journalisten zu geben. Erhalten hatte es ein Journalist unserer Zeitung. „Ich erwarte von meinen Ministern nicht, dass sie keine Fehler machen“, sagte der Regierungschef dazu.

Lesen Sie aus unserem Angebot: Wäre er Polizist, wäre er suspendiert

Den Vorwurf der SPD, er stelle seine Freundschaft zu Strobl über den Rechtsstaat, nannte Kretschmann „vollkommen abwegig“. Ob der Fall eine Belastung für die Koalition werde, hänge vom Ausgang des Verfahrens ab.

„Überragend wichtige Bedeutung“ in der Koalition

Die Bedeutung Strobls für die Koalition schätzt Kretschmann als sehr hoch ein. Er sei stellvertretender Ministerpräsident, Landesvorsitzender der CDU und habe den Koalitionsvertrag an führender Stelle mit ausgehandelt. „Er hat eine überragend wichtige Bedeutung in der Koalition“, sagte Kretschmann. Er persönlich pflege zu Strobl „ein solides belastbares Vertrauensverhältnis“. Sie könnten offen über alle Dinge sprechen. Das sei im Sinne der Sache und des Landes.

CDU-Fraktionschef Manuel Hagel hatte sich bereits vergangene Woche hinter seinen Parteifreund gestellt. Jetzt kam auch Rückendeckung von der CDU-Landesgruppe im Bundestag, die Strobl lange führte. Der Vorsitzende Andreas Jung versicherte seine volle Unterstützung: „Wir vertrauen Thomas Strobl.“ Der Minister habe ausgeführt, dass die Weitergabe des Schreibens strafrechtlich nicht relevant sei. „Dafür gibt es juristisch überzeugende Argumente“, so Jung.

Keine Ermittlungen wegen Geheimnisverrats

Die Einschätzung darüber möge das Ministerium doch der Justiz überlassen, meint Nico Weinmann, der Rechtsexperte der FDP, und forderte das Innenministerium auf, der Staatsanwaltschaft eine Ermittlungsermächtigung wegen des Verdachts auf Geheimnisverrat zu erteilen.

Das hatte das Ministerium verweigert mit dem Argument, es handle sich nicht um ein amtliches Schreiben und damit nicht um ein Dienstgeheimnis. „Die Frage, inwieweit es sich bei dem weitergegebenen Schreiben um ein amtliches Dokument im Sinne des Strafgesetzbuches handelt, obliegt der Justiz und nicht dem Innenministerium. Daher gebietet es der Respekt vor dem Rechtsstaat, diese Ermittlungen zuzulassen“, erklärte Weinmann. Ministerpräsident Kretschmann erklärte zu Forderungen von SPD und FDP, das Staatsministerium solle die Ermittlungen zulassen, das sei Aufgabe des Innenressorts. „Ich könnte ihn das gar nicht anweisen“, sagte Kretschmann mit Blick auf Strobl.

Transparenz als Argument

In dem Brief hatte der Anwalt eines hohen Polizeibeamten, der der sexuellen Belästigung verdächtigt wird, dem Ministerium ein Gespräch angeboten. Das sei für beide Seiten besser als ein juristisches Verfahren. Strobl hatte erklärt, er habe aus Gründen der Transparenz das Schreiben öffentlich gemacht. Auch dieses Argument Strobls erscheint dem Ministerpräsidenten „auf Grundlage seiner bisherigen Amtsführung glaubwürdig“, wie er erklärt.

Landtagsfraktion will Ruhe bewahren

Am Nachmittag diskutierte auch die CDU-Fraktion in ihrer Sitzung den Fall Strobl. In Fraktionskreisen wird die Lage als stabil eingeschätzt. Es gelte Ruhe zu bewahren und das Verfahren abzuwarten. Am Abend wurde Strobl bei einem Essen erwartet, zu dem die Fraktion geladen hatte.