Wie erst vor einigen Monaten in Ebersbach (unser Bild) wird der Foto: Ines Rudel/Archiv

Mit dem ersten Stolperstein für einen Homosexuellen im Landkreis Göppingen wird Arthur Schrag gedacht.

Eislingen - Er wurde verhaftet und starb kurz darauf, ein Mann von gerade einmal 35 Jahren. Das Verbrechen, das Arthur Schrag 1941 vorgeworfen wurde, war seine sexuelle Orientierung. Der Eislinger wurde wegen eines Verstoßes gegen den Paragraphen 175 festgenommen, der Homosexualität zwischen Männern unter Strafe stellte. Nun wird Arthur Schrags mit einem Stolperstein des Künstlers Gunter Demnig gedacht. Vor seinem letzten Wohnort vor seiner Verhaftung, in der Jahnstraße 5 in Eislingen, wird am Samstag, 30. Mai, um 12.30 Uhr der Stolperstein verlegt. Es ist der erste Stolperstein im Landkreis Göppingen für einen Homosexuellen.

Viel ist nicht mehr bekannt

Viel hat die Göppinger Stolpersteininitiative über Arthur Schrag nicht mehr herausgefunden. „Die Nationalsozialisten wollten, dass diese Menschen vergessen werden. Bei Arthur Schrag wäre es ihnen fast gelungen“, sagt die Eislinger Lyrikerin Tina Stroheker, die die Vorbereitungen für die Stolpersteinverlegung begleitet. Eine der wenigen Quellen, die erhalten sind, ist eine sogenannte Effektenkarte. Darauf ist vermerkt, was Schrag bei seinem Haftantritt bei sich hatte. Eine Hose, ein Pullover, auch eine Bibel waren in seinem Besitz. Als Todesursache wird „akuter Herztod“ in den Dokumenten vermerkt. Dass der Mittdreißiger daran auch außerhalb des Konzentrationslagers Flossenbürg gestorben wäre, bezweifelt Stroheker. Als Beruf wird Reisender notiert. Heute würde man ihn wohl als Handelsvertreter bezeichnen. „Die Eltern sind früh gestorben“, sagt Tina Stroheker. Schrag war das jüngste von 14 Geschwistern, er wurde nach dem Tod der Eltern von seiner Schwester Emilie Maunz großgezogen. 1921 feierte Arthur Schrag Konfirmation in der Christuskirche. Dies geht aus den Archiven der Kirche hervor. „Mehr ist im Grunde nicht von ihm bekannt. Wir wissen bedauernswert wenig über Arthur Schrag“, sagt Stroheker. Seine Familie sei aber eine alteingesessene Eislinger Familie. Die heute lebenden Mitglieder wüssten jedoch nichts mehr von Arthur Schrag. Der Stolperstein für Arthur Schrag ist der fünfte Eislinger Stolperstein.

In der Richard-Wagner-Straße wurden bereits vier Steine für Mitglieder der jüdischen Familie Plawner verlegt. Die Stolpersteine von Gunter Demnig sollen die Passanten sozusagen gedanklich stolpern lassen. Sie halten die Erinnerung daran wach, dass die Verbrechen vieler Deutscher vor und während des Zweiten Weltkrieges auch in der unmittelbaren Nachbarschaft verübt wurden. Es waren Nachbarn, Bekannte, Vereins- und Schulkameraden, die starben, zum Beispiel weil sie Juden waren, weil sie unter einer bestimmten Krankheit litten, weil sie behindert waren, oder – wie im Falle Arthur Schrags – homosexuell. Wer heute an einem der vielen im Boden versenkten Stolpersteine anhält, um die Namen darauf zu lesen, muss den Kopf vor den Opfern neigen.

Der Zeitpunkt der Stolpersteinverlegung für Arthur Scharg ist mit Bedacht gewählt. Vor 50 Jahren, im Juni 1969, begannen Gäste der Bar Stonewall in der New Yorker Christopher Street, sich gegen ständige Polizeirazzien zu wehren, was rückblickend als Initialzündung des Kampfes für mehr Schwulenrechte gilt.

Nicht der erste Stolperstein in Eislingen