Der geplante Bolz-Gedenkort an der Fassade der Domkirche Foto: red

Büsten an der Domkirche St. Eberhard und am Standort seines früheren Wohnhauses in Stuttgart erinnern an den von den Nazis ermordeten früheren württembergischen Staatspräsidenten.

Stuttgart - An diesem Sonntag jährt sich die Hinrichtung von Eugen Bolz (1881–1945) zum 77. Mal. Kurz vor diesem Datum hat der katholische Stadtdekan Christian Hermes bekannt gegeben, dass an der Domkirche St. Eberhard ein gut sichtbarer Gedenkort für den NS-Widerstandskämpfer und letzten württembergischen Staatspräsidenten entstehen wird. Zu diesem Zweck wird die Fassade der Domkirche aufgebrochen und eine Nische eingerichtet, sie soll eine Büste von Eugen Bolz beherbergen. Neben seinen Lebensdaten wird an dem beleuchteten Gedenkort auch ein Ausspruch des überzeugten Katholiken angebracht: „Politik ist für mich nichts anderes als praktische Religion.“ Im Vorraum von St. Eberhard sollen die wichtigsten Stationen des gebürtigen Rottenburgers dargestellt werden.

Bolz war 1933 von den Nationalsozialisten entmachtet und in der Gestapo-Zentrale im Hotel Silber verhört worden. Von der angeblich „erregten Volksmenge“ – eine Nazi-Inszenierung – existiert ein Foto, das am Eingang zum heutigen Lern- und Gedenkort Hotel Silber zu sehen ist. Nach dem gescheiterten Attentat auf Adolf Hitler vom 20. Juli 1944 wurde Bolz verhaftet; sein Name stand auf einer Liste von potenziellen Ministern, die nach einem erfolgreichen Umsturz die Regierungsgeschäfte übernehmen sollten.

„Einer der wichtigen Glaubenszeugen für unsere Region“

Gestaltet wird die neue Büste an der Domkirche von dem Rottenburger Künstler Ralf Ehmann. Sie zeigt Bolz mit eingefallenem Gesicht – eine Momentaufnahme vom Dezember 1944, als ihm vor dem Volksgerichtshof der Prozess gemacht wurde. Bis zum Start des Katholikentags in Stuttgart am 25. Mai soll der Gedenkort fertiggestellt sein.

Ebenso wie der von den Nazis ebenfalls verfolgte Pater Rupert Mayer hatte Eugen Bolz enge Verbindungen zu St. Eberhard. Beiden ist dort bereits eine Glocke gewidmet. Am Todestag von Eugen Bolz legt die Gemeinde regelmäßig einen Kranz an dem von Alfred Hrdlicka gestalteten Denkmal in der nach ihm benannten Bolzstraße nieder. „Eugen Bolz ist einer der wichtigen Glaubenszeugen der Zeit des Nationalsozialismus für unsere Region“, betont Hermes. St. Eberhard fühle sich ihm sehr verbunden, weil es seine spirituelle Heimat gewesen sei. „Es ist uns wichtig, auch angesichts der Herausforderungen unserer demokratischen Gesellschaft und des christlichen Glaubens an diesen herausragenden politischen Christen und christlichen Politiker zu erinnern“, sagte Hermes. 2015 hat Bischof Gebhard Fürst ein Seligsprechungsverfahren für Bolz eröffnet.

Sein früheres Stuttgarter Wohnhaus wurde 2017 abgerissen

Ein weiterer Gedenkort für Eugen Bolz ist, weithin unbemerkt, am Standort seines früheren Hauses am Kriegsbergturm 44 entstanden. Nach kontroverser Diskussion war die Villa Bolz 2017 abgerissen worden. Der Bauträger, das Wohnbau-Studio, sicherte damals zu, an Ort und Stelle an Bolz zu erinnern. In der Folge wurde in einem gut einsehbaren, verglasten Eck des Neubaus eine ebenfalls von dem Bildhauer Ralf Ehmann gestaltete Stele mit einer Büste von Eugen Bolz platziert. Die Inschrift lautet: „Hier wohnte er von 1932 bis zu seiner Verhaftung im August 1944 (. . .). Sein Glauben bestärkte ihn in seinem Einsatz für Freiheit und Recht gegen das Unrechtssystem.“